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Ein unsichtbarer Diener der Menschen

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Weithin blickend über das östliche Bundesland liegt ein großes modernes Bauwerk, die Martinsburg. Am 13. Oktober 1956 wurde dieses neue Knabenseminar in Mattersburg feierlich eingeweiht. Es ließe sich von diesem mit viel Liebe und Sorgfalt erbauten Heim für den Priesternachwuchs unseres Volkes sehr viel erzählen, von den Wohn- und Studierräumen, von der Kapelle, dem Festsaal, den Wirtschaftsräumen und der Schule. Wir wollen aber einen Besuch im Untergeschoß machen, wo nur selten Besucher hinkommen, wo aber eine kleine Gruppe von Schwestern und Helferinnen Tag für Tag unermüdlich tätig ist — in der Küche. Ein solches Haus, das etwa 300 Menschen wie eine große Familie zusammenschließt, braucht auch eine leistungsfähige Küche. In dieser Küche arbeitet aber ein unsichtbarer Diener des Menschen kräftig mit. Er ist flink, kräftig, immer arbeitsbereit — es ist der elektrische Strom. Aehnlich wie in allen, in den letzten Jahren neugebauten Küchenanlagen wurde auch in Mattersburg eine vollelektrische Küche eingerichtet. Unser Bild zeigt einen Blick in einen Teil der Küche. Im Vordergrund ein großer robuster Elektroherd, das Herz jeder Küche. Es gibt nirgends auch nur ein Stückchen Kohle, kein Stäubchen Ruß, keine schlechten Abgase, Rauch und dergleichen. Alles blitzt vor Sauberkeit. Das Schleppen von Holz und Kohle, das Feuermachen und langwierige Anheizen sind in einer Elektroküche vollkommen unbekannt. Eine kurze Drehung am Schalter und schon beginnt der Strom zu arbeiten. Ein kleines Lämpchen leuchtet auf und zeigt uns diesen Zustand an. Der Herd besitzt moderne Schnellkochplatten, die schon wenige Sekunden nach dem Einschalten heiß sind, so daß bereits darauf gekocht werden kann. Dabei ist die Regelung der Temperatur stufenlos, so daß sich von ganz milder Wärme bis zur Ankochstufe jede Temperatur einstellen läßt. Nimmt man aber den auf der Kochplatte stehenden Topf weg, und vergißt man versehentlich das Ausschalten, so erledigt das die Platte ganz von selbst. Sie kann

nicht glühend werden, sondern schaltet sich so lange selbsttätig ab, bis entweder wieder ein Topf zum Kochen zugestellt oder der Schalter abgeschaltet wird. Dies ist aber nur eines der Kunststücke, die der elektrische Strom vollbringt. So hilft diese Automatik nicht nur Nährwerte erhalten, sondern auch Energie sparen. Die elektrische Energie verdankt ihre überaus rasch zunehmende Anwendung als Heizmittel in der Großküche nicht zuletzt der Tatsache, daß mit den günstigen Betriebseigenschaften eine Qualitätsverbesserung der Speisen Hand in Hand geht. Die Elektrizität ist nun einmal die Energie, die beliebig geleitet, verteilt und an jedem Ort verwendet werden kann. Sie ist in ihrer Wirkung genau regelbar und im voraus genau berechenbar. Die Speisenqualität laufend nicht nur geschmacklich, sondern auch in ihrem Nährwert auf einem hohen Stand zu halten, stellt an das Personal einer Großküche große Anforderungen. In der Elektroküche ist aber das Personal von den früher notwendigen Nebenarbeiten vollkommen befreit und kann sich daher ausschließlich der Speisenzubereitung widmen. Die Einsparung an Personal nimmt dabei natürlich mit der Größe der Küche zu. Wer schon einmal an dem eine gewaltige Hitze ausstrahlenden gewöhnlichen Küchenherd gestanden ist und schwitzend seine Arbeit verrichten mußte, wird den gewaltigen Unterschied zu einer Elektroküche erst richtig zu schätzen wissen.

Weil man für den elektrischen Strom keinen Rauchfang braucht, kann man die Küchengeräte nicht nur so aufstellen, wie es für den Arbeitsablauf am günstigsten ist, sondern man kann auch die für die jeweiligen Speisen günstigsten Sondergeräte so anbringen, wie es für die Verwendung am zweckmäßigsten ist. So sehen wir an der Wand einen vierteiligen Backschrank, der besonders für die Mehlspeisen herangezogen

wird, während die im Herd eingebauten Backrohre mehr für das Fleisch Verwendung finden. Im linken Teil des Bildes steht eine elektrische Kippbratpfanne, die für alle Röstsachen sowie zum Braten, Dünsten und dergleichen bestens geeignet ist. In einem anderen Teil der Küche stehen die Kochkessel, von denen einer auf dem Bild zu sehen ist. Sie dienen zum Kochen von Kaffee, Tee, Suppe, Fleisch und Kartoffeln, Teigwaren, Gemüse und dergleichen. Das eingebaute Dampfbad verhindert ein Anlegen oder Anbrennen der Speisen und das heute fast ausschließlich verwendete Material — Nirosta-Stahl — gewährleistet die Erhaltung der vollen Speisenqualität.

Ein anderer Teil der Küche von Mattersburg ist noch auf dem dritten Bild zu sehen. Eine große Tiefkühltruhe und eine Universalküchenmaschine sorgen für einwandfreie Konservierung von Fleisch und rasche und arbeitsparende Ausführung aller mechanischen Küchenarbeiten, wie Teigrühren, Gemüseschneiden, Faschieren usw. So rundet sich das Bild einer vollelektrischen Großküche, überall in jedem Gerät wartet die Elektrizität darauf, dem Menschen zu dienen.

Ein Vorteil darf aber nicht unerwähnt bleiben, die Wirtschaftlichkeit der Elektrogeräte in der Küche. Darüber bestehen manchmal noch recht unklare Vorstellungen. Das liegt zum Teil daran, daß die Elektrizität unsichtbar und die Menge des verbrauchten elektrischen Stromes nur an einem Zähler abzulesen ist. Man kann daher den Verbrauch nicht abschätzen oder abwiegen wie bei Kohle oder Holz. Mißt man aber wirklich den Stromverbrauch einer Elektroküche mit einem Zähler, so zeigt sich ein überraschend niedriger Stromverbrauch, der zwischen 0,8 bis 0,5 Kilowattstunden pro Person und Tag hegt. Mattersburg wird von der NEWAG, Niederöster-

reichische Elektrizitätswerke, mit Strom versorgt. Der in Anwendung stehende Tarif beträgt derzeit 50 Groschen je Kilowattstunde, so daß die gesamten Stromkosten für die zahlreichen Elektrogeräte der Küche zwischen 25 und 40 Groschen je verpflegter Person und Tag liegen. Was man um diesen Betrag an Brennmaterial bekommt, braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden. Grundpreis wird für Elektrowärmegeräte zur Nahrungszubereitung nicht verrechnet, so daß durch den reinen Arbeitspreis von 50 Groschen je Kilowattstunde ein außerordentlich wirtschaftlicher Betrieb möglich ist. Diese günstigen Strompreise haben in den letzten Jahren schon zahlreiche Internate, Schulen, Altersheime, Stifte, Klöster und kirchliche Anstalten dazu bewogen, in ihrer Küche moderne Elektrogeräte aufzustellen. So wird eine ähnlich schöne Küche im Kloster Mönchhof im Burgenland ebenso wie in den Stiften Seitenstetten, Heiligenkreuz und Neukloster in Wiener Neustadt eingerichtet. Angefangen von kleineren Küchen in Schwesternheimen, über Kolpinghäuser, Schulen und Gemeinschaftsküchen mit täglich 1200 verpflegten Personen arbeiten allein in Niederösterreich schon Dutzende vollelektrische Großküchen. Neben den günstigen Strompreisen und Anschlußbedingungen der NEWAG werden alle Abnehmer bei Anschaffung von Großküchengeräten und Planung von Küchen eingehend beraten und in manchen Fällen ist es sogar möglich, im Rahmen der weit über die Grenzen Niederösterreichs hinaus bekannt gewordenen EMA-Aktion die Anschaffung von Großküchengeräten für den Abnehmer zu erleichtern.

Die moderne Zeit erfordert moderne fortschrittliche Methoden und die Verwendung einer Energieform, die auch noch in hundert Jahren ebenso modern und zweckmäßig ist. Die Küche ist nur ein ganz kleines Teilgebiet des Arbeitsbereiches dieser aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenkenden Form von Edelenergie, der Elektrizität, als eines wahren Dieners des Menschen.

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