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Schonend mit dem Wasser umgehen

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Ökologie, Umweltschutz, Nachhaltigkeit und viele einschlägige Begriffe, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten unseren Sprachschatz erweiterten und heute inflationär verwendet werden, waren unter anderer Bezeichnung schon vor über 100 Jahren tägliche Herausforderung und Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung, die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in Österreichs Städten etablierte.

Die Einzelversorgung aus Hausbrunnen in den Ballungsgebieten war bei fehlender ordnungsgemäßer Abwasserbeseitigung hygienisch einwandfrei nicht mehr zu gewährleisten. Durch Wasser verursachte Krankheiten, ja Epidemien waren die Folge. Noch im Jahre 1892 fielen in Hamburg 8.576 Menschen einer Choleraepidemie zum Opfer, auch in Wien gab es in der Mitte des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Typhus- und Choleratote.

Gewässerschutz, Grundwasserschutz und Hygiene, und damit Umweltschutz nach der heutigen Diktion, waren daher für die öffentliche Wasserversorgung schon immer Gebot der Stunde. Die Gefährdungsszenarien haben sich allerdings geändert, sind anders und vielfältiger geworden.

Waren es in den Anfängen der öffentlichen Wasserversorgung fast ausschließlich bakteriologische Verunreinigungen des Wassers, die man heute kennt und durch entsprechende Maßnahmen im Griff hat, so stellt nunmehr die Chemisierung unseres Lebens und unseres Wirtschaftens die Wasserversorgung vor neue Probleme und Herausforderungen. Nitrate, Pflanzenschutzmittel, chlorierte Kohlenwasserstoffe machen auch vor Schutzgebietsgrenzen nicht halt. Die heute verfügbare Technologie der Wasseraufbereitung ermöglicht zwar, all diese unerwünschten Inhaltsstoffe soweit zu reduzieren bzw. zu entfernen, daß die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden und einwandfreies Wasser an den Konsumenten abgegeben werden kann. Doch ist dies eine erwünschte Entwicklung ? Die Wasserwerke als Entsorger und Reparatur-werkstatt verfehlter zivilisatorischer Entwicklung ? Wir sollten, und noch ist dies möglich, durch einen schonenderen Umgang mit unserer Umwelt und auch durch erforderliche politische Vorgaben, erreichen, daß unsere Wasserressourcen, seien es Quellen oder Grundwasser, von vornherein nicht qualitativ beeinträchtigt werden. Dies sollte auch oberste Priorität unserer Umweltpolitik sein.

Vielfach gewinnt man den Eindruck, daß durch eine künstlich herbeigeredete Wasserkrise in Österreich sogenannte Alternativen wie Regen-wassernutzung und andere Formen des Einsatzes von Nutzwasser unbedingt notwendig sind. Das sind sie nicht, wenn wir uns auf mehr Gewässerschutz besinnen.

Das beginnt bereits im Haushalt, wo wir aus falsch verstandener Wasserspargesinnung Wasser durch erhöhten Einsatz von Haushaltschemikalien substituieren und glauben, Hygiene nur durch Einsatz konzentrierter Chemie erreichen zu können. Es setzt sich fort in Industrie, Landwirtschaft und mangelnder Abwasserentsorgung. Reduktion der natürlichen Versickerung durch Versiegelung der Böden, Kanalisierung und Regulierung von Oberflächengewässern tun ein übriges. Gefragt ist ein schonender Umgang mit unserem Wasser!

Graz ist mit der Qualität seines Trinkwassers verwöhnt. Es kann ohne jede Aufbereitung, Rehandlung oder Desinfektion - also vollkommen natürlich - abgegeben werden. Dies erfordert großen Einsatz für Gewässerschutz und Kontrolle. Es gibt kaum europäische Städte dieser Größenordnung, die Wasserversorgung noch in dieser Weise betreiben können.

Was die quantitative Situation der Wasserversorgung in Österreich betrifft, ist festzustellen, daß Wasser -im Gegensatz zu anderen Ressourcen, wie z.B. Erdöl, Erdgas - nicht verbraucht werden kann. Es befindet sich seit Anbeginn der Schöpfung in einem ewigen Kreislauf, dessen Motor die Sonne darstellt. Wir können es also nur ge- und nicht verbrauchen.

Es kommt lediglich darauf an, wie wir es gebrauchen und in welchem Zustand wir es wieder in den Kreislauf zurückgeben.

Bei einem jährlichen Wasserbedarf in Österreich von 2,6 Milliarden m\ davon 0,7 Milliarden für die Trinkwasserversorgung, 0,2 Milliarden für die landwirtschaftliche Bewässerung und 1,7 Milliarden für die Industrie nutzen wir etwa acht Prozent der nutzbaren Vorkommen. Natürlich sind die Vorkommen in Österreich nicht gleichmäßig verteilt. Hier kann ein Verbund den regionalen und überregionalen Ausgleich schaffen.

Nach Ausbau einer kurzen Verbindungsleitung wird in der Steiermark ein Verbund vom Hochschwab über Graz bis ins Leibnitzerfeld mit Einbindung der Weststeiermark realisiert sein.

Philosophie eines derartigen Verbundes ist die Aufrechterhaltung der lokalen Versorgungseinrichtungen. Nicht eine Fernwasserversorgung un ter Aufgabe der lokalen Wasserversorgungseinrichtungen und damit jeglichen Gewässerschutzes ist das Ziel, sondern eine hohe Versorgungssicherheit durch einen Verbund!

All dies kostet auch Geld und hat Einfluß auf den Wasserpreis, der heute in Österreich bei etwa einem bis 1,5 Groschen pro Liter liegt. Der Wasserbedarf ist in Österreich seit Jahren rückläufig. In Graz zum Beispiel betrug der Rückgang seit 1985 über 25 Prozent. Neue wassersparende Geräte im Haushalt, Nutzung der Einsparungspotentiale in Gewerbe und Industrie und im öffentlichen Bereich, aber auch Reduktion der Wasserverluste durch die Wasserversorgungsunternehmen sind Ursache dieses Rückganges.

Eine Prognose der künftigen Entwicklung wird von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation abhängen, von der damit verbundenen Haushaltsgröße und der Entwicklung des Wohlstandes. Soweit diese Entwicklung absehbar ist, dürfte der Rückgang in eine Stagnation des Bedarfes übergehen.

Nun, was bleibt zu fordern? Ein sinnvoller, vor allem schonender Umgang mit unserem wichtigsten Lebensmittel, mehr Wasserbewußtsein, keine Experimente auf Kosten von Qualität und Hygiene. Und von der Politik Rahmenbedingungen für einen möglichst umfassenden Gewässerschutz, der langfristig eine Wasserversorgung ohne Wasserfabriken und hochtechnologische Wasseraufbereitung ermöglicht.

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