Tanzen - © Foto: iStock/101cats

Tanzen: Reizende Signale

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Von archaischen Höhlenmalereien bis zu virtuellen Bewegungen im Cyberspace: Was sagt ein evolutionärer Anthropologe zur Geschichte des Tanzens?

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Von archaischen Höhlenmalereien bis zu virtuellen Bewegungen im Cyberspace: Was sagt ein evolutionärer Anthropologe zur Geschichte des Tanzens?

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Die Frage, wann der Menschen zu tanzen angefangen hat, verliert sich in den Tiefen der Evolution. So gibt es tanzartige Szenen auf Höhlenmalereien, die auf ein Alter von 40.000 Jahren datiert werden. Im antiken Ägypten und Griechenland mehren sich solche Darstellungen von offenbar rituellen Tanzszenen. Mit der kulturellen Entwicklung der Menschheit reift auch die Kunst des Tanzes heran. Und diese Kunst ist in fast allen bekannten Gesellschaften zu beobachten.

„Trotz der vielfältigen Ausdrucksformen ist der Tanz eine Universalie des menschlichen Verhaltens“, sagt Bernhard Fink. „Als Biologe gehe ich deshalb davon aus, dass Tanzen eine entscheidende soziale Funktion erfüllt.“ Entspannung und Wohlbefinden gehören da zweifellos dazu. So hat die US-Anthropologin Judith Lynne Hanna gezeigt, dass sich im Tanzen ein effektives Programm zur Stressreduktion verbirgt. „Man könnte sagen, dass der Tanz uns auf natürliche Weise glücklich macht, indem er die Ausschüttung von körpereigenen Opiaten anregt. Allerdings tanzen Menschen nicht nur zum Vergnügen, sondern sie vermitteln dem Gegenüber dadurch auch Informationen, die gesellschaftliche Entscheidungen beeinflussen“, so der Forscher an der Universität Wien, der die Spuren des tanzenden Menschen verfolgt – weit zurück, bis in unsere archaische Vergangenheit. „Tanz benötigt nicht unbedingt Musik. Allerdings ist es gut vorstellbar, dass der Tanz spontan aus der Kombination mit einem Rhythmus entstanden ist.“ Sich im Takt der Musik zu bewegen, war wohl immer ein Spektakel.

Akrobatische Vögel

Genau genommen stellt sich die Frage, ob sich nicht schon Tiere diese künstlerische Ausdrucksform angeeignet haben. Manche Vogelarten vollführen aufwendige, akrobatische Bewegungen – sowohl in der Luft als auch auf einem Ast. Schimpansen drehen Pirouetten und stampfen rhythmisch in der Gruppe. Sogar Spinnenmännchen scheinen dieser Kunst zu frönen: Sie winken dabei mit ihren Vorderbeinen, um auf sich aufmerksam zu machen.

„Ob Tiere tatsächlich ‚tanzen‘, lässt sich in der Wissenschaft nicht eindeutig beantworten“, sagt Fink. „In einem metaphorischen Sinn tun sie das – man denke nur das populäre Bild des ‚Bienentanzes‘. Tanz ist eine spontane, weckhafte und beabsichtigte Bewegungsform mit ästhetischem Charakter. Es ist fraglich, ob all diese Komponenten bei den bekannten Beispielen aus dem Tierreich gegeben sind. Zweck­bestimmt scheint der ‚Tanz‘ bei einigen Arten durchaus zu sein.“

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