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Oberösterreichische Geschichte

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Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich. Von Alfred H o f f m a n n. Band I, Werden, Wachsen, Reifen. Von der Frühzeit bis zum Jahre 1848. Hg. im Auftrag der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich von Dr. V. Kotzina. Verlag O. Müller, Salzburg 1952, Lw., 624 Seiten, 24 Bildtafeln.

Unter den in den letzten Jahren von den Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft herausgegebenen historischen Darstellungen verdient der der Wirtschaftsgeschichte Oberösterreichs gewidmete Band von Alfred Hoffmann eine eingehendere Würdigung. Das vom Verlag geschmackvoll ausgestattete Werk gibt in umfassender Schilderung ein eindrucksvolles Bild der Wandlungen des ökonomischen Gefüges des Landes zwischen Enns und Inn von den Anfängen menschlichen Schaffens bis zur Industrialisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Autor, dem wir mehrere bedeutsame Abhandlungen über die Wirtschafts- und Sozialgeschichte der oberösterreichischen Städte im Mittelalter verdanken, hat diesmal mehr Gewicht auf die Darstellung späterer Epochen gelegt. Dem Frühkapitalismus des sechzehnten und dem Merkantilismus des ausgehenden siebzehnten Jahrhunderts, schließlich dem „Universal-Kommerz“ des aufgeklärten Absolutismus gilt der größere Teil seiner Ausführungen. Es konnten natürlich auch die verschiedenen Sektoren des Wirtschaftslebens nicht schematisch gleichmäßig behandelt werden. Entsprechend der Eigenart des Landes stehen Salinen und Eisenindustrie, Leinenerzeugung und Tuchfabrikation stark im Vordergrund, ebenso der Handel mit den in diesen Industrien gewonnenen Produkten; es werden aber auch der gerade für Oberösterreich sehr wichtige Transithandel und das Verkehrswesen ausführlich gewürdigt. Erfreulicherweise beschränkt sich der Verfasser nicht auf einen eng gefaßten Wirtschaftsbegriff, sondern stellt Siedlungswesen und Bevölkerungsbewegung, Sozialstruktur, Verfassung und Verwaltung des Landes in den Kreis seiner Betrachtungen. In den meisten Kapiteln ist dabei mehr primäre Quellenforschung spürbar, als das sonst bei zusammenfassenden Darstellungen größeren

Rahmens der Fall zu sein pflegt. Wenn ein Einwand erhoben werden soll, ohne damit der Gesamtleistung Abbruch tun zu wollen, dann höchstens gegen die gelegentliche Betonung der Ausbildung einer ökonomischen Einheit der Landeswirtschaft, einer Art Wirtschaftsprovinzialismus seit dem Spätmittelalter. Sympathisch berührt die undogmatische, wirklichkeitsnahe und großzügige Gesamthaltung des Werkes, der Verzicht auf die künstliche Verengung des Blickfeldes durch Theorie oder Konstruktion. Das Werk Hoffmanns ist ein wirklicher Gewinn für den Historiker.

Univ.-Prof. Dr. Erich Zöllner

Die Schiffahrt und Flößerei im Räume der oberen Donau. Von Ernst Neweklowsky, 1. Band, Oberösterreichischer Landesverlag, Linz, 623 Seiten und 140 Bilder sowie Tafelbilderatlas in 17 Tafeln. Preis 147 S.

Das vorliegende Buch faßt Ergebnisse jahrzehntelanger Studien zusammen. Der Verfasser hat als langjähriger Beamter und schließlich als Leiter der Strombauleitung in Linz die Gelegenheit benützt, seinen Beruf wissenschaftlich zu vertiefen; zunächst in technologischer, sodann in volkskundlicher Hinsicht; er ist sodann auf diesem Wege über den Sammler hinausgewachsen und zum Geschichtsschreiber herangereift. Sein Werk gleicht jenem von Carl S c h r a m 1 über das oberösterreichische Salinenwesen: der Techniker und Historiker reichen sich in ihm die Hand; gerade in diesem Verbundensein liegt der Wert des Buches. Erfordert schon ein solches Vorhaben einen ganzen Mann, so tritt heute noch hinzu die Schwierigkeit der Drucklegung. Es bedeutet viel und spricht wieder für den Wert der Leistung, daß es dem Verfasser gelungen ist, die hohen Kosten durch Druckzuschüsse herabzusetzen, so daß das Erscheinen in der von Doktor Franz Pfeffer herausgegebenen Schriftenreihe des Institutes für Landeskunde von Oberösterreich ermöglicht wurde. Register und Quellenverzeichnis sind dem zweiten Band vorbehalten.

Die Donau, der wichtigste Strom in Europa als Vermittler zwischen Westen und Osten, erfährt hier in seinem Oberlauf eine Behandlung, wie sie noch keinem anderen Wasser zuteil geworden ist; dabei werden auch die Nebenflüsse herangezogen; es ist eine Strecke von der Mündung der Iiier

oberhalb Ulm, wo die Donau schiffbar wird, bis Wien, ja zum Teil darüber hinaus. Der Verfasser behandelt zunächst die Geschichte der Schiffahrt, bespricht ferner den Weg der Fahrzeuge, die Fahrt der Schiffe und endet mit der RuderSchiff-fahrt und Flößerei auf dem Hauptstrom und seinen Nebenflüssen. Es ist ein gediegenes Werk, für das wir dem Verfasser Dank schulden und das wirklich verdient, gelesen und verbreitet zu werden. Die Ausstattung (Einband, Druck und Papier) und nicht zuletzt die schönen Bilder verdienen anerkennend bemerkt zu werden.

Landesarchivdirektor Dr. Ignaz Zibermayr •

Kärntens Burgen, Schlösser und wehrhafte Stätten. Von Franz X. K o h 1 a. Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie. Geleitet von Dr. G. M o r o. Herausgegeben vom Geschichtsverein für Kärnten. 38. Band. 374 Seiten. 1953, Verlag des Geschichtsvereines für Kärnten, Klagenfurt. Druck Ferdinand Kleinmayr, Klagenfurt.

Zu den jüngst erschienenen Publikationen auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Burgenforschung muß zweifelsohne dieses in jeder Beziehung vorbildliche Werk, das der Verfasser als einen „bescheidenen Anfang • einer umfassenden heimatlichen Burgenforschung“ bezeichnet, an die erste Stelle gesetzt werden. Vollständigkeit wäre ' auch hier der Tod jeder Wissenschaft. Eine knappe Charakterisierung und die wichtigsten Daten auf Grund der reichen Literatur, vor allem aber zahlloser Wanderungen, Erhebungen und Prüfungen, mit nicht weniger als 164 Abbildungen, Lageplänen, Skizzen und Zeichnungen — letztere aus der Hand des größten Kärntner Meisters, Markus Pernhart — machen dieses auch drucktechnisch einwandfreie Werk zu einem unentbehrlichen Nachschlagebuch jedes Heimatforschers. Dem berufenen Verfasser sowie allen Faktoren, die sich um die Drucklegung bemüht haben, ist der Dank aller Geschichtsfreunde gesichert. P. Dr. Benno Roth OSB. *

Jacques Coeur, der königliche Kaufmann. Von

Hendrick de Man. A. Francke-Verlag, Bern. 258 Seiten.

Um die Gestalt Jacques Coeurs, des „königlichen Kaufmannes“ und des Erstlings unter den modernen Finanzmagnaten, entwirft Hendrik de Man ein Bild nicht nur einer der entscheidenden Epochen der französischen Geschichte — der Zeit Karls VII., des hundertjährigen Krieges, der Zeit der Jungfrau von Orleans —, sondern darüber hinaus ein Bild des absterbenden Mittelalters, der eigenartigen Verknüpfung des aufsteigenden modernen Staates, des Absolutismus, mit dem Erwachen bürgerlicher Kultur, den ersten Vorboten des ',' Geistes moderner Technik und dem Vergehen des adeligen Lehensstaates. Mit der Fähigkeit ungemein lebendiger Gestaltung seines Gegenstandes läßt uns Hendrik de Man das Aufkeimen jener sozialen Kräfte erleben, die bis ,in unsere Zeit hinein die Geschichte und Geschicke der westlichen Kultur bestimmt haben. Die Zeit, die wir hier z. T. bis in die Einzelheiten kennen lernen, zeigt diese sozialen Kräfte noch nicht in vollem Eigenleben. Es ist die Zeit, da schicksalhaftes und schuldhaftes Versagen auf der einen Seite und gesteigertes Bewußtsein und neue Gestaltungskraft auf der anderen aufeinanderstoßen, ohne noch zu wissen, daß Dinge vorgehen, die die Zukunft entscheiden werden. Noch hat das aufstrebende Bürgertum keine eigene Gestalt. Noch sind es einzelne, z. T. abenteuerliche Persönlichkeiten, in denen man die Tugenden und die Laster, das Können und das Versagen einer ganzen Epoche, die kommen soll, am Werk sieht. Solch eine Persönlichkeit ist Jacques Coeur, dessen Lebensgeschichte der rote Faden ist, der sich durch das Buch zieht.

Hendrik de Man hat als gewissenhafter Historiker geschrieben, der sich nirgends in den Dienst einer Geschichtstheorie oder einer Ideologie stellt. Nur ganz selten wird es bemerkbar, wie schwer es ist, Vergangenes darzustellen, ohne daß sehr gegenwartsbezogene Stellungnahmen durchscheinen. Das Buch ist eine schöne Gabe, die man mit Interesse liest. Die große Zahl guter Bildwiedergaben verlebendigt es in der erfreulichsten Weise. Univ.-Prof. Dr. Ferdinand C. Westphalen •

Schöpfung und Entwicklung in der Weltgeschichte Historia mundi, Handbuch der Weltgeschichte, I. Bd.: Frühe Menschheit. Francke-Verlag,Bern, 1952.

Der 1950 verstorbene Universalhistoriker Fritz Kern hatte es sich zum Ziel gesetzt, die namhaftesten kulturhistorisch orientierten Historiker zu einem großen Handbuch der Weltgeschichte zu vereinen. Es sollte — zum ersten Male seit dem Kriege — eine wahrhaft übernationale, neue Weltgeschichte auf dem Boden der Wissenschaft unserer Zeit- entstehen, weder europazentrisch noch enteuropäisiert, ohne nationale wie internationale Vorurteile. Trotz der enormen Schwierigkeiten eines solchen mondialen Unternehmens konnte jetzt der erste der zehn Bände erscheinen und man darf sagen, daß er alle Erwartungen weit übertrifft. Die vorgefaßte Universalität wurde bestens gewahrt und überdies hat Kern mit bewundernswert sicherem Griff die besten Fachgelehrten von internationalem Ruf zu gewinnen verstanden.

Was in den einzelnen Beiträgen entwickelt wird, ergibt eine Kulturgeschichte, für die das evolu-tionistische „allmähliche Werden“ ein „Schritt, für Schritt“ bedeutet, deren jeder auf einer anderen Seinsebene liegt und einer völlig neuen geistigen Situation entspricht. In dieser Sicht schreiben die Anthropologen A. Portmann (Basel),

J. Kälin (Fribourg) und H. Vallois (Paris) über das Ursprungsproblem des Menschen und die ältesten Menschenformen, im zweiten Abschnitt behandeln nach dem ethnologisch ausgerichteten E. Frh. v. Eickstedt (Mainz) international bekannte Autoritäten die Biodynamik aller Erdteile (B. Lundman-Uppsala, H. Baumann-Frankfurt am Main, S. Alcobe y Noguer-Barcelona, J. Imbelloni-Buenos Aires, R. Biasutti-Rom, I. Schwidetzky-Mainz).

Den eigentlichen Kern des Geschichtswerkes bildet die Frühgeschichte in Bearbeitung der prominentesten Fachgelehrten O. M e n g h i n, Buenos Aires (urgeschichtliche Grundfragen), H. Breuil, Paris (Kultur des Altpaläolithikum), A. Rust, Hamburg (Jungpaläolithikum), J. G. D. Clark, Cambridge (Mesolithikum), die Probleme der ältesten Kunst der Menschheit werden von H. Sedlmayr, München (Grundfragen) und von F. E p p e 1, Wien (Entwicklungsprobleme) behandelt. Den zweiten kulturgeschichtlichen Abschnitt bildet die ethnologische Darstellung lebender Völker als Reste ältester Völker von P. W. Schmidt SVD. (Fribourg) und K. J. Narr (Bad Honnef).

Die seit jeher bestehende Begabung der Wiener Schule für Fragen des Methodischen und Prinzipiellen hat es zur Folge, daß der tragende Rahmen

der kulturgeschichtlichen Beiträge des Handbuches von besten Vertretern der Wiener Schule stammen: vom Nestor W. Schmidt, von Oswald Menghin (Schüler Schmidts), von Hans Sedlmayr (Schüler Strzygowskis, des Begründers der Wiener kunstwissenschaftlichen Schule) und von Franz Eppel (Schüler Menghins und Sedlmayrs). Sie sind die einzigen an dem gewaltigen Geschichtswerk beteiligten Oesterreicher, von denen heute Schmidt in Fribourg-Posieux, Menghin in Buenos Aires, Sedlmayr in München und einzig Eppel in Oesterreich lebt.

Man merkt diesem Geschichtswerk sein Geburtsjahr in einer Zeit des Kampfes um eine freie Welt deutlich an: in den Mittelpunkt gestellt wird der freie individuelle Mensch und das Ringen der Wissenschaft geht darum, aus dem anonymen Kollektivbegriff „Kultur“ den Menschen, seine Familie und Sippe, den Handwerker, den Künstler u. s. f. herauszulösen. Aufgehoben wird der Determinismus* der stringenten Zyklentheorien, deren eherner Rhythmus schließlich zum Evolutionsfaktor schlechthin erhoben worden war. Freiheit, Verantwortlichkeit, Sünde und Strafe werden somit wieder zu konstitutiven Merkmalen des Menschen und statt einen „instinktgesteuerten“ Halbaffen sieht man wieder den Vollmenschen mit primitiver, frühzeitlicher Kultur, die sich nicht von ■selbst entwickelt, sondern die vom Menschen in ständig neu entfalteten Bildungen entwickelt wird. So gelangt man, ganz im Sinne Fritz Kerns, zu einer „Historia perennis der menschlichen Substanz“.

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