Rund um das Osterei

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Das Osterei gehört zu Ostern wie der Tannenbaum zu Weihnachten. Der Kult um das Ei ist älter als das Christentum. Schon früh jedoch wurde es mit Ostern in Verbindung gebracht.

Bald ist im Dorfe weit und breit/Mann, Weib und Kind in Tätigkeit/Um zu den obgedachten Zwecken/In Scheunen, Ställen und Verstecken/In unwirtsamen dunklen Ecken/Des Huhnes Eier zu entdecken. Diese Verse von Wilhelm Busch zeugen davon, dass in früheren Zeiten das Suchen von Eiern zu Ostern keineswegs bloß ein kindliches Vergnügen war. Bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es im Brauchtum verschiedene Eierspiele für Erwachsene: Eierwerfen, Eierfangen, Eiersammeln, Eierlesen, Eierwettläufe, Münzwerfen. Vereinzelt werden solche Eierspiele noch heute praktiziert, doch weit verbreitet geblieben sind nur das Eiersuchen und das Eierpecken, als österliche Rituale für Kinder. "Die Eierspiele sind zu Kinderbräuchen abgesunken“, erklärt Claudia Peschel-Wacha, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Österreichischen Museums für Volkskunde in Wien.

"Gleich einem Ei springt das Grab auf“

Das Osterei gehört zu Ostern wie der Weihnachtsbaum zu Weihnachten. Der Kult um das Osterei ist wohl älter als das Christentum, sein Ursprung liegt im Dunklen. Vermutlich spiele das Ei seit dem siebenten oder achten Jahrhundert eine wichtige Rolle zur Osterzeit, glauben Ethnologen. Nachweislich verwendet wurde das Wort "Osterei“ erstmals 1615 in Straßburg. Auch in dem bekannten Gemälde "Der Kampf zwischen Karneval und Fasten“ von Pieter Breughel dem Älteren (1559), das im Kunsthistorischen Museum in Wien zu bewundern ist, sind an zentraler Stelle Eier in einem Korb drapiert. Der Brauch ist so tief verwurzelt, dass ihm selbst die Reformatoren, die von der Kanzel aus gegen den Ostereikult zu Felde zogen, nichts anhaben konnten. In protestantischen Ländern wurden das Osterei und die damit verbundenen Gebräuche in eingeschränkter Form geduldet, wie der Ethnologe Dietz-Rüdiger Moser in seinem Standardwerk "Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf“ (1993) erläutert.

Dass das Ei zu Ostern seinen großen Auftritt hat, liegt zum einen an seiner symbolischen Bedeutung. In der christlichen Ikonografie steht das Ei - unter anderem - für Auferstehung. Im Mittelalter waren Eier als Grabbeigaben üblich. Doch das Ei wurde schon früh auch unmittelbar mit der Auferstehung Christi in Verbindung gebracht: "Gleich einem Ei springt das Grab auf“, schrieb Ephräm der Syrer, ein Kirchenlehrer des vierten Jahrhunderts.

Die prominente Rolle, die das Ei zu Ostern spielt, hat aber auch ganz praktische Gründe: Der Verzehr von Eiern ist in der Fastenzeit untersagt, sie galten im Mittelalter als "flüssiges Fleisch“. Daher versuchten die Bauern, vor Beginn der Fastenzeit die Anzahl ihrer Hühner zu reduzieren. In der Faschingszeit wurden Abgaben an die weltliche oder geistliche Obrigkeit gerne in Form von Hühnern geleistet. Der mancherorts noch existierende Brauch, Umzugswägen im Fasching mit toten Hühnern zu behängen, gibt Auskunft darüber, dass Hühner vor der Fastenzeit vermehrt auf dem Speiseplan standen. Obwohl auch in der Fastenzeit Eier als Währung für Abgaben und Löhne dienten, sammelte sich in den 40 Fastentagen bis zum Osterfest ein wahrer Eierberg an. Dieser musste abgebaut werden. Da lag es nahe, den erhöhten Verbrauch von Eiern zu ritualisieren.

Ostereier werden nicht nur hart gekocht und dann verspeist, sondern auch in allerlei regionalen Osterspeisen verarbeitet. In der Gegend von Schärding zum Beispiel wird in speziellen Formen der sogenannte Oakaas ("Eierkäse“) zubereitet, ein üppiges Gebäck aus Eiern, Milch, Zucker und Rosinen. Auf dem bereits erwähnten Breughel-Gemälde, das einen faszinierenden Einblick in das Leben der Menschen im 16. Jahrhunderts erlaubt, bereitet eine Frau eine wohl ähnliche Osterspeise in einer Model über offenem Feuer zu.

Erst durch die österliche Speiseweihe wird ein gewöhnliches Ei zum Osterei. Ein ganz besonderes Ei ist das sogenannte Antlass-Ei. So wurden - und werden mancherorts noch immer - jene Eier genannt, die am Gründonnerstag gelegt wurden. "Antlass“ daher, weil früher am Gründonnerstag die Sünder, die ab Aschermittwoch buchstäblich in Sack und Asche gingen, aus ihrer Buße entlassen und wieder in die Gemeinde aufgenommen wurden. Den Antlass-Eiern werden ganz besondere Kräfte nachgesagt. Ihr Verzehr schützt vor Krankheiten, sie werden im Dachstuhl versteckt oder vor der Türschwelle vergraben, um das Haus zu schützen, oder sie werden am Feld verbuddelt, um eine gute Ernte zu garantieren. Ein steirisches Brauchbuch berichtet, dass im Ennstal Autofahrer als Schutz vor Unfällen Antlass-Eier im Handschuhfach mitführen.

Auch die Verzierung von Ostereiern hat eine lange Tradition. In Deutschland werden gefärbte Eier erstmals im frühen 13. Jahrhundert erwähnt. Später wurden Eier auch bemalt. Ausgeblasene und kunstvoll verzierte Eier wurden zu einer bedeutenden Form der Volkskunst und sind nach wie vor ein wichtiger Zweig des Kunsthandwerks. Berühmt sind die gebatikten Eier aus Mähren, die vor dem Färben mit einem Muster aus Wachs überzogen werden. In Kroatien werden Verzierungen und Sinnsprüche in gefärbte Eier gekratzt. In der Slowakei werden Eier in der Tradition der Rastelbinder kunstvoll mit Draht umwickelt. Den Gipfel stellen wohl die Fabergé-Eier dar, jene kostbaren Kunstwerke mit der Form von Ostereiern, die Carl Peter Fabergé für den Hof des russischen Zaren anfertigte.

Sogar der Ursprung des Osterhasen liegt möglicherweise im Osterei. Unter den Protestanten des 17. Jahrhunderts war der Hase ein beliebtes Motiv auf bemalten Ostereiern und habe von dort aus seinen Siegeszug als Eierbringer angetreten - so zumindest lautet eine der drei Theorien, mit denen die moderne Volkskunde die Entstehung des Osterhasen zu erklären versucht. Die Ethnologin Peschel-Wacha nennt auch die beiden anderen Vermutungen: Zum einen sei die Darstellung von drei Hasen ein altes Symbol für die Dreifaltigkeit, zum anderen könne der Osterhase auf einer Verwechslung basieren. Ostergebäck hatte die Form eines Lammes und könnte aufgrund von Verformung einem Hasen gleich gesehen haben.

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