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Hohe Lasten für die Stifte

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Die Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft sinken, die Gebäudeerhaltung wird zudem immer aufwendiger.

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Die Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft sinken, die Gebäudeerhaltung wird zudem immer aufwendiger.

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Im September dieses Jahres konnte der Abschluß der Renovierung des Äußeren und großer Teile des Inneren (Kreuzgang, Festsaal und so weiter) des Stiftes Dürnstein in der Wachau gefeiert werden. Seit Renovierungsbeginn an der barok- ken Klosteranlage dieses ehemaligen Augustiner Chorherrenstiftes im Jahre 1985 sind rund 50 Millionen Schilling verbaut worden. Zehn Millionen Schilling wurden vom Augustiner Chorherrenstift Herzogenburg aufgebracht , zu dem Dürnstein seit seiner Säkularisierung gehört.

Das 1410 gegründete Stift Dürnstein hatte unter Propst Hieronymus Übelbacher(l710 bis 1740) seine Barockgestalt erhalten, nach der Aufhebung durch Kaiser Joseph II. im Jahr 1788 hatte sich Verfall ausgebreitet, nur allernotwendigste Erhaltungsarbeiten waren durchgeführt worden. Zuletzt waren in den sechziger Jahren Turm und Flof der Anlage instandgesetzt worden. Dabei wurden die alten Dachziegel beibehalten, die Farbgebung des Turmes nur in leichten Tönungen angedeutet. Schon nach kurzer Zeit traten wieder Schäden auf, ein hoher Pflegeaufwand war notwendig.

Bei der 1985/86 begonnenen Restaurierung des Turmes und des Äußeren der Stiftskirche wurde nun erstmals für die Dachflächen keramisches Ziegelmaterial verwendet, die blau-weiße Turmfärbelung nach dem Originalkonzept vorgenommen. Statuen und Reliefs erhielten als Witterungsschutz einen hellen Kalkanstrich.

„Nun geht es darum, für die instandgesetzten Räume eine sinnvolle Nutzung zu finden,“ meint „Hausherr“ Prälat Maximilian Fürnsinn, Propst des Stiftes Herzogenburg. Er kann sich am ehesten eine europäische Einrichtung, etwa ein „Europa- Gesprächsforum des Bundes“ als Nutzerin der qualitätvollen Räumlichkeiten vdrstellen. „Uns geht's nicht in erster Linie um die Einnah mequellen, die könnten wir auch durch die Errichtung von Super- Wohnungen haben. Das wäre auch unter Denkmalschutz-Gesichtspunkten durchaus machbar, selbstverständlich mit baulichem Sachverstand.“ Da mit jährlich einer Million Schilling Erhaltungskosten zu rechnen ist, sollten die möglichst „eingespielt“ werden.

VERLUST DURCH WALDSCHÄDEN

Die investierten zehn Millionen des Stiftes Herzogenburg stammen aus den stiftseigenen Einnahmen, was bedeutet, daß zugunsten dieses Großprojektes in den letzten neun Jahren etwa die stiftseigenen Pfarren oder Herzogenburg selbst vernachlässigt werden mußten. „Wir sind ein Schlußlicht mit unseren Einnahmen und eines der belastet- sten Stifte in Niederösterreich, da wir mit den beiden aufgehobenen Stiften Dürnstein und St. Andrä an der Traisen ein gigantisches Bauvolumen zu betreuen haben.

Diese aufgehobenen Stifte kamen ohne Grundbesitz an uns und die Land- und Forstwirtschaft von Herzogenburg wirft nicht genug Erträge ab. In der Forstwirtschaft machen uns die enormen Waldschäden zu schaffen - und das auf Jahre hinaus. Sie bedeuten einen Einnahmenverlust von etwa einem Drittel. Die Einnahmen aus unserer — verpachte- teten — Landwirtschaft sinken ständig.“

Die Wirtschaftsstruktur anderer Stifte sei wohl unterschiedlich, aber Großbauten zu erhalten, werde immer aufwendiger. Die öffentliche Hand gewähre zwar verstärkte Unterstützung für Großprojekte, aber noch immer klaffe zwischen der Summe der an den Staat abgeführten Mehrwertsteuer bei Denkmalschutz-Bauvorhaben der Kirche und den staatlichen Subventionen dafür eine beträchtliche Differenz zu Lasten der Kirche.

Bei Renovierungen von Pfarrkirchen schießt natürlich auch die jeweilige Diözese Mittel zu, aber immer mehr sind auch Innenrenovierungen von Kirchen notwendig. Außerdem steigt das Niveau der restauratorischen Leistungen und damit steigen deren Kosten. Propst Maximilian meint allerdings, daß manchmal auch qualifizierte Handwerker statt Restauratoren die Arbeiten — billiger — ausführen könnten. Ein Beraterstab des Bundesdenkmalamtes überwacht selbstverständlich die Qualität der Arbeit.

Natürlich sind auch die kunsthistorischen Kenntnisse differenzierter geworden, was die Qualität von Restaurierungen betrifft.

Und der blau-weiße Turm von Stift Dürnstein? Für Fürnsinn hat er Signalwirkung, die barocke Lebens- einstellung, die Botschaft eines siegreichen Glaubens habe sich in ihm ausgedrückt. Die menschlichen Sehgewohnheiten brauchten wohl einige Zeit, um sich umzustellen.

Schieben denkmalschützerische Auflagen manchen Nutzungen, beispielsweise bei Dürnstein, einen Riegel vor? Fürnsinn: „Auf die Denkmalschützer zu hören, hat sich immer noch gelohnt, die unangenehmen Folgen des Zuwiderhandelns haben sich in manchen Fällen erst später herausgestellt. Auch die Einbeziehung zeitgenössischer Künstler müßte von uns wieder mehr gefördert werden. .

Gibt es dieses Gespräch zwischen Künstlern und Kirche überhaupt noch? Für die Stiftskirche von Herzogenburg haben wir jetzt den Bildhauer Wander Bertoni mit dem Volksaltar beauftragt. Gute Kunst geht immer zusammen.

GELD AUS TOURISMUSBUDGET

Prälat Fürnsinn tritt dafür ein, regionale Unternehmen für Denkmalschutz-Kultursponsoring zu gewinnen. Auch der Tourismus sollte Beiträge für diese attraktiven Kulturschätze leisten, die barocke Stifte- Landschaft in Nieder- und Oberösterreich sei eine Tourismus-Attraktion und singulär auf der Welt. Ein Prozentsatz des Tourimusbud- gets sollte den Stiften zugute kommen. Ebenso könnten an der stärkeren Umweltbelastung mitverdienende Branchen zur Kassa gebeten werden. Hier sei noch viel Bewußtseinsbildung erforderlich. Die Forderung nach Steuerfreiheit von Spenden für den Denkmalschutz ergebe sich da von selbst.

„Wer um seine Vergangenheit weiß,, weiß auch, welche Zukunft er hat“, betont Prälat Fürnsinn.

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