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Extra“-Motoren für Österreich

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Die Sechszylindertypen in Österreich wurden aus steuerlichen Gründen mit Motoren von 2484 Kubikzentimeter und 90 PS Leistung ausgerüstet. Sie kosten S 93.100.— (Kapitän), S 101.450.— (Admiral). Die Wagen sind mit 4,5 Meter Länge um knapp 12 Zentimeter länger geworden als der bisherige Kapitän, die Gesamthöhe konnte, ohne Nachteil für den Innenraum, um 6,7 Zentimeter verringert werden. Der Radstand wurde leicht vergrößert. Außerdem sind die Wagen um 9 Zentimeter breiter. Sie wirken dadurch gestreckter als die Vorgänger. Das Gesicht der neuen Fahrzeuge wird vom wuchtigen Kühlergrill, der bei den drei Modellen leicht variiert ist, bestimmt, da in ihn die rechteckigen Scheinwerfer einbezogen wurden. Das flache Dach schließt nach hinten mit einer leicht nach innen gebogenen Rückscheibe ab, dafür sind die Seitenfenster nach außen gewölbt. Trotz des langgestreckten Hecks haben die neuen Fahrzeuge nicht den Charakter des überdimensionierten Straßenkreuzers.

Wir hatten Gelegenheit, schon seinerzeit in Rüsselsheim eine flüchtige Bekanntschaft mit allen drei neuen Modellen zu machen. Beschleunigung und Spitze haben außerordentliche Werte, das nun serienmäßige Vierganggetriebe ist eine erfreuliche Ergänzung. Das Fahrverhalten erwies sich auch in scharfen Kurven als neutral, zweifellos eine Folge der veränderten Radaufhängung, der härteren Federung und des tieferliegenden Schwerpunkts. Die Lenkung wurde bei allen Modellen spürbar direkter. Die Scheibenbremsen vorn wirken sich günstig aus, der Diplomat ist zusätzlich mit einem Bremskraftbegrenzer an den Hinterrädern ausgerüstet, der gegen Aufpreis auch bei den anderen Modellen zu haben ist. Somit ist Opel zum Wettkampf auch in der Gruppe der Repräsentationswagen eingetreten. Im April beginnt die Erzeugung des Kapitäns, ab Mai wird der Admiral und ab Juni der Diplomat lieferbar sein — zumindest im Ursprungsland.

Eine echte Neuerscheinung, die selbst für die Fachwelt überraschend kam, ist der BMW 1600, ein Fahrzeug, das nicht nur im Motorinhalt, sondern überhaupt zwischen dem 1500er und dem 1800er steht. Die Maschine des Eineinhalbliterwagens wurde auf 84 Millimeter aufgebohrt, der Hub von 71 Millimeter jedoch beibehalten, und So wurden 83 DIN-PS erzielt. Kurz charakterisiert, ist der Neuankömmling aus Bayern äußerlich ein 1500er und ausstattungsmäßig ein 1800er. Besonders bemerkenswert ist an diesem neuen Motor die hervorragende Durchwirbelung des Luft-Gas-Gemisches, die auch bei hohen Drehzahlen eine gute Ausnützung des Treibstoffes ermöglicht. Der BMW-Stand war Gegenstand erhöhten Interesses auch seitens der Fachwelt, brachte er doch eine der wirklichen Neuheiten dieses ansonsten an „Sensationen“ eher armen Salons.

Die Experten hatten — mit Recht — das Auftauchen des neuen Fiat 850 erwartet, gehörte es doch seit Jahren zur Tradition der größten Fabrik Italiens, gerade in Genf mit einem „Schlager“ aufzuwarten. Dieser neue kleine Fiat könnte einmal vielleicht sogar das Erbe des viele Jahre hindurch gebauten To-polino (Mäuschen) antreten. Warum man zögerte, ihn zu zeigen, obwohl Prototypen fertig sind, ist nicht ganz klar. Weil er noch nicht produktionsreif ist? Das pflegt kein Hindernis zu sein: So hat Rootes den erfolgreichen Hillman-IMP auch Monate vor dem Beginn der Serie präsentiert — und ist dabei nicht schlecht gefahren, wie die Verkaufserfolge zeigen.

Zusammenfassend möchte man über diesen Autosalon, was die „Premieren“ anbelangt und unter Berücksichtigung des enormen Aufwandes ein bekanntes Zitat abwandeln: „Zwar kreißten die Berge, aber geboren wurde nicht einmal ein Mäuschen“, denn, wie erwähnt, waren die meisten der gezeigten Modelle — einschließlich Opel — schon in Fachkreisen bekannt. Die wenigen Super-fahrzeuge, wie der Ferrari-Super-Fast mit 12-Zylinder-Motor und 400 PS oder die herrlichen Spezialkarosserien der italienischen und Schweizer „Haute Couture“, finden zwar weites Interesse, aber nur wenig genügend wohlhabende Käufer.

Nach allem, was bisher in der Autoindustrie durchgesickert ist, wird auch das Jahr 1964 im Zeichen des Mittelklassewagens stehen, das beweisen die zahlreichen Versionen bei den Eineinhalbliterwagen, die als Coupes und Kabriolets herauskommen. Der große Konkurrenzkampf spielt sich einerseits in der Klasse der Kadett, Imp, Viva, Cortina, Taunus 12 M und VW 1200, anderseits bed den diversen Fahrzeugen mit 1,5 und mehr Zylinderinhalt ab. Einige französische Wagen, die bereits vor Monaten in französischen Fachzeitschriften genau beschrieben wurden und die ebenfalls die Konkurrenz in den beiden Klassen verstärken werden, sind in Genf allerdings noch nicht zu sehen und dürften wohl erst im Herbst dieses Jahres, vielleicht sogar erst 1965 in den Kampf eingreifen.

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