
In-vitro-Fleisch: Speisen wie die Feuersteins
Mammutbällchen und T-Rex-Steak: Mittels Gentechnik zaubern Wissenschafter ausgestorbene Tierarten auf den Teller. Ist das ein Beitrag zum Fleischkonsum der Zukunft?
Mammutbällchen und T-Rex-Steak: Mittels Gentechnik zaubern Wissenschafter ausgestorbene Tierarten auf den Teller. Ist das ein Beitrag zum Fleischkonsum der Zukunft?
Es war nicht weniger als eine Weltneuheit, die da unlängst im Amsterdamer Wissenschaftsmuseum NEMO präsentiert wurde: der „Mammoth Meat Ball“, also ein Fleischbällchen vom Mammut, das immerhin seit rund 4000 Jahren ausgestorben ist. Glänzend in unterschiedlichen Brauntönen, drapiert auf einer Steinplatte, lag sie da auf einem weißen Tischtuch – vom Format an einen Basketball erinnernd, Besteck daneben. Ganz so, als könne man jeden Moment hineinbeißen.
„Ein provokantes neues Ernährungskonzept“, hieß es in der Ankündigung des In-vitro-Fleisch-Unternehmens VOW aus Sydney, das das Museum in Amsterdam ersucht hatte, seine Erfindung dort vorzustellen. VOW-Wissenschaftsdirektor James Ryall erklärt das Grundprinzip: „Wir machen echtes Fleisch, indem wir echte Tierzellen verwenden – aber getrennt vom Tier selbst, in großen Bioreaktoren.“ Die Wissenschafter injizierten dazu das Protein Myoglobin aus dem Mammut-Erbgut in eine Schafzelle, wobei sie Lücken mit genetischem Material des nächsten lebenden Verwandten des Mammuts füllten: des afrikanischen Elefanten. So züchteten sie Schafzellen, die das Mammutprotein Myoglobin produzieren – und zwar über 100-mal mehr als Schafmyoglobin.
Im Zentrum steht dabei die Frage, wie die wachsende Menschheit ernährt werden kann, ohne den Planeten vollends zu zerstören. In 20 Jahren, rechnet Ryall vor, zählt die Erde zehn Milliarden Menschen statt wie heute acht. Wie also bekommt man um 25 Prozent mehr hochwertige tierische Proteine, ohne die herkömmliche Viehwirtschaft weiter zu intensivieren? „Zuchtfleisch bietet einen Ausweg“, so Ryall enthusiastisch. Doch wäre es nicht die beste Option, ganz auf Fleisch zu verzichten? „Absolut! Das würde eine ganze Reihe Probleme lösen.“ Aber obwohl etwa in der EU der Fleischkonsum zurückgeht, sei dies eine theoretische Frage: „Es wird einfach nicht passieren. Stattdessen brauchen wir andere, bessere Produkte, die Menschen dazu bringen, ihre Essgewohnheiten zu ändern.“
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!
