Bungee-Jumping - Bei ausgeprägten „Sensationssuchern“ ist Bungee-Springen sehr beliebt. - ©  iStock / Bondariev

Die Suche nach dem Nervenkitzel

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Männer neigen viel eher dazu als Frauen. Und in puncto Alter liegen Teenager unangefochten an der Spitze. Junge bzw. heranwachsende Männer sind somit die Spitzenreiter in dieser Kategorie. Die Rede ist von der Bereitschaft zum Abenteuer und Nervenkitzel, der Neigung zur „Sensationssuche“ (mehr dazu hier). In den 1950er-Jahren hat Marvin Zuckermann diesen Begriff geprägt, der heute einen Nerv der Zeit zu treffen scheint. Der US-Psychologe wollte wissen, wie sich seine Probanden im Zustand der Isolation und des Reizentzugs verhalten – und stellte fest, dass diese je nach Persönlichkeit unterschiedlich dazu neigen, nach stimulierenden Reizen zu suchen. Zuckermann nannte dieses Verhalten „Sensation Seeking“ und entwickelte einen Persönlichkeitstest, in dem er vier Kategorien differenzierte: die Suche nach dem speziellen Adrenalin-Kick (z. B. beim Extremsport, Glücksspiel etc.), die Suche nach neuartigen Lebenserfahrungen (z. B. exotische Reisen) und die Suche nach Enthemmung (z. B. durch Alkohol und Drogen). Neben diesen Neigungen wird in seinem Test auch abgefragt, wie schwer es fällt, Langeweile zu tolerieren.

Die Suche nach dem speziellen Kick wird heute mitunter sogar bewundert: In einer Gesellschaft der Reizüberflutung und Hyperaktivität werden „Sensation Seeker“ nun viel positiver betrachtet, wie Psychologen wissen. Sie sehen im „Sensation Seeking“ eine Persönlichkeitseigenschaft wie Intelligenz oder Kreativität, die vor allem durch biologische Faktoren wie die Genetik geprägt ist. Psychologische Tests sollen dazu dienen, charakteristische Verhaltenswahrscheinlichkeiten vorherzusagen. Das kann für das Marketing hilfreich sein, um Jugendliche und andere Zielgruppen zu adressieren; oder für Arbeitgeber, um geeignete Kandidaten für ein Jobprofil zu finden. So ist im Militär und in der Raumfahrt mitunter die Frage zu klären, wie risikoreich Menschen unter Druck handeln würden, um ein strategisches Ziel zu erreichen. In der Medizin wiederum tragen Tests zum „Sensation Seeking“ dazu bei, das individuelle Suchtrisiko einzuschätzen. Das Problem bei Suchtkranken besteht teils darin, dass sie sich bei ihrer Suche nach dem speziellen Kick auf eine bestimmte Droge oder ein bestimmtes Verhalten verengen: Manche etwa bleiben an stimulierenden Stoffen wie dem Kokain hängen, andere am Roulettetisch oder vor dem Spielautomaten.

Personen mit ausgeprägtem „Sensation Seeking“ können ihr Umfeld jedenfalls ganz schön herausfordern. Schon Marvin Zuckermann erkannte darin einen „Feind der ehelichen Stabilität“. Ist es womöglich auch ein Feind der politischen Stabilität? Darüber sollte man wohl spätestens dann nachdenken, wenn sich Politiker beim „Bungee-Jumping“ in Szene setzen.

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