Gentechnik-Futter schließt Eiweiß-Lücke

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Mit ihren Patenten auf Grüne Gentechnik sichern sich Großkonzerne die Marktherrschaft. Die Zulassungsbestimmungen und Prüfverfahren sind jedoch alles andere als unumstritten.

Österreichische Ferkel und Hühner werden mit Sojaschrot gemästet, 600.000 Tonnen davon werden importiert. Preisgünstig gekauft wird großteils von Erzeugerländern, die gentechnisch veränderte Sojasaat ausbringen. Gerhard Wlodkowski, Präsident der Landwirtschaftskammer, bringt es auf den Punkt: #Die Lücke in der Eiweißproduktion kann durch heimische Erzeugung nicht abgedeckt werden. Selbstversorgung bei Eiweiß auf Sojabasis ist nicht machbar.# Da Soja einen hohen Eiweißgehalt hat, spielt es bei der Futtermittelerzeugung eine gewichtige Rolle. Sojaschrot ist das wichtigste Einzelfuttermittel der Europäischen Union und deckt über die Hälfte des Gesamtverbrauchs an proteinhaltigen Futtermitteln.

Das Ansinnen des österreichischen Gesundheitsministers, die Lebensmittelkennzeichnungen hinsichtlich Gentechnik zu präzisieren, hat bei der Österreichischen Landwirtschaftskammer Alarm ausgelöst. Die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Produkte ist seit 2004 EU-weit geregelt. Alle veränderten Produkte müssen gekennzeichnet werden. Ausgenommen sind allerdings Fleisch, Eier und Milchprodukte von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden. Ausnahmen gibt es auch für Zusätze, hergestellt mit genetisch veränderten Bakterien und einem Futteranteil von weniger als einem Prozent, sowie Enzyme, Aromen und bestimmte Vitamine.

Boom in den USA, Rückgang in Europa

Zwar werden Österreichs Landwirte auch in Zukunft auf den Anbau gentechnikfreier Getreide- und Maissorten setzen, der Bedarf kann aber durch Eigenproduktion alleine nicht gedeckt werden. Dafür müsste eine Fläche von 250.000 Hektar mit einer Futterpflanze bebaut werden, so Experten, auf weniger als einem Sechstel der errechneten Fläche wird die Sojabohne gezogen. Eine generelle gentechnikfreie Tierfütterung ist mit diesen Zahlen nicht umsetzbar. So wird die heimische Landwirtschaft auch künftig auf gentechnisch veränderte Keimlinge in der Tierfütterung zurückzugreifen. Zudem ist Pflanzennahrung aus konventionell hergestelltem Saatgut kostspieliger, und die bis zu 15 Prozent an Mehrkosten würden von den Konsumenten nicht getragen, lautet die Begründung.

1996 wurden in den USA erstmals gentechnisch veränderte Pflanzen ausgesät. Heute, 14 Jahre später, sind weltweit bereits 134 Millionen Hektar mit Gensorten bepflanzt, angeführt von Soja, Mais und Baumwolle. Speziell Nordamerikas Farmer setzen auf Grüne Gentechnik. In diesem Jahr stammen fast 90 Prozent aller US-amerikanischen Mais-, Soja- und Baumwollsaaten aus gentechnisch verändertem Material. Gegenläufig die Entwicklung in Europa. Die Anbauflächen sind aufgrund von gesetzlichen Verboten und Einschränkungen geschrumpft.

Gentechniker entwickeln Nutzpflanzen und verändern deren Eigenschaften. So pflanzen sie der Sojapflanze ein Gen ein, das sie resistent gegen bestimmte Wirkstoffe werden lässt. Wenn ein Landwirt etwa Unkrautbekämpfungsmittel spritzt, geht das Unkraut ein, die Sojapflanze nicht. 80 Prozent der weltweit angebauten Gentech-Pflanzen sind gegen Pestizide resistent. Das Geschäft mit der Grünen Gentechnik ist für Hersteller einträglich und boomt. Der Markt liegt weltweit in der Hand weniger Großkonzerne, etwa Monsanto, DuPont oder Bayer und BASF. 90 Prozent aller weltweit angebauten Gentech-Pflanzen stammen derzeit schon von Monsanto. Sie versprechen höhere Erträge, Zeit- und Geldersparnis und geringeren Einsatz von Pestiziden. Erste Untersuchungen in den USA und Argentinien zeigen: Inzwischen wuchert das Unkraut, resistent geworden, munter weiter. Um dagegen anzukämpfen, braucht es neue Gift-Cocktails. So versprühen in Brasilien Großgrundbesitzer 22,5 Kilo Pestizide pro Hektar und Jahr # so viel wie nie zuvor. Es scheint, als hätten gentechnisch veränderte Pflanzen keinen Vorteil gegenüber herkömmlichen Gewächsen.

Dauerstreitthema und Glaubenskrieg

Wie schwierig es ist, auf europäischer Ebene das Gentechnik-Thema in den Griff zu bekommen, zeigt die Diskussion über Zulassungsbestimmungen. Vor der Zulassung durchlaufen gentechnisch veränderte Organismen und daraus hergestellte Lebensmittel aufwendige Prüfverfahren. Dabei wird die Wirkung gentechnisch hergestellter Proteine mit bekannten Allergie auslösenden Eiweißen verglichen und 28 Tage an Tieren getestet. Treten Veränderungen jenseits dieses Zeitraumes auf, bleiben sie meist unbemerkt. Nur wenn gravierend unterschiedliche Analyseergebnisse im Vergleich zur ursprünglichen Pflanze erkannt werden, wird das manipulierte Gewächs 90 Tage lang an Tiere verfüttert. Was zugelassen wird und was nicht, entscheidet die in der italienischen Stadt Parma angesiedelte Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Deren Gutachten sind Grundlage für die Entscheidungen der EU-Kommission, ob eine gentechnisch veränderte Pflanze in Europa angebaut werden darf. Die Entscheidungen der Behörde sind nicht unumstritten, denn Verflechtungen zu Lobby-Organisationen von Gentechnik-Unternehmen sind evident. Die Verwaltungschefin der wichtigsten EU-Fachbehörde für Gentech-Pflanzen arbeitet auch für das von der Industrie bezahlte International Life Sciences Institute. In der Mitgliederliste auf der Internetseite stehen neben Monsanto auch der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestle oder der Agrarchemiehersteller Bayer CropScience.

Die Diskussion über gentechnisch veränderte Nutzpflanzen ist zum Dauerstreitthema geworden und wird zum Glaubenskrieg um die Zukunft der Landwirtschaft. Eine vorurteilsfreie Diskussion über Chancen scheint notwendig. Unabhängige Risikobewertung, wie von Forschern gefordert, könnte verhindern, dass Gefahren und Auswirkungen verschwiegen werden. Dafür finden sich zahlreiche Anhaltspunkte.

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