Gute Chancen für Frauen mit Brustkrebs

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Eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Der Dokumentarfilm „Eine von 8“ porträtiert zwei betroffene Frauen in ihrem Umgang mit der Krankheit. Wie steht Österreich da in Bezug auf Früherkennung und Therapie der häufigsten Krebserkrankung der Frau? Diskussion um ein flächendeckendes Mammografie-Programm.

Zwar sind Herzkreislauferkrankungen die häufigste Todesursache bei Frauen – doch fürchten viele Frauen eine Erkrankung weitaus mehr: Brustkrebs – ist hier doch ein Teil des Körpers betroffen, der von enormer Bedeutung für Frauen ist. Fast jeder und jede hat eine Frau im Verwandten- oder Freundeskreis, die an Brustkrebs erkrankt ist, geheilt wurde oder auch verstarb.

So tragisch jedes dieser Schicksale, so nüchtern sind die Zahlen. Wie steht Österreich im Bereich Früherkennung und Therapie sowie Sterblichkeitsraten im internationalen Vergleich da?

Für Ernst Kubista ist der Befund klar: Im Bereich Behandlung sei Österreich „sehr gut aufgestellt“, sagt der führende Experte, der bis zu seiner Pensionierung Ende September die Abteilung für Spezielle Gynäkologie am Wiener AKH leitete. Es gebe einen sehr hohen Anteil von Frauen, die so operiert werden könnten, dass die Brust erhalten wird. Laut „Brustkrebsbericht 2008“ (Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen) wurde 2005 bei 66 Prozent der Brustkrebs-Operationen die Brust erhalten.

Sterblichkeit sinkt

Bei der Sterblichkeitsrate liegt Österreich nach einer Untersuchung der Internationalen Agentur für Krebsforschung aus dem Jahr 2007 mit 24,6 Prozent im Mittelfeld. Die Sterblichkeitsrate ist laut Brustkrebsbericht seit den 90er Jahren stetig leicht gesunken. Dies wird auf bessere Früherkennung und neue Therapien zurückgeführt.

Die Anzahl neu erkrankter Frauen (Inzidenzrate) ist aber stetig gestiegen. Es sei mit einem weiteren geringen Ansteigen auf hohem Niveau zu rechnen, so Kubista. Zurzeit gibt es laut „Brustkrebsbericht“ rund 4810 neu diagnostizierte Frauen im Jahr. 1560 Frauen versterben pro Jahr an einem bösartigen Tumor in der Brust. Im Zeitraum zwischen 2002 und 2004 wurde die Diagnose Brustkrebs durchschnittlich im Alter von 64 Jahren gestellt. Die meisten Frauen erkranken zwischen 50 und 69 Jahren.

Die Inzidenzrate ist nur in der Altersstufe 50 bis 60 Jahre leicht rückläufig. Eine Erklärung wurde in einer aktuellen Studie am AKH Wien unter der Leitung von Georg Pfeiler gegeben: Mit hoher Wahrscheinlichkeit besteht ein Zusammenhang zwischen Rückgang der Hormonersatztherapie und der leicht sinkenden Brustkrebsrate in dieser Altersstufe. In den USA und anderen Ländern wurde dieser Zusammenhang erstmals nachgewiesen. Nun wurde er auch für Österreich erbracht und damit der Zusammenhang zwischen Hormonersatztherapie und erhöhtem Brustkrebsrisiko zusätzlich untermauert, so die Studie von Georg Pfeiler von der Abteilung für Spezielle Gynäkologie am AKH Wien.

Die Verschreibung der Hormonersatztherapie für Frauen in den Wechseljahren brach nach 2001 massiv ein, als eine US-Studie (Women’s Health Study, siehe auch FURCHE 32/2009) feststellte, dass bei der Verschreibung von Östrogen und Progesteron die Risiken die möglichen Vorteile überwiegen und das Brustkrebsrisiko steigt.

Kritik übt Ernst Kubista an Österreichs Bemühungen in Sachen Früherkennung durch die Mammografie – eine Röntgenuntersuchung der weiblichen Brust. Österreich sei das letzte Land der „alten EU-Länder“, in dem es noch kein flächendeckendes „Screening“ für eine bestimmte Gruppe von Frauen gebe. Für Kubista unverständlich: Denn der Einsatz dieser Programme, wo in Abstand von etwa zwei Jahren alle Frauen zwischen 50 und 69 zur Mammografie geladen werden, würde die Sterblichkeitsrate um 30 Prozent senken, wie einige Studien zeigen. Das würde man sonst durch keine Maßnahme, wie etwa bessere Therapien, erreichen, sagt Ernst Kubista. Doch es besteht Hoffnung: Gesundheitsminister Alois Stöger hat anlässlich des Internationalen Brustkrebstages am 1. Oktober angekündigt, dass im Jahr 2010 auch in Österreich ein flächendeckendes Mammografie-Programm anlaufen werde. Zurzeit gibt es Pilotprojekte in einigen Bundesländern.

Jedoch sind Früherkennungsprogramme auch umstritten. So kam die renommierte Cochrane Collaboration bei einer Meta-Analyse solcher Programme im Jahr 2008 zum Schluss: Die Programme führen dazu, dass die Sterblichkeit von Brustkrebs um 15 Prozent reduziert werden konnte. Von 2000 Frauen, die zu einer Mammografie innerhalb von zehn Jahre eingeladen wurden, wird eine Frau dadurch ein verlängertes Leben haben, es wird aber bei zehn Frauen fälschlicherweise Brustkrebs diagnostiziert werden.

Deutsches Programm und erste Daten

Die EU hat daher auch hohe Qualitätskriterien für solche Programme erstellt. In Deutschland zeigt der erste Evaluationsbericht des flächendeckenden Programms erste viel versprechende Daten: Durch die systematischen Untersuchungen wurde bei acht von 1000 Frauen ein Tumor entdeckt, vorher war dies bei drei von 1000 Untersuchungen der Fall. Der Anteil der invasiven Karzinome mit einer maximalen Größe bis zehn Millimeter liegt bei gut 30 Prozent; vor der Einführung bei rund 14 Prozent. Bei einer Tumorgröße von unter einem Zentimeter beträgt die Heilungschance mindestens 90 Prozent. Bei mehr als zwei Drittel aller im Programm entdeckten invasiven Tumore waren Lymphknoten noch nicht befallen, vorher war dies bei 49 Prozent der Fall, informierte die „Kooperationsgemeinschaft Mammografie“ kürzlich bei der Präsentation.

Daten zu „falsch positiven“ oder „falsch negativen“ Fällen (bei der Untersuchung wurde ein Tumor diagnostiziert, was sich später als falsch herausstellt bzw. wurde ein Tumor nicht entdeckt) könne diese Evaluation noch nicht liefern, hieß es von Seiten der Kooperationsgemeinschaft. Dies sollten weitere Evaluierungen liefern, ebenso würden sich Auswirkungen auf die Sterblichkeitsrate erst in einigen Jahren zeigen.

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