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Mit Röntgenaugen ins All geschaut

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Vielleicht gibt es auf einem Planeten eines fremden Sterns intelligente Wesen, die nicht Augen wie wir haben, sondern Röntgenstrahlen wahrnehmen. Freilich dürf te es dort keine Luft geben, die ja die Röntgenstrahlung aus dem Kosmos vollständig schluckt. Ihr Rild des Himmels, um das' Gedankenexperiment dennoch fortzusetzen, wäre völlig anders als unseres, ihre Versuche, den Kosmos zu verstehen, ganz anders als unsere verlaufen. Geräte, die ihnen den Himmel so zeigen könnten, wie wir ihn schon immer sehen, würden ihnen vielleicht ähnliche Erkenntnis-Durchbrüche ermöglichen, wie den irdischen Wissenschaftlern ROSAT, der Satellit, der Rilder des „Röntgenhimmels“ zur Erde funkt.

ROSAT wurde unter Leitung des Physikers Joachim Trümper am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching geplant und vom Flugzeughersteller Dornier gebaut. Gemeinsam mit dem an der Konstruktion beteiligten Rernd Aschenbach und dem Wissenschaftsjournalisten Hermann-Michael Hahn erzählt Trümper nun die Entstehungsgeschichte des 1990 in seine Umlaufbahn geschossenen Satelliten und erklärt die bislang erzielten Ergebnisse. Rei der Durchmusterung des Himmels im Röntgenlicht wurden 120.000 Röntgenstrahlen aussendende Objekte neu erfaßt.

Rei Objekten, in denen energieintensive Prozesse stattfinden und die eine entsprechend energiereiche Strahlung aussenden, enden die Möglichkeiten der klassischen Teleskope und der Spektralanalyse. Röntgensa-telliten wurden entwickelt, als die Möglichkeiten, Sternentstehung, Sternexplosionen (Supernovae), Zusammenstöße von Galaxien, Pulsare, Quasare, geschweige denn die theoretisch noch wahrnehmbaren Prozesse am Rand Schwarzer Löcher zu beobachten, weitgehend ausgereizt waren. Dank den Röntgensatelliten stehen der theoretischen Physik bei der Erklärung dieser Phänomene auch wieder neue empirische Daten zur Verfügung. I/eistungsfähigere Röntgensatelliten sind in Vorbereitung.

Weit oben auf der Liste der erhofften Ergebnisse stehen Aufschlüsse über die Verteilung der Temperatur und der chemischen Elemente im intergalaktischen Gas und somit über das Tempo, in dem sich das Universum entwickelt, sowie über die Neutronensterne. Diese haben zwar eine gewaltige Masse, sind aber so klein und dunkel, daß sie bis vor kurzem nicht beobachtet werden konnten. Ihre Existenz wurde bereits in den dreißiger Jahren von der theoretischen Physik behauptet - ROSAT konnte bisher zwei Dutzend davon registrieren, darunter ein Objekt im Sternbild des Schützen, das im Röntgenlicht 7.000mal heller strahlt als im optischen Rereich. Der amerikanische Röntgensatellit AXAF (Start voraussichtlich Ende 1998) und sein europäisches Gegenstück XMM (1999) sollen weitere Aufschlüsse über diese Gebilde liefern, die der russische Physiker I,ev Landau die „unheimlichen Sterne“ nannte.

DER UNSICHTBARE HIMMEL

Röntgenaslronomie mit ROSAT. Von p Bernd Aschenbach Hermann Micha cl Halm und Joachim Trümper. Wm Verlag Birkhäuser, Basel 1996. 176 Seiten, 80 Färb- und30s./w.-Bilder, geb., öS 570,-

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