Pilze Hallimasch - © Armin Walcher / GU Verlag

Pilze: Suppe wie früher

19451960198020002020

Pilze haben einen einzigartigen Geschmack und gelten als vielversprechender Fleischersatz. Und sie können die besten Kindheitserinnerungen wiedererwecken. Ein Besuch beim Spitzenkoch Rudi Obauer.

19451960198020002020

Pilze haben einen einzigartigen Geschmack und gelten als vielversprechender Fleischersatz. Und sie können die besten Kindheitserinnerungen wiedererwecken. Ein Besuch beim Spitzenkoch Rudi Obauer.

Werbung
Werbung
Werbung

Mittlerweile weiß ich, dass keine Schwammerlsuppe der Welt so gut schmecken kann wie die meiner Kindheit: eine Mischung aus blättrig geschnittenen Pilzen, gerösteten Zwiebeln, Petersilie und viel Rahm. Essen als reines Glück, ungetrübt von Nährwertanalysen und Kalorienangaben. Doch der erwachsene Zugang zum Pilze-Essen trübt den Genuss nicht. Im Gegenteil, man tut sich etwas Gutes, wenn man Schwammerl isst: Denn sie enthalten Kalzium, Magnesium, andere Mineralstoffe und Spuren­elemente wie Mangan, Zink und Selen, die das Immunsystem stärken.

Auch das Geschmackserlebnis der Kindheit bekommt eine rationale Erklärung nachgeliefert: Pilze sind reich an essenziellen Aminosäuren, und die machen den Geschmack – vor allem die natürliche Aminosäure Glutamat, die als Geschmacksverstärker mittlerweile industriell hergestellt wird. „Umami“ nennt man diese fünfte Geschmacksrichtung, die manche Pilze besonders hervorbringen, wie Steinpilze oder Shiitakepilze. Die japanischen Wörter „umai“ und „mi“ bedeuten wörtlich übersetzt „einfach köstlich“.

Birkenpilze: Freudige Aussichten

Pilze sind auch eine gute Eiweißquelle, was besonders für Veganer interessant ist. Daneben beinhalten sie Vitamine, vor allem solche aus der B-Gruppe. Manche enthalten auch Vitamin C und sogar Vitamin D, das man sonst nur durch die Sonne aufnimmt. Allerdings gilt das nur für Pilze, die frei auf Wiesen und in Wäldern wachsen. Denn ähnlich wie Menschen nehmen Pilze das Vitamin D über die UV-Strahlung der Sonne auf.

Das tun auch die Birkenschwammerl, die wesentlich zur Kulinarik in meinen Kindheitstagen beitrugen. Sie heißen so, weil ihr Stiel mit seiner schwarzen Zeichnung aussieht wie der gleichnamige Baum. Außerdem wächst er im lichten Schatten am Waldrand, gut versteckt im Gras, eben unter Birken. Selten versteckten sich die Birkenpilze nicht gut genug, und ich spüre heute noch die aufgeregte Freude bei ihrem Anblick. Die ganze Familie rückte aus in den Wald – im frühen Herbst, wenn es noch warm, aber nicht mehr heiß war; wenn es genügend Feuchtigkeit gab, aber noch keine Nässe. Spazierengehen war etwas für die „Leute in der Stadt“. Wenn wir uns auf den Weg machten, dann ganz pra­gmatisch: etwa zum Schwammerlsuchen.

Ganz anders Rudi Obauer, der seit fast drei Jahrzehnten im Pongauer Werfen auf höchstem Haubenniveau kocht. Als Kind wäre er lieber mit den Freunden baden gegangen, als mit der Familie im Wald Schwammerl zu suchen, erzählt der Salzburger Spitzenkoch.

Veggie-Burger mit Riesenchampignon

Seit Langem hat er diese Aufgabe an seine Mitarbeiter delegiert, die ihm Herbsttrompeten, Reizker, Parasol, Eierschwammerl, Steinpilze und viele andere Sorten sammeln. Natürlich macht er daraus auch raffinierte Kreationen, aber die Klassiker wie Rahmschwammerl mit Knödel oder ein gebackener Parasol sind obligat. Denn was man als Kind besonders mochte, schreibt sich tief ins Geschmacksgedächtnis ein.

Obauer betont, wie wichtig für ihn die Bodenhaftung ist. Er meint damit die wertschätzende Haltung gegenüber den regionalen Lebensmittelproduzenten, aber auch den Naturschätzen: Für ihn sind die Pilze der umgebenden Wälder genauso wertvoll wie schwarze oder weiße Trüffel. Denn gute Küche habe nichts zu tun mit dem Preis der Zutaten. Wie aber kann man Schwammerl so zubereiten, dass sie aromatisch bleiben und nicht „lätschert“ werden? Unbedingt müssen die Pilze frisch sein, rät der Experte, sie sollten keine dunklen Stellen haben, und wenn man sie drückt, dürfen sie nicht nachgeben. Reste von Erde sollte man mit einem kleinen Messer abkratzen, auf alle Fälle nur trocken putzen. Eine weite Eisenpfanne erhitzen, Butterschmalz rein, und dann muss es schnell gehen: die Pilze möglichst kurz anbraten, salzen, pfeffern, eventuell ein bisschen Knoblauch und fertig.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung