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Israel ist ein Zentrum embryonaler Stammzellforschung. Der Biotech-Bereich gehört zu seinen Wachstumsmärkten. Auch in den USA hat es jüngst Diskussionen dazu gegeben. Es war einmütige Meinung liberaler, konservativer und orthodoxer Juden, embryonale Stammzellforschung zu erlauben. Denn das Judentum steht neuen biologischen Erkenntnissen positiv gegenüber, vor allem wenn der potentielle Nutzen die Bedenken überwiegt.

Nach der Tora hat der Mensch das Recht und die Pflicht, sein Wissen zu erweitern, um Krankheiten zu heilen. Dabei unterscheidet sich die jüdische Definition vom Beginn des Lebens von der katholischen Sichtweise: Das ungeborene Leben besitzt im Judentum nicht ab der Befruchtung volle Rechte. Bis zur Geburt wird der Embryo oder Fötus als Teil der Mutter und nicht als eigene Person angesehen. Deshalb hat das gefährdete Leben der Schwangeren Priorität vor dem ungeborenen Leben des Kindes. Der Fötus erlangt gemäß talmudischer Auslegung erst dann Personenstatus und damit gleiche Rechte wie die Mutter, wenn während der Geburt der größere Teil des Kindes bereits aus dem Uterus herausgekommen ist.

Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass der Embryo bis zum vierzigsten Tag nach der Befruchtung einen geringeren Status besitzt als nachher. Der Prä-Embryo vor der Implantation in den Uterus, wie er nach künstlichen Befruchtungen entsteht, hat also eine besondere Stellung. Außerhalb des Mutterleibs ist er nicht lebensfähig, und er ist in einem Entwicklungsstadium unterhalb der Vierzig-Tagesgrenze. Kann ein solcher Prä-Embryo nicht weiterverwendet werden, so kann eine Zerstörung zulässig sein. Ist es dann nicht besser, am Prä-Embryo zu forschen und dadurch potentiell lebensrettenden Nutzen zu gewinnen als ihn bloß zu zerstören?

Der Autor ist Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs in Potsdam.

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