6678518-1961_33_04.jpg
Digital In Arbeit

Glückliches Österreich, heirate…

Werbung
Werbung
Werbung

Bevor die endgültigen Ergebnisse der Volkszählung 1961 bekanntgegeben werden können, mag es nicht uninteressant sein, einmal einen Blick zurück zu tun, um zu sehen, wie es im letzten Dezennium um die Eheschließungen in Österreich bestellt war.

Die Heiratshäufigkeit in einem bestimmten Gebiet ist von vielerlei Faktoren abhängig: nicht alle sind einer statistische Erfassung zugänglich, wie zum Beispiel der Einfluß von Sitte, Brauchtum, Tradition und konfessionellen Erwägungen, wenngleich solcherlei Einflüsse in manchen Gebieten von geradezu ausschlaggebender Bedeutung sein mögen.

Wenn sich diese Studie bewußt auf den Zeitraum der späteren Nachkriegsjahre nach dem zweiten Weltkrieg beschränkt, in dem nur geringfügige Schwankungen in der Heirats- häufigkeifi zu verzeichnen waren, so liegt darin die Absicht, an -dieser relativ kurzen friedlichen Zeitspanne zu dokumentieren, daß das natürliche Gattungsbedürfnis des Menschen wohl durch schwere Lebensumstände, wie sie zum Beispiel Kriegszeiten mit sich bringen, unterdrückt, nicht aber auf Dauer gänzlich ausgeschaltet werden kann. Mit einer weitgehenden Normalisierung der Lebensumstände kommt es erneut zum Durchbruch und zeigt dann, wie die Jahre 1951 bis 1959, zumindest für Österreich, beweisen, eine weitgehende Konstanz.

Durchschnittlich haben zwischen 1951 und 1959 in Österreich jährlich rund 57.000 Paare geheiratet, rund 14.000 allein in der Bundeshauptstadt.

Bei der Errechnung der altersspezifischen Heiratsziffern ergab sich, daß bei den Männern bis zum Jahre 1954 die höchste Eheschließungsfrequenz in der Altersgruppe zwischen 25 und 30 Jahren lag: erst seit 1955 fand eine Verlagerung des Höchstwertes auf die Gruppe der 20- bis 25jährigen statt. Bemerkenswert ist die zunehmende Heiratshäufigkeit bei den 18- bis 20jährigen Männern, die von 1951 bis 1959 beinahe auf das Doppelte gestiegen ist. Bei den Frauen zeigen sich in allen Jahren die 20- bis 25jäh- rigen am heiratsfreudigsten. Die bei den Frauen an sich schon stärkere Tendenz, sich im Alter unter 20 Jahren zu verheiraten, macht sich überdies noch während dieser neun Jahre durch eine Zunahme der Frequenz um die Hälfte des 1951 errechneten Wertes bemerkbar.

Weniger Erst-Ehen

Da die Gesamtzahl der Erst-Ehen in Österreich in den letzten Jahren eine Abwärtsentwicklung erfuhr, muß angenommen werden, daß für die allmähliche Herabdrückung des durchschnittlichen Heiratsalters (bei den Männern von 31,2 auf 30,4 Jahre und bei den Frauen von 27,5 auf 26,4 Jahre) die Abnahme der Verheiratungen in höherem und die Zunahme der Eheschließungshäufigkeit in jüngerem Alter — darunter auch der Frühehen — verantwortlich ist.

Die besondere Zunahme der Frühehen während der letzten Jahre gab Anlaß, sich mit diesem Problem näher zu beschäftigen. Nun sind zwar Früheben an sich kein typisches Phänomen unserer Epoche, und die Tatsache, daß sich seit 1951 die Zahl der unter 25 Jahre alten männlichen Heiratenden um sieben Prozent, die Zahl der gleichaltrigen Frauen sogar um dreizehn Prozent erhöht hat, ist auch keineswegs bedenklich. Wies doch schon im Jahre 1841 Bernoulli auf die Verschiedenheit der Ursachen einer großen Heiratshäufigkeit hin, die „erfreuliche" wie „unerfreuliche" sein könnten: „Man heiratet jünger und häufiger, wo der Erwerb leichter und sicherer ist, wo die Bedürfnisse geringer und wohlfeiler, wo die Sitten einfacher sind. Wo also weniger Luxus herrscht, wo man sich mehr vor der Erzeugung unehelicher Nachkommen scheut, ebenso aber, wo man sorgloser und um die Zukunft unbekümmerter lebt, wo das Volk keinerlei höhere Bedürfnisse kennt.“ Auf welche Gebiete ein oder das andere auch heute noch speziell zutrifft, ist nicht immer eindeutig erkennbar, sehr oft werden auch mehrere Faktoren gleichzeitig auf treten oder sich überschneiden. ,

Zum eigentlichen sozialen Problem wurde die Frühehe erst durch ihre relativ geringe Stabilität. Selbst wenn man den Ergebnissen der Scheidungs statistik allein nicht trauen wollte, so liefert auch die Heiratsstatistik einen weiteren eindeutigen Beweis dafür. Es ergab sich nämlich, daß zwischen 1951 und 1959 der Anteil der Erstheiratenden bei den Männern unter 25 Jahren höchstens 84 Prozent, bei den Frauen höchstens 87 Prozent beträgt. Sieht man nun von den Verwitweten beiderlei Geschlechts ab, die eine neue Ehe schlossen, weil ihre Zahl in dieser

Altersgruppe unbedeutend ist, bleibt die Tatsache, daß seit 1951 ein Prozent der sich wieder verheiratenden Männer und zwei Prozent der Frauen dieser Altersgruppe vor ihrer zweiten Eheschließung bereits mindestens einmal geschieden waren. Im Durchschnitt der Jahre 1951 bis 1959 bedeutet dies, daß jährlich 137 geschiedene Männer und 360 Frauen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren, 823 Männer und 1065 geschiedene Frauen zwischen 25 und 30 Jahren und pro Jahr 15 geschiedene Frauen unter 20 Jahren wieder heiraten.

Großen, wenn auch nicht allein entscheidenden Einfluß auf die Heirats- frequenz nimmt das zahlenmäßige Verhältnis von Männern und Frauen zueinander. Unter Berücksichtigung der gesamten Bevölkerung, egal welchen Standes, ob ledig, verheiratet, verwitwet oder geschieden, ergibt die sogenannte allgemeine Geschlechtsproportion in allen Jahren einen Frauenüberschuß. Die relativ günstigste Situation herrschte noch 1953, als auf 1000 Frauen 777 Männer kamen, am ungünstigsten waren die Jahre 1956 und 1957 mit 764, beziehungsweise 765 Männern auf 1000 Frauen. Hinsichtlich der einzelnen Altersgruppen kam es innerhalb dieses neunjährigen Zeitraumes 1 zu keinen wesentlichen Schwankungen: 1 in allen Jahren gab es bei den 20- bis 25jährigen einen Männerüberschuß. Bei den 25- bis 30jährigen war im Jahr 1 1956 das Geschlechterverhältnis nahezu 1 ausgeglichen, und seither zeichnet sich '■ auch hier ein Männerüberschuß ab. In ■ allen anderen Altersgruppen wurde ein • mehr oder minder großer Frauenüber- ' schuß festgestellt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung