Nanos im Essen – Die chemischen Winzlinge kommen

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In seinem 2008 veröffentlichten Bericht „Aus dem Labor auf den Teller. Die Anwendung der Nanotechnologie im Lebensmittelsektor“ konnte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland 94 Nanoprodukte identifizieren, die in Deutschland bereits gekauft werden können. Diese Zahl ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs. Wenig erfreulich, so ist zu lesen, legen nicht alle Hersteller die Verwendung von Nanomaterialien offen.

Nanomaterialien sind künstlich auf Nanogröße verkleinerte Chemikalien, die völlig andere, neue Eigenschaften haben als dieselben Stoffe in größerer Form. Als Nanomaterialien werden Stoffe bezeichnet, deren Größe in mindestens einer Dimension 100 Nanometer (nm) oder weniger beträgt. Sie können eine andere Farbe, andere Löslichkeit oder andere elektrische Eigenschaften besitzen. Obst, das auch nach Wochen in der Frischhaltebox wie gerade gepflückt aussieht, Lebensmittel, deren Vitamingehalt den Körper überfordert, Hemden, von denen selbst Rotwein einfach abperlt – das alles bringt uns die schöne neue Nanowelt. Welche Produkte bereits die winzigen Teilchen enthalten, ist unklar, denn es gibt keine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht.

Lebensmittelkonzerne haben schon vor geraumer Zeit begonnen, sich Patente zur Anwendung der Nanotechnologie für Herstellungsverfahren zu sichern. Auf Vorrat, denn einige können nicht bestimmten Endprodukten zugeordnet werden, haben aber hohes Potential für künftige Anwendungen.

So hält etwa eine Nürnberger Firma ein Patent für ein Verfahren zur Herstellung von langzeitstabilen Dispersionen. In der Lebensmittelproduktion können damit kalorienarme Lebensmittel hergestellt werden.

Die Nano-Wurst

Bei der industriellen Fertigung und Konservierung von Wurst- und Fleischwaren werden viele Zusätze genutzt, um die Produktion zu beschleunigen, die Farbe stabil zu halten und den Geschmack zu „verbessern“. Bereits seit 2006 sind diese Zusätze in Deutschland auf dem Markt. Das deutsche Fachmagazin „Fleischwirtschaft“ brachte schon 2006 erste Nano-Rezepturen. Die Verwendung von sogenannten Mizellen bringe „beträchtliche Vorteile“ bei der Fleischverarbeitung: schnellere Verarbeitung, billigere Zutaten, höhere Farbstabilität. In flüssiger Form gebrauchsfertig und einfach anzuwenden. Dem Verbraucher dagegen bieten sie keinerlei offensichtliche Vorteile. Kennzeichnungen gibt es bisher nicht. Neue Untersuchungen haben anorganische und unlösliche Nanopartikel ohne jeglichen Nährwert in Lebensmitteln nachgewiesen, die anscheinend unbeabsichtigt entstehen. In etwa 40 Prozent der Proben von Brot und Keksen wurden Verunreinigungen durch Nanopartikel nachgewiesen. Durch Nano-Beschichtungen von Maschinen in der Lebensmittelherstellung könnte künftig die unbeabsichtigte Kontamination von Lebensmitteln zunehmen.

Weltweit existieren noch keine nanospezifischen Regelungen. Vor dem Gesetz werden Nanomaterialien genauso wie größere Teilchen des gleichen Stoffes behandelt, obwohl bekannt ist, dass sie neue Eigenschaften besitzen und dadurch auch neue Risiken bergen. Wurde der Stoff in größerer Form bereits getestet, so gilt auch die Nanoform als geprüft. Wie aktive Nanostrukturen gesetzlich reguliert werden könnten, ist noch vollständig ungeklärt. Daraus resultierende Belastungen sind bisher weitestgehend unbekannt.

Mehr Transparenz würde Unklarheiten beseitigen und letztendlich eine positive fundierte Auseinandersetzung sowohl mit den Vorteilen als auch mit potenziellen Risiken fördern. (F. M.)

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