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Ausbildung" ist nie "aus". "Weiterbildung" endet nie. Die Grundausbildung in den Schulen ist nur ein Teil des lebenslangen Lernens. Es gibt leider heute kein "Wissenspaket" fürs Leben mehr. Die Grundausbildung alleine ist heute zuwenig. Man muß heute hauptsächlich das "Lernen lehren". Zu den traditionellen Kompetenzen "Lesen", "Schreiben" und "Rechnen" kommen heute "Informatik" und "Fremdsprachen" (mindestens Englisch) dazu, damit sich der Mensch zukünftig Wissen selbst aneignen kann. Niemand weiß heute, was man in Zukunft wissen muß. Wann soll man jetzt aber was lernen? Wie erkennt ein 30-, ein 40- oder 50jähriger, daß er Weiterbildung braucht?

Der wesentlichste Fehler wird in der Nichtberücksichtigung der Umwelt gemacht: Da es bereits heute fast keinen Unterschied zwischen einem Selbständigen und einem Angestellten gibt, ist der Angestellte für seinen Marktwert selbst verantwortlich. So wie jeder Geschäftsmann für sein Geschäft werben muß und konkurrenzfähige Angebote haben muß, muß auch der Angestellte darauf achten, daß seine Arbeitskraft konkurrenzfähig ist und nicht von jemandem anderen billiger oder besser gemacht werden kann. Man muß die Angst ablegen, daß man seinen Job verlieren könnte.

Nach einer Umfrage bei den 14- bis 24jährigen Österreichern (Fessel+ GfK Institut) gehört ein "sicherer Arbeitsplatz" für 79 Prozent der Befragten zum Lebensglück. 43 Prozent sehen im Lebensglück auch "berufliche Karriere". Aber was tun die Menschen, um diesen "sicheren Arbeitsplatz" zu bekommen, und um "Karriere" zu machen?

Dem Bürger unserer Zeit ist es sehr wichtig, einen Arbeitsplatz zu haben. Das war aber nicht immer so. Noch vor 200 Jahren hatte nur ein geringer Prozentsatz der Bevölkerung einen Arbeitsplatz. Diese Menschen galten aber nicht als privilegiert. Und jene ohne Arbeitsstelle waren auch nicht schlechter gestellt. Das war eben so. Erst heute denkt jeder, er müsse einen Arbeitsplatz haben. Arbeit ist positiv besetzt. Arbeitslos negativ. Unsere Gesellschaft ist heute so reich, daß sie alle Menschen unseres Landes und in den Ländern der westlichen Welt ernähren kann. Es ist also niemand wirklich gefährdet. Legt man diese emotionale Angst ab, ist man augenblicklich besser gestellt und mit dieser freieren Einstellung der Arbeit gegenüber ist man auch erfolgreicher.

Legt man dazu noch die Einstellung ab, daß der Arbeitgeber für die Aus- und Weiterbildung verantwortlich ist, dann hat man einen weiteren Schritt zu einem "sicheren" Arbeitsplatz gemacht. In unserer profit- und shareholderorientierten Arbeitswelt ist es sogar anders als noch vor wenigen Jahrzehnten. Für den Arbeitgeber stellt die Ausbildung der Mitarbeiter einen Kostenfaktor dar, der das Firmenergebnis verschlechtern kann.

Typisch dafür ist die Aussage eines Generaldirektors, der auf die Anfrage, Mitarbeiter zu einem Seminar zu schicken, antwortete: "Wir müssen derzeit sparen. Unser Geschäft geht nicht so gut, daher haben wir alle Mitarbeiterschulungen gestrichen und konzentrieren uns auf das Geschäft". Das klingt wie bei dem dummen Bauern, der sagte: "Der Esel ist doch ein dummes Tier. Jetzt habe ich ihn drei Wochen darauf trainiert, nichts zu fressen und nun ist er gestorben." Der Chef des Industriebetriebs, der in seine Mitarbeiter nichts mehr investiert, kann sich fertig ausgebildete Mitarbeiter vom Arbeitsmarkt holen und die ungeschulten eigenen kündigen. Mit dieser "Mitarbeiterrotation" hat er immer das aktuelle Know-how im Unternehmen und erspart sich den Kostenblock "Ausbildung". Auch die staatlichen Stellen spielen hier mit. Arbeitslose werden umgeschult und weitergebildet, um dann wieder mehr Chancen zu haben, in den Arbeitsprozeß eingegliedert zu werden.

Als Arbeitnehmer kann man mit diesem "Schweinezyklus" leben lernen. Man läßt sich ausbilden und tritt dann in ein Unternehmen ein, bis diese Ausbildung wieder veraltet ist und man gekündigt wird. Über staatliche Zuschüsse unterzieht man sich einer Aktualisierung des persönlichen Wissens, um dann wieder einen Job zu erlangen.

Dieses Wechselspiel kann man sich aber ersparen, wenn man selbst darauf achtet - wie ein selbständiger Unternehmer -, daß man stets am letzten Wissensstand seiner persönlichen Profession und seines Berufes ist. Man fordert diese Weiterbildung im Unternehmen. Ausbildung in Betrieben ist keine "Holschuld", sondern eine "Bringschuld". Man ist persönlich dafür verantwortlich, Ausbildung zu fordern. Jene, die nicht fordern, sind inaktive Mitarbeiter, denen man bei wichtigen Entscheidungen auch weniger Aufmerksamkeit schenkt.

Es gibt natürlich auch Unternehmen, die solchen Weiterbildungswünschen nicht nachkommen wollen. Da bleibt nur mehr der Weg der Eigenfinanzierung der Ausbildung. Als Arbeitnehmer zahlt man sich die Seminare und Kurse selbst, um auf diese Weise nicht an Marktwert zu verlieren. Dabei entsteht meist auch eine ganz andere Beziehung zum eigenen Unternehmen.

Trends zeigen, daß bereits die Mehrzahl der Kurse vom Mitarbeiter selbst bezahlt werden.

Ein praktisches Beispiel dafür sind Computerkenntnisse. Kein Arbeitgeber fragt, woher die Kenntnisse kommen, sie müssen vorhanden sein.

Der Mensch als Arbeitskraft hat einen "Marktwert". Eine Eigenschaft dieses "Marktwerts" ist neben Fleiß, Ausdauer und ähnliches der "Ausbildungsstand". Der Ausbildungsstand, für den man als Mensch auch selbst verantwortlich ist.

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