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Leben auf dem roten Planeten

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Wissenschaftler der NASA präsentierten einen sensationellen Beweis: Leben außerhalb der Erde.

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Wissenschaftler der NASA präsentierten einen sensationellen Beweis: Leben außerhalb der Erde.

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diefurche: NASA-Forscher haben Hihweise auf primitives Leben in einem Meteoriten gefunden, der angeblich vom Mars stammt Wie seriös sind diese Ergebnisse?

Siegfried J. Bauer: Mein Eindruck ist, daß die Untersuchungen höchst seriös durchgeführt wurden. Bisher haben die Wissenschaftler aber nur Indizien und keine Beweise gefunden. Diese Indizien haben allerdings eine sehr starke Aussagekraft. Ich per-sönlich billige den Ergebnissen einen nahezu lOOprozentigen Wahrheitsgehalt zu.

Für mich war die Entdeckung sehr aufregend, wenn auch nicht überraschend. Ich bin immer davon ausgegangen, daß es früher einmal Leben am Mars gegeben hat. Als die beiden Viking-Sonden auf dem Mars gelandet sind und keine Spuren von Leben gefunden haben, war ich eher verwundert. Die Sonden untersuchten damals aber nur die Planetenoberfläche. Wenn man tiefer bohren würde, würde man mehr Hinweise auf Leben finden. Davon bin ich überzeugt.

UIEFüRCHE: Es gibt aber auch einige andere Theorien, woher der Meteorit und die Bakterien stammen könnten bauer: Es gibt natürlich Zweifel, ob der Meteorit tatsächlich vom Mars stammt. Der für mich entscheidende Beweis dafür war, daß die Forscher Einschlüsse von Gasblasen im Meteoriten gefunden haben, die genau der Zusammensetzung der Marsatmosphäre entsprechen und nur für diesen Planeten charakteristisch sind. Ich hege keinen Zweifel daran, daß das gefundene Bruchstück tatsächlich vom Mars stammt.

Da der Meteorit vor 1.300 Jahren in der Antarktis eingeschlagen hat, stellt sich natürlich auch die Frage, ob die gefundenen Kohlenstoff-Verbindun-gen nicht auch von der Erde stammen könnten. Die sehr sorgfältig durchgeführten Untersuchungen haben aber gezeigt, daß die Konzentration der organischen Verbindungen nach innen hin zunimmt. Das wäre nicht der Fall, wenn es sich dabei um eine Störung von außen gehandelt hätte.

diefurche: Wie konnte sich Leben auf dem Mars entwickeln? BAUER: Es gibt viele Parallelen zwischen der Entwicklung von Leben auf dem Mars und der Erde. Beides scheint etwa zum gleichen Zeitpunkt innerhalb der ersten Milliarde von

Jahren nach der Entstehung der Planeten vor sich gegangen zu sein. Die Einschlüsse vom Marsmeteoriten sind etwa 3,5 Milliarden Jahre alt. Das ist jener Zeitpunkt, wo man annimmt, daß der Mars noch eine günstigere Atmosphäre, ein wärmeres Klima und flüssiges Wasser gehabt hat. Das sind

Grundvoraussetzungen für Leben. Ursprünglich haben die Forscher gedacht, daß die Bausteine des Iebens erst auf der Erde hergestellt werden mußten. Es ist aber eher wahrscheinlich, daß die Fülle von organischen Substanzen sozusagen von außen zugeliefert wurden. Man weiß heute, daß es in den kosmischen Staubwol-

ken nur so von organischen Molekülen wimmelt. Auch in den Meteoriten, die auf der Erde einschlugen, haben Wissenschafter organisches Material nachgewiesen.

Das gleiche gilt wahrscheinlich für den Mars. Das wirkliche Wunder für mich ist die relativ kurze Zeit, innerhalb der sich daraus lebendige Systeme entwickeln konnten. Dazu braucht man die entsprechenden Umweltbedingungen. In unserem Sonnensystem gab es dafür zwei Kandidaten und auf beiden hat sich offensichtlich Leben entwickelt.

dieFurche: Muß man jetzt nicht annehmen, daß die Entstehung des Lebens durchaus kein zufälliger Prozeß ist, sondern sich zwangsläufig unter geeigneten Bedingungen auf die gleiche Weise entwickelt'

BAUER: Es scheint fast so zu sein, daß sich unter den entsprechenden Bedingungen zwangsläufig zumindest primitives Leben entwickelt.

dieFurche: Wieviel Leben gibt es dann in unserem Universum? Bauer: Diese Wahrscheinlichkeitsrechnungen sind reine Spekulationen. Tatsächlich hat man aber in der Milchstraße bereits zehn Planeten entdeckt. Die sind allerdings schwerer als der Jupiter und daher gasförmig. Da kann mit großer Sicherheit kein Leben existieren.

Es liegt in der Natur der Sache, daß man zuerst die großen Planeten entdeckt, es gibt daher wahrscheinlich auch kleinere. Trotz der vermutlich Milliarden von Planetensystemen in

unserem Universum reduziert sich die Zahl von jenen, die eine Heimstätte für lebendige Systeme in sich tragen, gewaltig.

Man darf aber auch nicht vergessen, daß die Erde für Milliarden von Jahren nur von Mikroben bevölkert war. Der wirkliche Schritt, die Ausbreitung von Leben auf den Kontinenten, fand ja erst vor 600 Millionen Jahren statt. Und wenn wir gar an die Tierwelt oder an uns Menschen denken, dann sind sie in der „letzten Sekunde" passiert. Die Entwicklung vom primitiven bis hin zu einem weit fortgeschrittenen Leben kann Milliarden Jahre dauern.

Primitives Leben ist nahezu eingebaut. Es ist aber äußerst unwahrscheinlich, daß dabei etwas „menschenähnliches" herauskommt. Das heißt aber nicht, daß wir als Intelligenz alleine im Universum sind.

dieFurche: Müssen jetzt nicht einige Lehrmeinungen über Bord geworfen werden, so wie damals, als wirfeststellen mußten, daß die Erde dovh nicht der Mittelpunkt des Universums ist? bauer: Das würde ich nicht sagen. Diese Entdeckung bedeutet nur, daß das lieben ein wichtiges Prinzip unseres Universums ist. Unsere erdbezogene Interpretation ist etwas anderes. Ich finde die Vorstellung phantastisch, daß unser ganzes Universum „lebt", oder zumindest die Möglichkeit von Leben in sich birgt. Meiner Meinung nach ist das überhaupt keine Kontroverse mit irgend einem Weltbild. Wir machen unser Weltbild ja auf Grund unseres Wissens.

dieFurche: GM es die Möglichkeit, daß man heute auch noch Leben auf dem Mars findet?

bauer: Es scheint eine Periode gewesen zu sein, die leider unwiderruflich verschwunden ist. Man vermutet heute, daß die drastische Veränderung der Mars-Atmosphäre durch den Einschlag riesiger Meteoriten verursacht wurde. Auf der Erde gab es zwar auch diese Meteoriteneinschläge, aber die Erde ist wesentlich größer als der Mars und hat dieses Bombardement weitaus schadloser überstanden. Es gibt Vermutungen, und die sind nicht ganz von der Hand zu weisen, daß es auch heute noch Leben auf dem Mars gibt, etwa im Eis der Polkappen. Man hat beispielsweise ja auch unter dem antarktischen Eis Bakterien gefunden, also unter Umständen, die äußerst lebensfeindlich sind.

Das Gespräch

führte Monika Kunit

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