
Hirnforschung: Auf dem Weg in die Neurokultur
Die Erforschung des Gehirns steht zu Beginn des neuen Jahrhunderts weiterhin ganz oben auf der Prioritätenliste. Was dürfen wir erwarten?
Die Erforschung des Gehirns steht zu Beginn des neuen Jahrhunderts weiterhin ganz oben auf der Prioritätenliste. Was dürfen wir erwarten?
Als sich der erste Monat des neuen Jahrs 2013 dem Ende näherte, wurde in der Wissenschaftswelt die Entscheidung des bislang größten Wettbewerbs um Forschungsgelder mit Spannung erwartet. Die Europäische Kommission hatte nach einer Vorauswahl sechs viel versprechende Projekte mit einer Anschubfinanzierung in Millionenhöhe versehen, um für die Milliarden der Endrunde miteinander zu konkurrieren. Die Ausschreibung richtete sich an Zukunftstechnologien, die die Menschen in den nächsten Jahrzehnten beeinflussen würden.
Kein Wunder, dass sich manche der Projektbeschreibungen wie Science Fiction lasen: "Guardian Angels" sollte die Umwelt mit allgegenwärtigen Sensoren versehen, um die Gesundheit der Menschen zu überwachen und vor Risiken zu warnen; die Forscher von RoboCom wollten zum Beispiel für die Alten- und Krankenpflege artifizielle Begleiter entwickeln; und FuturICT schließlich zielte auf nichts Geringeres als eine Weltsimulation per Computer, aus der sich nicht nur die Vergangenheit erklären, sondern auch die Zukunft vorhersagen lässt.
"Human Brain Project"
Einer der beiden Gewinner der Milliardenförderung war das Human Brain Project, das sich mit dem Ziel der Simulation eines menschlichen Gehirns verglichen mit dem genannten Weltsimulator beinahe bescheiden ausnimmt. Kurz darauf kündigte auch Präsident Obama ein Milliardenprojekt für die Hirnforschung in den USA an. Über die Brain Activity Map genannte Initiative ist aber noch nicht viel bekannt.
Damit steht die Hirnforschung nicht nur am Ende des 20., sondern auch am Anfang des 21. Jahrhunderts ganz oben auf der Prioritätenliste der Wissenschaften. Schon 1990 rief der damalige US-Präsident George Bush senior, dicht gefolgt von der Europäischen Kommission, eine Dekade des Gehirns aus. In diesem Aufruf galt es, mehr über den Menschen zu verstehen und vor allem degenerative Erkrankungen des Alters wie Demenz oder Parkinson zu behandeln. Damit wurde dieses alte Gehirnprojekt zusammen mit dem Humangenomprojekt geboren. Wir wissen aber heute, dass der große Preis 2000 an die Genetik ging, nicht an die Hirnforschung. An die erste Dekade des Gehirns erinnern vor allem noch Wissenschaftshistoriker, während die erste vollständige Sequenzierung eines menschlichen Genoms als bedeutendes Ereignis in die Menschheitsgeschichte einging.
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