Müssen Kinder fasten?

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In den letzten Tagen erreichten mich viele Anfragen von Schulleitern, Lehrkräften, Politikern, Journalisten u. a. Interessierten, die wissen wollten: Müssen Kinder im Ramadan fasten? - Das Fasten ist eigentlich für gläubige Muslime erst ab dem Alter von etwa 14 Jahren vorgesehen, also mit Beginn der Religionsmündigkeit, nicht früher. Speziell in den Sommermonaten gibt es immer wieder Diskussionen darüber, ob es sinnvoll ist, dass Schüler den Tag über auf die Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit verzichten. Grundsätzlich gilt ein Fastenverbot, wenn der Fastende durch das Fasten Schaden davontragen würde. Dieser kann physischer oder geistiger Natur sein. Wenn das Fasten also dazu führt, dass es Kindern in der Schule nicht gut geht, sie nicht am Sportunterricht teilnehmen können oder in Prüfungen schlecht abschneiden, dann gilt ein Fastenverbot. Es obliegt allerdings dem Einzelnen zu entscheiden, ob er fasten kann, ohne Schaden zu nehmen. Es gibt daher keine allgemeine Festlegung, ob etwa das Fasten in der Prüfungsphase zumutbar ist. Es gibt Menschen, die konzentrierter denken und arbeiten können, wenn sie fasten, bei anderen ist das Gegenteil der Fall. Der Ramadan darf auf jeden Fall nicht als Entschuldigung dafür herhalten, nicht am Sportunterricht teilzunehmen. Auf der anderen Seite darf aber niemand, der nicht fastet, dafür herabgewürdigt werden.

Was ich in all diesen Diskussionen vermisse, ist die Betonung des spirituellen und ethischen Charakters des Fastens. Fasten wird meist auf die physische Dimension reduziert. Eltern sollten bei den Kindern ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es beim Fasten vor allem darum geht zu lernen, sich im Griff zu haben, auf schlechte Eigenschaften und Verhaltensmuster zu verzichten und sich intensiver für das Gute, für Nächstenliebe einzusetzen. Das ist die viel wichtigere Heranführung an das Fasten.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster

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