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Entdecken ist etwas anderes als Erfinden
Wenn jemand etwas erfindet, kann er seine technische Errungenschaft patentieren lassen. Damit stellt er sicher, daß er von der wirtschaftlichen Nutzung profitiert. So weit, so unumstritten. Seit den späten achtziger Jahren bemühen sich aber vor allem britische, französische und deutsche Biotech-Unternehmen um eine weitergehende Regelung als das geltende Europäische Patent-Übereinkommen (EPÜ). Das Ergebnis ist der Entwirf zu einer EU-Richtlinie über „biotechnologische Erfindungen", mit der die Europäische Kommission auch Pflanzen, Tiere und Teile des Menschen, etwa einzelne Gene, patentierbar machen will.
Der Richtlinien-Entwurf wurde von der Realität längst überholt. So haben die Firmen „Human Genome Sciences" (HGS) und „SmithKline Beecham" bereits im Feber 1996 ein menschliches Gen beim Europäischen Patentamt in München angemeldet. Es dürfte als Schalter in bestimmten Stoffwechselprozessen eine Schlüsselrolle spielen und könnte - gemeinsam mit dem dazugehörigen Eiweiß - bei der Behandlung diverser Leiden von Krebs über Bluthochdruck bis Diabetes weiterhelfen. Zwar fehlen bisher therapeutische Mittel, sicherheitshalber haben die Firmen aber bereits für alle potentiellen diagnostischen und Heilmöglichkeiten ebenso wie für das vollständige Gen, seine Bruchstücke und Proteine ein Patent beantragt. Dieses würde die einzige Voraussetzung, die der EU-Bichtlinien-Entwurf vorsieht, erfüllen: Das Gen wurde mit einigem technischen Aufwand im Labor aufgestöbert. „Das ist doch keine Erfindung!", empört sich Martina Weinhandl von der Bundesarbeits-kammer, „das sollte nur als genetische Information betrachtet werden -nicht als Stoff".
Das Inkrafttreten der geplanten Regelung hätte weitreichende Folgen für das Gesundheitswesen. Denn das Patent würde eine Vielzahl von potentiellen Arzneien abdecken. Wer immer sie entwickeln will, wird mit den genannten Firmen kooperieren müssen, die mit ihren Lizenzforderungen zu Türhütern werden. Wer an ihrem eines Tages vielleicht patentierten Gen arbeiten will, kommt um sie und ihre Lizenzforderungen nicht herum. Ks geht ums (zumindest vermutete) große Geld aus den Genen.
Je nach wirtschaftlichem Kräftespiel werden wohl bestimmte Krankheiten dadurch unerforscht bleiben. Anwendungsorientierte Forschung könnte, so eine vor allem an Universitäten immer lauter geäußerte Kritik, von einem immer dichteren Geflecht aus Eigentumsrechten behindert wer
Forselzung Seite 15
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