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(K)Ein Gläschen zu viel

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Der Gesetzgeber bläst zum Angriff auf die Alkosünder und diese nun öfter in den Alkomaten - die neue Straßenverkehrs- ordnungs (StVO)-Novelle.

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Der Gesetzgeber bläst zum Angriff auf die Alkosünder und diese nun öfter in den Alkomaten - die neue Straßenverkehrs- ordnungs (StVO)-Novelle.

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Aktion scharf gegen Alkoholisierte! Geht es nach dem Gesetzgeber, ist die Schonzeit für betrunkene Autofahrer vorbei. Dieser Tage (1. Oktober 1994) ist die 19. Straßenverkehrsordnungs-Novelle in Kraft getreten, mit der zum Arger der Heurigenbesucher und Stammtischrunden dem Alkoholismus am Steuer der Kampf angesagt wurde. Das bisherige Limit von 0,8 Promille (gemeint ist ein Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/pro Kilo Körpergewicht oder darüber beziehungsweise ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/1 oder mehr) ist zwar bekanntlich nicht gefallen - die teilweise angestrebte Herabsetzung auf 0,5 Promille verfehlte bei einer Abstimmung im Parlament nur knapp die Mehrheit - doch wird nun beabsichtigt, durch rigorose Kontrollen die Bevölkerung zur Einhaltung des Limits zu erziehen.

Ein wesentlicher Unterschied zur früheren Regelung ist, daß nach der neuen Rechtslage jederzeit eine Kontrolle der Atemluft vor Ort durchgeführt werden kann. Der Verdacht einer Alkoholisierung muß nicht mehr gegeben sein. Für die Exekütive bedeutet diese Neuerung zweifellos eine Verbesserung. Mußte in der Vergangenheit stets auf die typischen Merkmale einer Alkoholisierung geachtet werden, so besteht jetzt ein großer Spielraum. Die gesetzliche Grundlage für Atemalkoholkontrollen im gefürchteten Planquadrat ist somit geschaffen. Die Überprüfung selbst ist durch Alkomaten vorzunehmen. Die zeitgleich mit der Novelle in Kraft getretene Alkomatverordnung sieht diesbezüglich noch vor, daß der kontrollierende Beamte eine Urkunde über die Ermächtigung zur Vornahme von Alkoholmessungen mit sich führen muß. Diese hat er auf Verlangen des Betroffenen vorzuweisen.

Ausdrücklich klargestellt wird durch die Neufassung auch, daß selbst bei einem Alkoholgehalt von weniger als 0,8 Promille eine Beeinträchtigung vorliegen kann, wodurch die Fahrtauglichkeit nicht mehr gegeben ist. Voraussetzung dafür, daß das Vorliegen einer sogenannten Minderalkoholisierung an genommen werden kann, ist die Feststellung entsprechender Alkoholisierungssymptome. Zeigt also die Messung einen unterhalb des Grenzwerts liegenden Promillesatz an, ist die Exekutive berechtigt, den Betroffenen entweder zum polizeilichen Amtsarzt, oder in eine öffentliche Sanitätsanstalt bringen zu lassen, soweit eben einschlägige Symptome auftreten.

„DER SCHOCK“

Neu geregelt wurde weiters auch die Vorführung zur Dienststelle. Nach der alten Rechtslage war es eine beliebte Strategie betrunkener Fahrzeuglenker, bei einem Unfall ohne Beeinträchtigung Dritter noch zu Hause die Alkoholisierung auszuschlafen und erst am nächsten Morgen die Polizei aufzusuchen. Die häufigste Ausrede für dieses Verhalten war der Schock. Die Novelle regelt nun aber ausdrücklich, daß Personen zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Alkomat befindet, gebracht werden können, wenn vermutet wird, daß sie sich in einem beeinträchtigten Zustand be finden oder befunden haben. Besonders wichtig erscheint diese Regelung im Hinblick auf fahrerflüchtige Betrunkene. In solchen Fällen ist es nicht erforderlich, daß sich der Betreffende noch im Zeitpunkt seiner Vorführung in einem alkoholisierten Zustand befindet. Es genügt vielmehr die Vermutung, daß er beim Lenken des Kfz betrunken war. Durch Rückrechnung des Alkoholgehalts soll nachträglich festgestellt werden, in welchem Ausmaß die Alkoholisierung zum Zeitpunkt des Geschehens bestand.

Auch Fußgänger betrifft die neue Regelung. Wird ein Fußgänger verdächtigt, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen schweren Verkehrsunfall verursacht zu haben, so soll auch er einer Untersuchung — allenfalls im Wege der Vorführung - zugeführt werden.

Neu geregelt wurde auch die Vornahme von Blutuntersuchungen zur Feststellung des Alkoholgehaltes. Grundsätzlich geht der Gesetzgeber von einer Gleichwertigkeit der Blutabnahme und der Alkomatmes- sung aus. Da aber die Blutabnahme ohne Zweifel den größeren Eingriff in die körperliche Integrität bedeutet, soll sie lediglich subsidiär angeordnet werden. Voraussetzung dafür ist allerdings - anders als bei der Atemluftkontrolle - der Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung. Für den Betroffenen besteht darüber hinaus die Möglichkeit, sich ohne Aufforderung einer Blutabnahme zu unterziehen. Verlangt er die anschließende Untersuchung des Blute kann er die erzielten Meßergebnisse der Behörde als Beweismittel vorlegen. Diese hat dann im Verwaltungsstrafverfahren den Befund im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. Wurde die Blutabnahme dagegen von der Behörde angeordnet, muß sie der Betroffene durchführen lassen.

In Anbetracht dessen, daß der Drogenkonsum allgemein zunimmt, hat es die Novelle nicht verabsäumt klarzustellen, daß bei einer Beeinträchtigung durch Sufchtgift ebenso die Inbetriebnahme oder das Lenken eines Fahrzeuges unzulässig ist. Auch der durch Suchtgift Beeinträchtigte kann daher auf Anordnung einer Blutuntersuchung unterzogen werden.

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