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Einsatz von Ozonkillern steigt wieder

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Erst kürzlich ging eine Alarmmeldung um die Welt: Das Ozonloch über der Antarktis wächst und wächst. Aber die Reaktionen sind lahm, wie eine neue Studie zeigt.

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Erst kürzlich ging eine Alarmmeldung um die Welt: Das Ozonloch über der Antarktis wächst und wächst. Aber die Reaktionen sind lahm, wie eine neue Studie zeigt.

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Apocalypse now”. Als Folge der globalen Temperaturerhöhung schmelzen die Gletscher, der Meeresspiegel steigt und die lokalen Klimaverhältnisse ändern sich. Mit noch unabsehbaren Folgen für unsere Lebensräume. Beim sogenannten Treibhauseffekt geht es weniger um die Gefahr eines langsamen, kontinuierlichen Klimawechsels als um die Tatsache, daß dramatische Klimaschwankungen innerhalb kurzer Zeit, also weniger Jahre drohen, was verheerende Auswirkungen auf die Pflanzen- und Tierwelt hätte: Wir sind dabei, unsere Lebensgrundlagen zu gefährden.

Gleichzeitig wächst das Ozonloch. Eigentlich will niemand mehr etwas von ihm hören. Seine Existenz ist uns schon fast so vertraut geworden wie die eines lästigen Mitbewohners, den man nur ignorieren kann, um ihn zu ertragen. Es hat heuer die Größe Europas erreicht. Aber ist die Größe Europas vorstellbar?

Ein Loch ist ein Loch und nicht sichtbarer als beispielsweise ein Budgetloch. Wenn ein Loch wächst, so heißt das in Wirklichkeit, daß etwas weniger wird. Weniger Ozon in der Stratosphäre heißt aber, daß die gefährliche ultraviolette Strahlung der Sonne ungefiltert auf die Erdoberfläche gelangt. Bereits jetzt erleben wir einen Anstieg von Hautkrebs und Augenleiden in besonders betroffenen Gebieten.

Die Verursacher von Treibhauseffekt und Ozonloch sind bekannt: Neben der Vernichtung der tropischen Regenwälder sind vor allem Emissionen von Kohlendioxid (CO2) durch Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl) für die globale Erwärmung verantwortlich.

Methangase (Landwirtschaft) und fluorierte Kohlenwasserstoffe (Lö-sungs- und Kühlmittel beziehungsweise Herstellung von Kunststoffschäumen) tun ein übriges. Zu letzteren gehören auch die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die als Treibgase bekanntgeworden sind, denn 1986 wurde noch die Hälfte aller FCKW in Spraydosen abgefüllt

(heute werden sie kaum noch für diesen Zweck verwendet). Diese Stoffe zerstören die Ozonschicht in der Stratosphäre. Seit langem macht das Ökologie-Institut auf diese Gefahren aufmerksam und erarbeitet Lösungen für den Ausstieg aus den fluorierten Kohlenwasserstoffen beziehungsweise die Herabsetzung der CX^-Emis-sionen. Zwei aktuelle Studien beweisen die ökologische Brisanz dieser Themen.

Die Herstellung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen wurde in Österreich schrittweise verboten. Dennoch ist der Einsatz dieser Ozonkiller in der letzten Zeit sogar gestiegen! Rupert Fellinger, Chemiker des Instituts und Autor der Studie: „Die bisher gesetzten Maßnahmen werden mangelhaft vollzogen und reichen bei weitem nicht aus.”

Die Umweltgifte werden trotz Verbots weiterhin verwendet

Tatsächlich zeigt ein Blick in die Außenhandelsstatistik: Während vor zwei Jahren 744 Tonnen FCKW importiert wurden, waren es im Vorjahr über 1.500 Tonnen! Fellinger fordert Aufklärung über deren Verwendung: „Es muß dringend geklärt werden, wer dafür verantwortlich ist, daß diese Umweltgifte trotz des Verbotes weiterhin in Österreich verwendet werden.”

Es gibt - außer den FCKW - noch andere fluorierte Kohlenwasserstoffe, die weiterhin erlaubt sind: Die teilha-logenierten H-FCK W sind zwar etwas „schwächer” als ihre vollhalogenier-ten Brüder, setzen aber der Ozon-schicht ebenso zu und tragen wie die chlorfreien Fluorkohlenwasserstoffe zum Treibhauseffekt bei.

Nun stehen wir aber vor folgender, schwerwiegender Tatsache: Seit dem FCKW-Verbot ist der Einsatz der H-FCKW als Ersatz für die verbotenen Stoffe gestiegen. Über 3.000 Tonnen bedeuten eine Verdoppelung seit 1990. „Damit ist der paradoxe Fall eingetreten, daß der Verbrauch fluorierter Kohlenwasserstoffe insgesamt trotz des Verbotes gleichgeblieben ist. Damit ist vor allem das Verursacherpotential des Treibhauseffekts gleich groß wie 1988”, kritisiert Fellinger und fordert ein sofortiges Verbot all dieser Stoffe, „um damit den verantwortungslosen Umgang einzelner Betriebe und Branchen zu beenden.”

Denn, so der Umweltchemiker, „es gibt längst halogenfreie Alternativen, die ökologisch sinnvoll wären”. Zu loben sind jene Unternehmen, die bereits freiwillig auf die Umweltgifte verzichten.

100 österreichische Gemeinden sind dem Klimabündnis beigetreten

Auch rund hundert österreichische Gemeinden haben beschlossen, etwas gegen den Treibhauseffekt und somit für eine lebenswerte Umwelt zu tun. Sie sind dem „Klimabündnis” beigetreten. Gemeinsam mit europäischen Kommunen haben sie sich freiwillig verpflichtet, Maßnahmen zur Senkung des Treibhauseffektes zu setzen: Förderung der Sonnenenergienutzung, Ausbau der Fern wärme Versorgung, Nutzung von Deponiegas, Entwicklung von Verkehrskonzepten mit vorrangiger Berücksichtigung der Verkehrsvermeidung, Vorgabe von Wärmeschutzstandards für Gebäude. Diese Maßnahmen sind nur eine kleine Auswahl dessen, was hier für den Klimaschutz bereits getan wird.

Kommunale Maßnahmen werden jedoch oft nicht so effizient umgesetzt, wie es theoretisch möglich wäre. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Optimierung der Klimaschutzstrategien europäischer Kommunen” hat das Ökologie-Institut daher in Kooperation mit deutschen, niederländischen und italienischen Forschungseinrichtungen untersucht, welche Klimaschutzmaßnahmen bereits umgesetzt werden und welche Hemmnisse noch bestehen.

Aufgrund dieser Daten soll den Gemeinden geholfen werden, sinnvolle und umsetzbare Maßnahmen zu setzen. Grundlegender erster Schritt ist das Einsetzen eines Energiebeauftragten. Seine Aufgabe ist es, Daten zu sammeln, Informationen zu koordinieren und CÖ2-Sparmaßnahmen vorzuschlagen, wie zum Beispiel Stromsparmaßnahmen, umweltorientierte Beschaffung oder Wärmedämmung.

Susanne Geißler, Leiterin des Energiebereichs am Ökologie-Institut, setzt dabei vor allem auf Bürgerbeteiligung: „Das Mitmachen der Bevölkerung muß durch Information und die Möglichkeit zur Teilnahme an EntScheidungsprozessen ermöglicht werden.” Der Schritt vom „Umweltbewußtsein” zum „Ökologischen Handeln” ist dann nicht mehr weit.

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