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Gab es das früher auch schon?

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Episoden der Erderwärmung sind auch vor dem industriellen Zeitalter dokumentiert. Doch das taugt nicht als Argument für Zeitgenossen, die den Klimawandel nicht verstehen wollen. Ein Gastkommentar.

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Episoden der Erderwärmung sind auch vor dem industriellen Zeitalter dokumentiert. Doch das taugt nicht als Argument für Zeitgenossen, die den Klimawandel nicht verstehen wollen. Ein Gastkommentar.

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Der menschengemachte Klimawandel ist ernst, aber die öffentliche Debatte darüber wird leider oft von wissenschaftlichem Nichtwissen und fehlerhaft aufgebauten Argumenten dominiert. Es ist mir nie ganz klar, ob diese mageren Argumente von Mitmenschen kommen, die die wissenschaftlichen Erklärungen zum Thema Klima nicht verstehen, oder von Zeitgenossen, die die Fakten trotz besseren Wissens leugnen, weil ihnen das Wirtschaftswachstum und ihr materieller Lebensstandard – der eventuell aufgrund sinnvoller Klimapolitik etwas sinken würde – persönlich wichtiger sind als die Zukunft des Planeten.

Das Resultat ist aber ähnlich: Halbwahrheiten und Fehlschlüsse haben im öffentlichen Diskurs eine viel zu prominente Rolle. Was auch nicht zu übersehen ist: Die Fronten haben sich verhärtet – und das Lager der Klimawandelleugner lässt sich immer weniger von rationalen Argumenten beeinflussen. Gern wird von den Klimawandelleugnern und Klimawandel-Nichtverstehern behauptet: „Das Klima hat sich doch auch früher schon gewandelt, ohne industrielle Menschheit.“ Das ist natürlich oberflächlich gesehen richtig, beweist aber weder, dass der jetzige Klimawandel nicht menschengemacht noch dass dieser Vorgang harmlos ist – der Klimawandel ist kein gut verträgliches Bioprodukt!

Zwei Zeitreisen zur Verdeutlichung

Um das anschaulich zu erklären, will ich zwei Beispiele verwenden, eines aus dem größten menschengemachten Massensterben der Menschheitsgeschichte, dem Ersten Weltkrieg, das zweite aus dem größten Massensterben der Erdgeschichte, am Ende des Perms. Am Beginn der Britisch-Französischen Offensive während der Schlacht an der Somme im Jahre 1916 hatten die Briten unter den Stellungen der Deutschen Tunnel gegraben, die sie dann mit Sprengstoff vollgestopften. Die massivste Sprengladung mit 27 Tonnen Ammoniumnitrat-Aluminium-Sprengstoff war unter Stellungen nahe des Dorfs La Boisselle positioniert.

Kurz vor Beginn des dann unter furchtbaren Verlusten gescheiterten Infanterieangriffs zündete ein britischer Offizier die Sprengladung, und Sekunden später riss von der Explosion über einen Kilometer in die Luft geschleudertes Gestein mehrere dicht besetzte Schützengräben deutscher Soldaten in den Tod. Sprengsätze, die vom militärischen Gegner vergraben wurden, sind nun nicht die einzige Ursache, die dazu geführt hat, dass Menschen unter Gesteinsmassen verschüttet wurden.

Ich lebe seit einigen Jahren als Auslandsösterreicher in den Philippinen, und ein paar Stunden mit der Fähre südlich von meiner Wahlheimat Dumaguete befindet sich die eindrucksvoll schöne Vulkaninsel Camiguin. Heute kann man dort tolle Korallenriffe und einen ungewöhnlich intakten Regenwald mit seltenen Papageien bewundern. Im Jahre 1951 war es in Camiguin allerdings weniger gemütlich, denn damals eruptierte der Vulkan Hibok-Hibok in der Inselmitte und verschüttete große Teile des Küstendorfs Mambajao unter einer Gerölllawine. Die Dorfbewohner wurden davon ebenso überrascht wie die deutschen Soldaten 35 Jahre vorher – dreitausend von ihnen überlebten das Desaster nicht.

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