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Eisenstadt ist anders: das Taxi als öffentliches Verkehrsmittel

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Der Traum jedes Benützers öffentlicher Verkehrsmittel: keine langen Gehzeiten zu den Haltestellen, keine überfüllten Busse, kaum Wartezeiten. Anruf genügt.

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Der Traum jedes Benützers öffentlicher Verkehrsmittel: keine langen Gehzeiten zu den Haltestellen, keine überfüllten Busse, kaum Wartezeiten. Anruf genügt.

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Komfort und Flexibilität des Individualverkehrs zum Preis einer normalen Busfahrkarte: Pioniere dieser neuen Art der innerstädtischen Fortbewegung sind Eisenstädter Verkehrsplaner, die am 25. Juni 1992 das erste sogenannte „City-Taxi“ einführten.

Bestehende öffentliche Verkehrseinrichtungen (Linienbusse mit 54 Sitzplätzen) schienen den Eisenstädtern kaum mehr als zeitgemäße Fortbewegungsform: der öffentliche Verkehr wurde in Eisenstadt hauptsächlich nur mehr von Schülern in Anspruch genommen. Zu unflexibel, an einen starren Fahrplan gebunden und für enge oder kaum frequentierte V^rkehrs- bereiche einfach zu groß, daß waren die Hauptgründe, die die Eisenstädter Stadtverwaltung für die völlig neue Form des öffentlichen Verkehrs votieren lies. Für die Durchführung wurden die ortsansässigen Taxiunternehmen herangezogen, die von da an als „Eisenstädter Verkehrsbetriebe“ fungierten.

Die Kosten einer Fahrt innerhalb des Stadtgebietes belaufen sich auf 50 Schilling. 20 Schilling davon bezahlen die Fahrgäste, egal ob die Hausfrau zum Einkäufen, oder eine Junggesellenpartie zum Heurigen fährt. Der Rest wird von der Stadt getragen. Die Fahrgäste bezahlen nicht bar, sondern mittels Fahrscheinen, die nur im Eisenstädter Rathaus zu beziehen sind.

Die Vorteile für den Benützer liegen auf der Hand: rund um die Uhr steht ein bequemes Fortbewegungsmittel zur Verfügung, das einen vor der Haustür abholt und auch dorthin wieder zurückbringt. Die Stadtväter erfreuen sich über die erheblichen Kosteneinsparungen im Vergleich zu konventionellen City-Bus- sen. Für 64.000 (!) Fahrten pro Jahr bezahlt die Stadt etwa zwei Millionen Schilling. Im Vergleich zu einem City-Bus, der einen Verlust von etwa vier bis fünf Millionen einfahren würde, eine bedeutende Einsparung.

Der niederösterreichische Kurort Bad Vöslau setzt seit 1. Oktober 1993 ebenfalls auf das Eisenstädter Modell. Eine Förderung des Projekts wurde seitens der Niederösterreichischen Landesregierung allerdings vorerst abgelehnt. Wolfgang Schroll

von der Abteilung für Gesamtverkehrsgestaltung der NO Landesregierung: „Zum einen ist durch den fehlenden Anreiz zur Zusammenlegung von Taxi-Fahrten kaum eine Reduzierung der Kilometerleistung im Straßenverkehr zu erwarten, zum anderen führt die Fahrpreisgestaltung zu einem hohen Zuschußbedarf aus dem Gemeindebudget. “ Wolfgang Schroll sieht wesentliche Vorteile im Betrieb von Sammeltaxis, die viel kostengünstiger betrieben werden könnten. Weiters fürchten die Experten der N iederösterreichischen Landesregierung eine zu große Konkurrenz für den bestehenden öffentlichen Verkehr. Eine Situation, die im oberösterreichischen Ried im Innkreis das City-Taxi Modell bereits arg in Bedrängnis bringt. Gefordert wird die Attraktivierung der bestehenden City-Bus Linien, da das City-Taxi Modell viel zu teuer sei.

Hermann Knoflacher vom Institut für Verkehrsplanung der TU Wien: „Das City-Taxi Modell ist ein wichtiger Baustein moderner Verkehrskonzeption für kleinere und mittlere Städte, vorausgesetzt die Rahmenbedingungen stimmen.“ Und die gilt es wohl in jedem Fall zu prüfen, bevor sich Gemeinden für diese Form des öffentlichen Verkehrs entscheiden.

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