6629454-1956_28_14.jpg
Digital In Arbeit

Kraftstoffe

Werbung
Werbung
Werbung

Unter Kraftstoffen versteht man alle flüssigen, brennbaren Stoffe, die zum Betrieb von Verbrennungskraftmaschinen geeignet sind. Die in ihnen enthaltene chemisch gebundene Energie wird im Motor in mechanische Arbeit umgewandelt. Für den Betrieb eines Verbrennungsmotors werden überwiegend flüssige Kohlenwasserstoffe (Verbindungen der beiden Elemente Kohlenstoff und Wasserstoff) verwendet. Die heute in Verwendung stehenden Kraftstoffe, wie Benzin, Motorenbenzol (Ottomotor), Motorenpetroleum (Glühkopf-Motoren) und Gasöl (Dieselmotoren) sind Gemische aus verschiedenen, einander ähnlichen Kohlenwasserstoffen. Das Ausgangsprodukt der flüssigen Kraftstoffe (außer Alkohol) ist Erdöl, aus dem sie durch Destillation gewonnen und die einzelnen in ihm enthaltenen Kohlenwasserstoffe nach ihren Siedegrenzen getrennt werden. Synthetische Kraftstoffe werden aus Braun- oder Steinkohle hergestellt.

An die Kraftstoffe, die in Kraftfahrzeug-Verbrennungsmotoren Anwendung finden, werden folgende Anforderungen gestellt: a) einfache und sichere Bildung eines brennbaren Kraftr.toffluftgemisches; b) dieses Kraftstoffluftgemisch mftß leicht und rasch entzündbar sein und schlackcnfrei verbrennen; c) der Kraftstoff soll geringen Raum und geringes Gewicht für die Energieeinheit benötigen; d) sofortige Betriebsbereitschaft besitzen; e) außerdem soll er möglichst gefahrlos und bequem im Fahrzeug untergebracht und mitgeführt werden können.

Im folgenden soll kurz auf die wichtigsten Charakteristika der in Otto- und Dieselfahrzeugmotoren verwendeten Kraftstoffe eingegangen werden:

Heizwert

Der Heizwert bezeichnet bei Kraftstoffen für Otto- wie auch für Dieselmotoren den Energiegehalt, der in einem Kilogramm Kraftstoff enthalten ist. Gemessen wird er in Kilokalorien (kcal). Ein kcal /ist jene Wärmemenge, die ein Kilogramm Wasser bei atmosphärischem Druck von 14,5 Grad Celsius auf 15,5 Grad Celsius erwärmt. Je höher der Heizwert eines Kraftstoffes ist, desto mehr Energie ist in ihm enthalten und desto mehr Arbeit oder Fahrkilometer werden von ihm geleistet.

Spezifisches Gewicht (Wichte)

Das spezifische Gewicht gibt bei' Benzin wie auch Dieselöl an, um wievielmal schwerer eine Kraftstoffmenge als die gleiche Menge Wasser bei -j- 4 Grad Celsius ist, und weiter, wieviel Kilogramm ein Liter Kraftstoff wiegt. Es wird bei +15 Grad Celsius mittels Aerometer gemessen. Vom spezifischen Gewicht her kann auf die Güte eines Ottokraftstoffes (Vergasbarkeit oder Klopffestigkeit) nicht geschlossen werden. Schweres Benzin kann z. B. Petroleum enthalten und dadurch schwer vergasen, ein hohes Siedeende haben und zum Klopfen neigen. Anderseits kann aber ein schweres Benzin benzolähnliche, aromatische Anteile besitzen und dadurch gute Vergasungseigenschaften und gute Klopffestigkeit aufweisen. Das spezifische Gewicht liegt bei Dieselöl zwischen 0,83 und 0,90. Sobald die obere Grenze überschritten wird, verschlechtern sich die Verbrennungseigenschaften.

Siedeverhalten

Da Kraftstoffe aus einer Vielzahl verschiedener Kohlen-Wasserstoff-Verbindungen bestehen, sieden sie nicht bei einer bestimmten Temperaturhöhe (wie etwa Wasser bei 100 Grad Celsius), sondern in einem verhältnismäßig großen Temperaturbereich. Der Siedebereich bewegt sich zwischen dem Siedebeginn und dem Siedeende (Siedegrenzen). Das Siedeende ist jene Temperatur, bei der 95 Prozent des Kraftstoffes verdampft sind. Bei Benzin soll der Siedebeginn bei etwa 50 Grad Celsius und das Siedeende nicht über 200 Grad Celsius liegen. Der Siedeverlauf ist sehr wichtig für die Güte der Verbrennung im Motor. Um auch bei großer Kälte ein leichtes Starten zu ermöglichen, muß das Benzin genügend leicht siedende Anteile besitzen. Anderseits dürfen keine Kraftstoffteile vorhanden sein, die über 200 Grad Celsius sieden, da schon ein Siedeende von 190 Grad aufwärts durch schwere Vergasbarkeit gekennzeichnet ist. Besonders bei unterkühltem Motor, oder falsch gehandhabter Startvorrichtung treten starke Schmierölverdünnungen auf. Dazu kommt noch ein größerer Kraftverbrauch durch nicht vollkommene Verbrennung.

Für Dieselbetrieb ist das Siedeverhalten des Dieselöls von nicht allzu großer Bedeutung. Kraftstoffe für Glühkopfmotoren sieden etwa zwischen 150 und 300 Grad Celsius, während die Kraftstoffe für Dieselmotoren einen Siedebereich von 200 bis 360 Grad Celsius aufweisen.

Klopffestigkeit des Benzins

Unter Klopffestigkeit versteht man die Widerstandsfestigkeit gegenüber den Druck- und Temperatursteigerungen durch die Verdichtung. Das Klopfen im Ottomotor ist auf schlagartige

Drucksteigerungen während der Verbrennung zurückzuführen. Im Verbrennungsraum entsteht durch die Entzündung des Kraftstoffluftgemisches mittels Zündkerze eine sich von ihr rasch entfernende Flammfront, von der sich duich zusätzliche Erwärmung und Verdichtung die unverbrannten Teile des Kraftstoffluftgemisches schlagartig selbst entzünden (Zündkerne), was aber nur dann-eintritt, wenn gewisse Grenzwerte überschritten werden. Von den Zündkernen' nimmt eine zusätzliche Entflammung ihren Ausgang, wodurch der Gemischfest nahezu augenblicklich verbrennt und das Klopfgeräusch hervorruft. Diese plötzliche Drucksteigerung bewirkt eine starke Ueber-beanspruchung der Triebwerksteile, die unbedingt zu vermeiden ist. Außerdem sinkt beim Klopfen die Leistung der Maschine sofort, da der Kolben die plötzlich entwickelte Energie nicht rasch genug in Arbeit umsetzen kann. Weiter wird der Motor durch die nicht verwertete Energie übermäßig erhitzt. Sobald die Maschine zu klopfen beginnt, soll unbedingt die Gaszufuhr so weit gedrosselt werden, bis das Klopfen aufhört.

Zündwilligkeit des Dieselöls

Je größer die Zündwilligkeit eines Kraftstoffes, desto kürzer der Zündverzug. Unter Zündverzug versteht man jene Zeitspanne, die der Dieselkraftstoff vom Einspritzbeginn bis zur Entflammung (Selbstzündung) benötigt. Er ist von physikalischen und chemischen Vorgängen, die sich zeitlich überschneiden, abhängig. Den physikalischen Zündverzug kann man durch die Art und Güte der Zerstäubung und Verteilung des Kraftstoffes im Verbrennungsraum beeinflussen, den chemischen Zündverzug durch' höhere Verdichtung und wärmeren Motor verkleinern. Der Zündverzug soll sich zwischen 0,001 bis 0,002 sec bewegen. Ist er größer, dann erfolgt durch eine zu große unverbrauchte, im Verbrennungsraum angesammelte Kraftstoffmenge und deren plötzliche Entflammung eine sehr heftige Verbrennung, was eine schlagartige Drucksteigerung bewirkt. Dieser Vorgang ist am starken Klopfen (Nageln) des Dieselmotors erkennbar und für die Triebwerksteile sehr schädlich. Klopfen wird durch Verringern des Zündverzuges bekämpft, d. h. durch Verwendung eines zündwilligeren Kraftstoffes. Das Klopfen des Dieselmotors' im Leerlauf oder bei geringer Belastung ist natürlich und darauf zurückzuführen, daß die Maschine hierbei kälter und daher der Zündverziig größer ist als bei starker Belastung.

Oktanzahl des Benzins

Die heute bereits sehr hoch verdichtenden Ottomotoren mit Verdichtungsverhältnissen von durchschnittlich 7:1 benötigen sehr klopffeste Kraftstoffe, Diese Klopffestigkeit wird durch die Oktanzahl angegeben. Je höher die Oktanzahl, desto klopffester der Kraftstoff.

Da die Klopffestigkeit der meisten Benzine für den motorischen. Betrieb nicht ausreicht, werden ihnen verschiedene Antiklopfmittel (Klopfbremse) beigemischt, und zwar: Benzol und Aethylalkohol in großen Mengen, Bleitetraäthyl und Eisencarbonyl in kleinen Mengen.

Zur Ermittlung der Oktanzahl werden zwei Kraftstoffe verwendet, und zwar das Isooktan (sehr klopffest) und das Normalheptan (wenig klopffest). Ersterem gab man die Oktanzahl 100, letzterem die Oktanzahl 0. Der Klopffestigkeit eines Kraftstoffes entspricht der Gehalt an Isooktan und umgekehrt. Bei einer Mischung von beispielsweise 74 Teilen Isooktan und 26 Teilen Normalheptan erhält der geprüfte Kraftstoff die Oktanzahl 74.

Die Klopffestigkeitsprüfungen werden nach zwei Verfahren durchgeführt, und zwar der Recherchemethode und der Motormethode, deren Ergebnisse voneinander ziemlich abweichen.

Für die Kraftfahrzeugkraftstoffe wird hauptsächlich die Motormethode angewendet. Trotzdem soll bei Nennung einer Oktanzahl die bei der Klopfprüfung angewandte Methode angegeben werden.

Zur Feststellung der Oktanzahl wird der zu prüfende Kraftstoff zum Antrieb eines Ein-zylinderprüfmotors verwendet, der dergestalt gebaut ist, daß eine Veränderung des Verdichtungsverhältnisses möglich ist. Dieses wird so lange geändert, d. h. erhöht, bis eine bestimmte Klopf Stärke erreicht ist. Anschließend wird der Prüfmotor mit einem Eichkraftstoff, der aus Isooktan und Normalheptan besteht, betrieben. Sobald der Prüf-motor das gleiche Verhalten zeigt, ermöglicht ihr Mischverhältnis die Feststellung der Oktanzahl.

Je höher das Verdichtungsverhältnis ist, bei dem der Kraftstoff im Prüfmotor zu klopfen beginnt, desto höher ist seine Klopffestigkeit.

Cetanzahl des Dieselöls

Dieselkraftstoffe können durch Beimischungen' von Zündbeschleunigern (Klopfpeitschen) zündwilliger gemacht werden, wodurch der Zündverzug verringert wird. Sie werden nur in geringen Mengen beigemischt, da sie dann am wirksamsten sind. Solche Zündbeschleuniger sind: Aethylnitrit, Amylnitrat und Azetonperoxyd.

Wie bereits erwähnt, steigern hohe Drucke und Temperaturen die Zündwilligkeit des Dieselkraftstoffes. Es ist daher darauf zu achten, daß im Zylinder keine vermeidbaren Kompressionsverluste stattfinden, wie durch schlecht schließende Ventile, undichten Sitz der Glühkerzen usw. Die Zündwilligkeit wird durch die Cetanzahl angegeben. Je höher die Cetanzahl, desto zündwilliger der Kraftstoff.

Zur Messung werden auch hierbei zwei Kraftstoffe verwendet, und zwar das Cetan (sehr zündwillig) und das Alphamethylnaphthalin (wenig zündwillig). Dem Cetan gab man die Cetanzahl 100, dem Alphamethylnaphthalin die Cetanzahl 0. Die Zündwilligkeit eines Kraftstoffes entspricht dem Gehalt an Cetan und umgekehrt. Bei einer Mischung von beispielsweise 60 Teilen Cetan und 40 Teilen Alphamethylnaphthalin erhält der geprüfte Kraftstoff die Cetanzahl 60.

Zur Feststellung der Cetanzahl wird der zu prüfende Kraftstoff zum Antrieb eines Ein-zylinderprüfmotors verwendet, der dergestalt gebaut ist, daß eine Veränderung des Verdichtungsverhältnisses möglich ist. Dieses wird so lange geändert, d. h. verringert, bis ein bestimmtes Zündverhalten erreicht wird. Anschließend wird der Prüfmotor mit einem Eichkraftstoff aus Cetan und Alphamethylnaphthalin betrieben. Jene Mischung, die das gleiche Zündverhalten zeigt, ergibt die Cetanzahl.

Je niedriger das Verdichtungsverhältnis ist, bei dem der zu prüfende Kraftstoff noch zündet, desto größer ist seine Zündwilligkeit. In Oesterreich ist heute eine Reihe von verschiedenen Kraftstoffen zu erhalten. Grundsätzlich werden zwei Berzinsorten geführt, und zwar das Standard- und das Superbenzin, während die Dieselöle von gleichbleibender, sehr guter Qualität sind.

Das Standardbenzin ist ein verbleites Inlandsbenzin, das im allgemeinen eine Oktanzahl von 74 bis 76 aufweist. Die Superkraftstoffe sind meist Importbenzine, ebenfalls verbleit und besitzen eine Oktanzahl von etwa 82 bis 86. Die Firmen, wie etwa Shell, BP usw. sind bestrebt, den an ihren Tankstellen angebotenen Kraftstoffen spezielle Beimischungen zuzugeben. So ist es bei der Shell das ICÄ, ein Wirkstoff, der die im Verbrennungsraum befindlichen Rückstände ebenso wie jene an der Kerze und am Kolbehkolben feuerfest macht, wodurch Glühzündungen hintangehalten werden können. In ähnlicher Weise hat die BP ihre Kraftstoffe mit Wirkstoffen versehen. Dasselbe gilt auch für andere Firmen.

Außer den reinen Superbenzinen, die im Grunde genommen eigentlich nur verbleite Impoftbenzine sind, gibt es in Oesterreich auch noch Benzin-Benzol-Gemische sowie Benzin-

Benzol-Alkohol-Gemische. Die Auswahl der zur Verfügung stehenden Kraftstoffe ist also relativ groß, und es findet sich für jedes Fahrzeug auch der richtige Kraftstoff. Zweckmäßig und daher empfehlenswert ist es, sein Fahrzeug auf irgendeinen Kraftstoff einstellen zu lassen und, wenn möglich, dann diesen auch ständig weiter zu benützen. Man wird sich dazu am besten der Erzeugnisse einer der großen Firrrien bedienen, da sie in ganz Oesterreich ihre Tankstellen besitzen und außerdem im Ausland ebenfalls zu haben sind.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung