Kein Essen aus dem Genlabor, keine Freisetzung genmanipulierter Organismen in Österreich und "kein Patent auf Leben" waren die drei Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens im April 1997. 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher unterstützten damals diese Initiative. An der Ablehnung der Gentechnik hat sich bis heute nicht viel geändert. Noch immer gibt es in der Bevölkerung eine satte Mehrheit, die aus unterschiedlichen Beweggründen Gentechnik ablehnt. Gleichzeitig herrscht viel Unwissenheit in der Bevölkerung vor.
Um das weite Feld der Gentechnik zu strukturieren und verständlicher zu machen, unterscheidet man zwischen roter, weißer und grüner Gentechnik, wobei es keine strengen Kriterien der Einteilung gibt.
Mit medizinischen Anwendungen im Rahmen von Therapien oder Arzneimitteln beschäftigt sich die sogenannte rote Gentechnik. Ein wichtiger Schwerpunkt der Forschung ist die Onkologie, hier werden große Fortschritte in der Krebsfrüherkennung und Heilung erhofft. Ein zweiter Schwerpunkt der roten Gentechnik ist die Medikamentenforschung und Entwicklung. Neben Insulin sind heute rund 90 weitere gentechnisch hergestellte Medikamente weltweit am Markt.
Gentechnik im Alltag
Die sogenannte weiße Gentechnik kommt in der Industrie zum Einsatz. Dabei machen sich Forscher die Eigenschaften von Enzymen (das sind Proteine, die eine chemische Reaktion beschleunigen) und Mikroorganismen (vor allem Bakterien und Pilze) zunutze. Heute gibt es eine Vielzahl an Produkten, die mit Hilfe der weißen Gentechnik entwickelt wurden: Zitronensäure (1917 erstmals in Amerika künstlich produziert), Natriumglutamat (Geschmacksverstärker in asiatischen Gerichten, 1908 entdeckt) oder Vitamin B2 (auch Riboflavin genannt, spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung roter Blutkörperchen und Antikörper).
Bei der Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln sowie beim Anbau landwirtschaftlicher Rohstoffe kommt die sogenannte grüne Gentechnik ins Spiel. Forscher und Landwirte erhoffen sich davon Nutzpflanzen, vor allem Soja und Mais, die widerstandsfähiger gegen Schädlinge, Krankheiten und Wassermangel sind. Außerdem versuchen sich Wissenschafter an neuen Obst- und Gemüsezüchtungen mit verbesserten Inhaltsstoffen (Stichwort: Functional Food) sowie an gentechnisch veränderten Pflanzen für die Herstellung von Impfstoffen.
Während die Anwendungen der weißen und roten Gentechnik kaum auf Kritik stoßen (Unwissenheit?), erhitzt die grüne Gentechnik die Gemüter. Letztere unterliegt in Österreich rigorosen gesetzlichen Regelungen. Nur unter strengen Auflagen und nach erteilter Genehmigung durch die Bundesregierung dürfen gentechnisch veränderte Organismen freigesetzt werden.
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