Im Oster-Zentrum der EIERFÄRBEREI

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Mehr als 30 Millionen Eier werden in Österreich zu Ostern verschenkt und/oder verzehrt. Die Produktion steht in einer langen Tradition.

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Mehr als 30 Millionen Eier werden in Österreich zu Ostern verschenkt und/oder verzehrt. Die Produktion steht in einer langen Tradition.

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Wer nur zu Ostern auf das Ei kommt, versäumt eine ordentliche Portion Kulturgeschichte. Denn um das, was uns da in bunt gefärbten Schalen aus dem Papiergrasnest entgegenlacht am kommenden Sonntag, darum ranken sich die grundlegendsten Geschichten der Menschheit.

Der chinesischen Mythologie zufolge entstand etwa im Chaos das Ur-Ei, in dem das erste Lebewesen - Pangu - schlief. Als Pangu aufwachte, zerbrach das Ei, das Eiweiß löste sich vom Eigelb, Yin und Yang trennten sich voneinander und Himmel und Erde entstanden. In der finnischen Mythologie ist das Ei ebenfalls von großer Bedeutung: Ilmatar, die Urmutter, zerbrach das Ei einer Tauchente, woraus ebenfalls Himmel und Erde hervorgingen. Der Dotter bildete die Sonne, das Eiweiß den Mond und die zerbrochenen Stücke der Eierschale die Sterne.

Das Aufbrechen und Hervorbringen neuen Lebens machte das Ei schon früh zu einem Symbol der Fruchtbarkeit und der Geburt. Im Christentum steht es für die Auferstehung. Eine christliche Legende erzählt, dass die Königstochter Katharina von Alexandria dem römischen Kaiser Maxentius von Jesus berichtete. Der Kaiser forderte Katharina auf, als Beweis für Jesu Auferstehung Leben aus einem Stein hervorzubringen. Katharina brachte ihm ein Entenei, aus dem ein Küken schlüpfte, und Maxentius verstand die Botschaft.

Von den Christen aufgegriffen

Die Idee, Eier zu Ostern zu bemalen und zu verschenken, griffen die frühen Christen von anderen Kulturen auf. Bemalte Eier wurden schon vor Jahrtausenden zur Dekoration benutzt, so fand man etwa in Afrika rund 60.000 Jahre alte bemalte Straußeneier. Die frühen Christen Armeniens schenkten einander schon während der ersten Jahrhunderte nach Christus Eier zu Ostern. Im europäischen Mittelalter war es verboten, während der Fastenzeit Eier zu essen, da diese als "flüssiges Fleisch" galten. Um sie haltbar zu machen, kochte man sie. Die Eierschale wurde rot gefärbt, damit es zu keinen Verwechslungen mit frischen Eiern kam. Außerdem sollte die rote Farbe an das Blut Jesu erinnern.

Heute ist das bunte Osterei eine weltweit verbreitete christliche Tradition, die sich auch in Österreich großer Beliebtheit erfreut. Das Geschäft mit den bunten Ostereiern läuft in den heimischen Supermärkten nach wie vor sehr gut. Mit über 50 Prozent Marktanteil ist die Firma Schlögl-Ei in Österreich eindeutiger Spitzenreiter der Ostereier-Lieferanten.

Viele Millionen bunte Eier

20 Millionen bunte Eier werden hier jährlich zur Osterzeit gekocht und gefärbt. Dass die Firma überhaupt damit begann, Eier zu verkaufen, ist dem Mut und geschäftlichen Geschick Anton Schlögls zu verdanken. Dieser entschloss sich 1973 dazu, Legehennen zu halten: "Die Situation war folgende: Wir hatten eine kleine Landwirtschaft und als mein Vater im Wald tödlich verunglückte, wurde ich zum Bauern. Ich besuchte die landwirtschaftliche Hochschule in Güssing und beschloss bei meiner Rückkehr, unseren Betrieb zu spezialisieren." Die Entscheidung fiel auf die Haltung von Legehennen, da Hühner nicht vom Wetter abhängig sind. "Schwierig war das anfangs schon, weil mein Großvater der Chef war", erzählt Anton Schlögl. "Mein Großvater sagte:,Wenn du ein Bauer bist, brauchst du zumindest Rinder.' Die Mutter hielt aber zu mir und nachher war selbst mein Großvater froh, denn die Arbeit mit den Hühnern war wesentlich leichter. Im Winter war es im Stall warm, im Sommer gab es Schatten." Anton Schlögl verkaufte die Eier gemeinsam mit seinem Bruder.

Danach belieferte er die ersten Großmärkte, "wuchs quasi mit ihnen mit". Mittlerweile liefern 80 Bauern ihre Eier dem Betrieb Schlögl zu. "Wir vermarkten in der Woche vier Millionen frische Eier", sagt der Gründer stolz. Auf Qualität legt er viel Wert. Da der Wunsch nach Nachhaltigkeit immer größer wird, färbt er auch Bio-Eier.

Zum Eierfärben kam er über Umwege: "Bevor Österreich 1995 zur EU kam, fuhren wir nach Spanien, um zu schauen, wie die Menschen dort den EU-Beitritt bewältigt hatten. In Valencia sah ich einen Eierhändler und dachte mir:,Wenn ich Eier so schön färben könnte wie er, dann würde ich das auch machen.' Ich entdeckte auf dem Verpackungsboden den Namen eines Deutschen, der die Eier gefärbt hatte. Mit diesem setzte ich mich in Verbindung und kaufte ihm gefärbte Eier ab. Diese verkaufte ich in Österreich weiter. Das Produkt kam sehr gut an, aber der Import war vor dem EU-Beitritt so schwierig, dass ich beschloss, mir eine eigene Färbemaschine zu kaufen." 1989 färbte die Firma Schlögl erstmals ihre eigenen Eier. Mittlerweile besitzt der Betrieb fünf Färbemaschinen, eine Maschine färbt pro Stunde jeweils 10.000 Eier.

Neben Österreich versorgt die Firma noch weitere Länder mit Ostereiern. "Wir exportieren etwa zwei Millionen nach Slowenien, Griechenland, Rumänien und Ungarn", berichtet Anton Schlögl. "Die orthodoxen Christen feiern das Osterfest nämlich noch intensiver als wir." Besonders beliebt seien bei ihnen dunkelrote Eier. Die Farbe solle, wie schon bei den frühen armenischen Christen, das Blut Jesu symbolisieren.

Verkauf in allen Varianten

In Österreich hingegen verkaufen sich die Eier in allen Farbvarianten gut. Die Farbpalette von Schlögl-Ei ist vielfältig, so kann man neben klassischen einfarbigen Eiern auch Regenbogen-, Perlglanz- oder Ringeleier erstehen. Eine der fünf Färbemaschinen ist das ganze Jahr über in Betrieb. "Damit färben wir Jausen- und Salateier in einer natürlich gehaltenen Farbe", sagt Anton Schlögl. Er erzählt, dass die Schweizer Picknickeier und die Bayrischen Brotzeiteier ihn dazu inspiriert hätten, Jauseneier auch bei uns einzuführen. "Wir haben eine ähnliche Kultur, da dachte ich mir, dass das in Österreich doch auch funktionieren müsste."

Drei seiner vier Kinder arbeiten heute ebenfalls im Betrieb mit. Tochter Barbara studierte an der Wirtschaftsuniversität in Wien BWL. " Ich bin sozusagen in die Firma hineingeschlittert", erzählt die junge Frau. "Mein Vater sagte damals, es gäbe etwas Neues, nämlich Qualitätsmanagement. Er fragte, ob ich dabei helfen würde, und so baute ich den Qualitätsstandard bei uns auf. IT und Marketing sind zudem auch meine Bereiche. Mittlerweile beschäftige ich mich aber mehr mit der Geschäftsführung, weil das eines Tages mein Part sein wird." Insgesamt hat die Firma Schlögl-Ei rund 70 Mitarbeiter, in der Hochsaison um Ostern arbeiten weitere 40 Leute für sie.

In Österreich gehören die bunten Eier zum Osterfest dazu, wie die Christbaumkugel zu Weihnachten. Anton Schlögl ist auf diesem Gebiet ein Pionier, traute er sich doch, seinen Betrieb trotz zahlreicher negativer Prognosen auf Hühner und Eier zu spezialisieren. Woher er damals den Mut nahm? Anton Schlögl lacht. "Ich war schon immer ein Grenzgänger", sagt er und grinst vergnügt.

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