Lassen Sie sich Erheitern!

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Lachforschung ist kein Witz: Sie soll dazu beitragen, dass wir die heilsamen Effekte des Lachens erleben können - wenn nötig auch durch künstliche Helfer.

Lachen soll ja bekanntlich gesund sein. Doch was genau am Lachen soll unser Wohlbefinden fördern, unseren Stress senken und unser Immunsystem stärken? Und sind diese Befunde wirklich alle wissenschaftlich bestätigt? Fürwahr, einige Forschungsarbeiten haben versucht, die positiven Effekte von Lachen auf die Gesundheit nachzuweisen, doch der Stand der Resultate ist ernüchternd: Während einige Untersuchungen positive Wirkungen propagieren, können nur die wenigsten methodisch stimmigen Studien Effekte auf das Immunsystem, die Stresshormone oder einen signifikant höheren Kalorienverbrauch finden. Trotzdem: Der Effekt existiert, wie jüngst auch beim Europäischen Kongress für Positive Psychologie in Amsterdam bestätigt wurde. Lachen trägt zum Wohlbefinden bei - man muss nur genauer hinsehen.

Erst einmal ist zu beachten, dass die günstige Wirkung auf das Wohlbefinden und auch die Schmerztoleranz nicht bei allen Arten des Lachens auftritt. Wichtig ist also, zwischen verschiedenen Arten des Lachens zu unterscheiden: Fröhliches Lachen (durch Freude ausgelöst), gekünsteltes Lachen oder verachtendes Lachen sollten nicht vermischt werden. Nur das Lachen der Freude geht mit dem Empfinden eines positiven Affektes einher. Dieser ist hauptsächlich für das gesteigerte Wohlbefinden und die Stressreduktion verantwortlich. Das Lachen ist sein beobachtbarer Kumpane.

Mimische Reaktionen

Da stellt sich natürlich gleich die Frage: Muss man lachen, um eine höhere Schmerztoleranz zu haben oder reicht es bereits, amüsiert zu sein? Braucht es den offensichtlichen mechanischen Akt des Lachens überhaupt? Unsere Forschung zeigt, dass die Erheiterung wichtig ist: Diese kann sich mimisch gar nicht oder mit einem Lächeln bis hin zu einem intensiven Lachen ausdrücken - je nach Gefühlsintensität und auch abhängig vom persönlichen Ausdrucksverhalten. Die Erheiterung ist der Schlüssel zu einem größeren Wohlbefinden, mehr Schmerztoleranz und weniger Stress.

Vielleicht fragen Sie sich zurecht, ob nur Erheiterung diese Effekte auslösen kann. Wir gehen davon aus, dass Erheiterung die Emotion ist, die am häufigsten Lachen auslöst. Im Zuge der Forschung wurde sie am meisten hinsichtlich gesundheitsfördernder Wirkungen untersucht. Man versucht nun herauszufinden, welche anderen positiven Emotionen auch mit Lachen einhergehen und inwiefern auch diese Gefühle wünschenswerte Einflüsse auf unser Wohlbefinden haben. Dazu wurden mehrere Studien durchgeführt, in denen die Ausdrucksmuster von 16 positiven Emotionen untersucht wurden. Während die Teilnehmer diese Emotionen rekapitulieren oder erleben, werden sie gefilmt, um danach die mimischen Reaktionen mittels eines Kodierungssystems auszuwerten. Die Ergebnisse zeigen, dass zumindest noch fünf andere Emotionen ebenfalls Lachen auslösen, darunter Erleichterung, Schadenfreude oder freudige Verwunderung - etwa wenn man einen fast vergessenen alten Freund unerwartet am anderen Ende der Welt wieder trifft.

Neue Technologien

Dieses Wissen wird uns in Zukunft helfen, das Lachen besser zu verstehen, aber auch Programme zu entwickeln, bei denen positive Emotionen gefördert werden können. Darüber hinaus kann dieses Wissen in neuen Technologien angewendet werden. Eines unserer EU-geförderten Projekte befasst sich damit, Avataren, also Computer-gesteuerten künstlichen Personen, beizubringen, Lachen bei Menschen zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren. Dieses Projekt ermöglicht die Untersuchung, bei welchen Personen sich das Lachen leicht auslösen lässt (gibt es da etwa Persönlichkeitsunterschiede?), und welche Personen mehr Unterstützung benötigen, um zum Lachen gebracht zu werden und die positiven Effekte von Erheiterung erleben zu können.

Aus einer experimentellen Studie geht hervor, dass Personen mit generell heiterem Temperament auch leicht erheitert werden können, egal ob sie allein in einem Raum lustige Filme schauen oder die Gesellschaft eines Avatars genießen, der auf ihr Lachen reagiert. Interessant ist aber, dass Personen mit wenig heiterem Temperament allein kaum durch Filme erheitert werden. In Gesellschaft von "Greta“, dem lachenden Avatar, hingegen wiesen sie ähnliche Gefühle von Erheiterung auf und lachten gleich viel wie die sehr heiteren Personen. Diese Ergebnisse bestätigen, dass es Unterschiede gibt, wie leicht Personen erheitert werden können und dass vor allem wenig Heitere von Förderungs-programmen und Unterstützung profitieren können.

Künftig könnten also Online-Interventionen zur Förderung von Erheiterung entwickelt werden, die von einem lachenden Avatar unterstützt werden, damit auch weniger heitere Personen leichter positive Emotionen empfinden. Es wird angenommen, dass sich dies dann positiv auf das Stresserleben, das Wohlbefinden und die sozialen Beziehungen auswirkt.

Die lachenden Avatare könnten aber auch helfen zu untersuchen, warum gewisse Personen das Lachen nicht wertschätzen oder gar fürchten: So zeigen Menschen mit einer Angst davor, ausgelacht zu werden (Gelotophobie), die Tendenz, alles Lachen als Auslachen fehlzudeuten. Hier könnte man mit Hilfe lachender Avatare der Frage nachgehen, was genau am Lachen Angst macht - ist es der mimische Ausdruck oder die Stimme? In der Folge könnten die künstlichen Helfer so programmiert werden, dass sie auch von gelotophoben Menschen als freundlich wahrgenommen werden, also die boshaft erscheinenden Merkmale minimiert werden. Dies ist wichtig, weil Menschen mit dieser Phobie generell weniger freudvolle Emotionen empfinden und weniger Lachen und Lächeln zum Ausdruck bringen. Sie sind daher eine Zielgruppe, die besonders von Maßnahmen profitieren könnte, in denen positive Gefühle ausgelöst werden.

Unser Tipp also: Begeben Sie sich in viele Situationen, in denen Sie positive Gefühle erleben können, am besten mit Freunden oder Familie. Lassen Sie sich so stark erheitern, dass sie lachen müssen. Und nicht zuletzt: Nehmen Sie das Lachen ernst!

Die Autorin und der Autor arbeiten am Psychologischen Institut der Universität Zürich

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