"Mind the Brain!": Kritik an Neuromythologie
Der Neuro-Boom hat Neuro-Skepsis provoziert. Nach der Berliner Konferenz "Mind the Brain!" werden nun Ideen diskutiert, um die Hirnforschung neu aufzustellen.
Der Neuro-Boom hat Neuro-Skepsis provoziert. Nach der Berliner Konferenz "Mind the Brain!" werden nun Ideen diskutiert, um die Hirnforschung neu aufzustellen.
Die Hirnforschung blickt auf wahrlich turbulente Ereignisse zurück. Am Anfang wurden die "Dekaden des Gehirns" ausgerufen: Um die Jahrtausendwende beschworen amerikanische und später auch deutsche Politiker das enorme Potenzial der Neurowissenschaften. Die Euphorie erfasste die Fachwelt und die Medien. Aufgerüstet mit High-Tech-Verfahren, schien es nur mehr eine Frage absehbarer Zeit zu sein, bis die Geheimnisse des Menschen biologisch entschlüsselt werden würden. Ob psychische Störungen, kriminelles Verhalten, ökonomische Entscheidungen oder gar spirituelle Erfahrungen - molekulare Einsichten und die neuen Computer-Bilder des Gehirns versprachen eine treffsichere Erklärung der Ursachen.
Dann aber verflog der Optimismus und die zuvor beklatschten Auswüchse der Hirnforschung gerieten in die Kritik: Überzogene Deutungen, Vermarktung der Daten, Banalisierung komplexer Probleme und unhaltbare Zukunftsversprechen zählten da zu den Vorwürfen. Und schließlich wurden die skeptischen Verfechter einer kritischen Neurowissenschaft ihrerseits wieder kritisiert: Ihre Anschuldigungen seien zu pauschal, unfair und überzogen - und würden so erst recht den wissenschaftlichen Fortschritt behindern.
Die vorerst letzte Etappe in dieser Dramaturgie ist jedenfalls eine tendenziell versöhnliche: Ende letzten Jahres fand in Berlin die Konferenz "Mind the Brain!" statt, veranstaltet von der "Berlin School of Mind and Brain" der Humboldt-Universität, besucht von einer breit angelegten interdisziplinären Gruppe, darunter Hirnforscher, Psychologen, Mediziner und Philosophen. Angestrebt wurde ein konstruktiver Dialog der sich widersprechenden Stimmen. Herausgekommen sind nicht zuletzt ein paar grundlegende Ideen für eine "bessere Neurowissenschaft". Diese wurden Anfang des Jahres im Magazin Gehirn und Geist veröffentlicht und nun im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin diskutiert. Worum geht es hier genau?
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