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In drei Generationen...

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Untersucht man die Entwicklungsphasen der Datenverarbeitung, so findet man sehr bald die Basis dieser Entwicklung: Die Schaffung des ersten maschinell lesbaren Datenträgers, der die Ordnung, den Vergleich und die Berechnung von Zahlen von der menschlichen Existenz loslöste und für eine Maschine zugänglich machte. Die Möglichkeit der maschinellen Lesbarkeit bildet somit das Abgrenzungskriterium zwischen der menschlichen und 'maschinellen Datenverarbeitung. Diese vom Menschen losgelöste Verarbeitungsmöglichkeit machte raschen Fortschritt. Durch zahlreiche Verknüpfungsmöglichkeiten der drei Grundfunktionen der Ordnung, des Vergleiches und der Berechnung, ergeben sich immer weitere Möglichkeiten der Verwendung dieses technischen Instrumentariums. Die erste weitere Stufe wird durch die Existenz der mechanischen Datenverarbeitung begründet, die sich mechanischer Rechenelemente (Zahnräder, Hebel usw.) bedient, um Ergebnisse zu produzieren. Die zweite ist durch die elektronische Datenverarbeitung charakterisiert, deren Grundbestandteile elektronische Schaltelemente sind. Versuche, die Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung in Entwicklungsstufen einzuteilen, führten zur Schaffung der Generationenbegriffe, deren Bedeu tung im Hinblick auf die Entwicklungsstufen kurz untersucht werden soll.

Der Versuch, Entwicklungsstufen im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung zu finden, führte zu einer Klassifizierung der verwendeten Schaltelemente.

Die sogenannte erste Generation der elektronischen Datenverarbeitung war durch die Existenz des Relais beziehungsweise der Röhren als Schaltelemente gekennzeichnet, wobei vor allem die Probleme des großen Raumbedarfes und der Hitzeentwicklung (Röhrenheizung) im Vordergrund standen. Durch die Erfindung des Transistors im Rahmen der Radiotechnik kam dieses Schaltelement auch bei der elektronischen Datenverarbeitung zum Zuge und dessen Einsatz begründete die Existenz der zweiten Generation. Um dem noch immer großen Raumbedarf entgegenzuwirken, wurden die Bauelemente weiter verkleinert, bis man schließlich Kleinstbausteine. die sogenannten Mikromodule und Monolithe, schuf, die die Charakteristika der dritten Generation bilden.

Diese technischen Merkmale sind für den Nutzer jedoch nur insofern von Bedeutung, als durch ihren Einsatz eine Verkleinerung des Raumbedarfes, teilweise ein Wegfall der notwendigen Klimatisierung (Hitzeentwicklung bei Röhrengeräten) und eine größere

Beschleunigung des Rechenvorganges erreicht werden konnte. Parallel dazu waren noch einige Entwicklungslinien feststellbar, die sich jedoch nicht eindeutig den obgenannten Generationen zuordnen lassen. Neben dem reinen Rechen- und Vergleichs Vorgang war es noch notwendig, Speicherelemente zu entwik- keln, die das Programm, die Zwischenergebnisse sowie die Ausgabe- und Eingabedaten festhielten. War es ursprünglich der Magnettrommelspeicher, dem diese Aufgabe zukam und dessen Hauptcharakteristikum die mechanische Bewegung war, so waren es in der Folge die Magnetkern- und Magnetdrahtspeicher sowie die Dünnschichtspeicher, die diese Aufgaben übernahmen.

Parallel dazu erfolgte die Entwicklung der sogenannten peripheren Einheiten, nämlich aller jener Geräte, die sich mit der Eingabe und Ausgabe der Daten befassen. In diesem Bereich ist vor allem die Weiterentwicklung der Lochkarten und Lochstreifenleser, der verschiedenen Arten der externen Speicher (Magnetband, Magnetplatte, Magnettrommel und Magnetstreifen usw.) sowie die Entwicklung der Ausgabegeräte (wie zum Beispiel der Schnelldrucker) besonders zu erwähnen. Ein ganz besonderes Feld nimmt noch jene Entwicklung ein, die zu einer wesentlichen Verbesserung der Mensch-Maschine-Kombination geführt hat. Es sind dies vor allem die Ein- Ausgabe-Möglichkeit über Schreibmaschine zum Zwecke des direkten Kontaktes mit der

Anlage; die Möglichkeit, Daten auf Bildschirmen erscheinen zu lassen und Daten über Bildschirme einzugeben, und schließlich die Möglichkeit der sogenannten Sprachausgabe, welche die in der Anlage erreehneten beziehungsweise gespeicherten Daten in einer dem Menschen verständlichen Sprache „bekanntgibt“.

Für die Benutzung der Anlage von besonderer Bedeutung ist die starke Entwicklung im Bereich der sogenannten „Nutzerunterstützungen“. Diese Entwicklungstendenzen lassen sich nicht exakt den oben erwähnten drei Generationsstufen zuordnen, da die Grenzen fließen. Eines dieser Merkmale kann man als das sogenannte Familienprinzip beziehungsweise die Kompatibilität bezeichnen, wobei man zwischen einer Programmkompatibilität und einer Gerätekompatibilität unterscheiden kann.

Kurz definiert handelt es sich dabei um folgendes: Wurde früher ein Programm für eine Anlage geschrieben, so war seine Verwendung nur auf die Anlage dieses Typs beschränkt. Das bedeutete, daß bei Umstellung auf ein neues, eventuell größeres Gerät alle Programme neu geschrieben werden mußten, was mit erheblichem Aufwand verbunden war. Die in den letzten Entwicklungsphasen geschaffene Programmkompatibilität ermöglicht, daß die für kleinere Anlagen geschriebenen Programme auch auf größeren Anlagen verwendet werden können. Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang stellte die Verbindung zwischen einer peripheren Einheit (zum Beispiel Magnetbandspeicher) und der zentralen Recheneinheit dar, deren Funktionieren meist nur auf einen Typ beschränkt war. Durch die Gerätekompatibilität ist es möglich, beinahe jede zentrale Recheneinheit an jedes, im System befindliche Gerät innerhalb der gleichen Erzeugerfirma anzuschließen.

Eine weitere Entwicklung lag in der Schaffung der Datenfernverarbeitung, welche die räumliche Trennung zwischen der zentralen Recheneinheit und einem Eingabe-Ausgabe- Gerät ermöglicht. Um auf diese Weise den Rechner mehreren Nutzern zugänglich zu machen, wurde das System des sogenannten Time-sharing entwickelt, das die gleichzeitige und direkte Inanspruchnahme einer Rechenanlage durch mehrere, auch weit entfernte Nutzer ermöglicht. Um jederzeit auch über weitere Entfernungen zu gespeicherten beziehungsweise erreehneten Daten Zugriff zu haben (zum Beispiel zum Stand der verkauften Plätze eines Fleugzeuges bei einer Platzbuchungsanlage), wurde das sogenannte Real- time-Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, unabhängig von dem Programm, das gerade auf der Anlage läuft, zu den vorhandenen Daten zuzugreifen.

Eine ganz besondere Entwicklung ist im Bereich der sogenannten Programmsprachen festzustellen, die ihren Ursprung bereits bei den Geräten der ersten Generation hatten. Das ursprüngliche Programmiersystem einer Anlage war und ist der sogenannte Maschinencode, der auf einer Binärverschlüsselung sämtliche Befehle, wie Einlesen, Rechnen usw., aufbaut. Dies relativ schwer erlernbare und somit auch schwer programmierbare System fand bereits seine erste Verbesserung durch die Schaffung der sogenannten Assemblersprachen, welche die Binärverschlüsselung durch leichter lesbare und verständlichere Symbolkombinationen ersetzen. Die zweite Stufe war die Schaffung der sogenannten höheren Programmsprachen, die von den Namen COBOL (common business orien- ted language), FORTRAN (formular trans- lation), ALGOL (algorythmic language) sowie PL 1 (programming language 1) getragen werden und vor allem durch die sehr leichte Erlernbarkeit und Verwendbarkeit charakterisiert sind. Diesen Sprachen ist gemeinsam, daß Programme, die damit geschrieben werden, zunächst einmal mit Hilfe der elektronischen Rechenanlage, auf der sie später betrieben werden sollen, in den Maschinencode übersetzt werden müssen.

Als bedeutende Entwicklung in diesem Zusammenhang kann man die Schaffung der Nutzerkonzepte bezeichnen. Unter Nutzerkonzepten kann man ganz allgemein Problemlösungen verstehen, die programmiert werden und somit den einzelnen Nutzer in die Lage versetzen, sich der gedanklichen Arbeit anderer einfach und schnell zu bedienen. Dies können zum Beispiel spezifische Formelverknüpfungen für den Mathematiker, den Statiker (zum Beispiel Festigkeitsberechnungen) usw., aber auch komplette Planungs- und Verrechnungskonzepte (zum Beispiel Finanzplanung, Lohnverrechnung, Kostenrechnung) für den Wirtschafter sein. Diese Entwicklungstendenzen haben nur indirekt mit der Anlage zu tun, denn die Schaffung solcher Nutzerkonzepte resultiert aus der Existenz von spezifischen Forscherteams, welche sich vor allem mit den Anwenderproblemen befassen.

Betrachtet man die einzelnen Entwicklungslinien übereinandergelagert, so läßt sich folgendes feststellen. Die laufende technische Entwicklung hat zu einer ständigen Verbesserung des technischen Instrumentariums der Datenverarbeitung geführt. Diese Verbesserung des technischen Instrumentariums allein hätte jedoch nicht ausgereicht, das große Eindringen dieser Anlagen in viele Bereiche des menschlichen Lebens zu ermöglichen. Parallel dazu war es daher notwendig, entsprechende Systeme zu entwickeln, die gleichsam mit den Anlagen angeboten werden konnten. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Möglichkeit der Programmsprachen (als Basis einer sehr leichten Programmierung) und die Nutzerkonzepte zu nennen. Die elektronische Datenverarbeitungsanlage wird dergestalt daher nur zu einem Medium, das es leicht ermöglicht, sich vorgeleisteter Arbeit zu bedienen. Auf diesem Wege wird sich vermutlich auch die weitere Entwicklung vollziehen.

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