Hitzewelle
DISKURSVersiegelung: Der Kampf um den Boden
Österreich ist „Europameister“ bei der Bodenversiegelung. Die gesamtgesellschaftlichen Folgen bewegen Raumplaner, Naturschützer und zunehmend auch Bürgerinitiativen.
Österreich ist „Europameister“ bei der Bodenversiegelung. Die gesamtgesellschaftlichen Folgen bewegen Raumplaner, Naturschützer und zunehmend auch Bürgerinitiativen.
Die „Wüste“ nannten die „#Lobau bleibt!“-Aktivisten ihr Besetzungscamp nahe der U2-Station Hausfeldstraße in Wien. In der „Wüste“ konnte man sehen, wie Boden, auf dem kürzlich noch Getreide oder Raps gewachsen ist, für ein Bauprojekt verschwindet: Auf mehr als 100 Metern Breite und 400 Metern Länge wurde der Humus abgetragen, eine Folie aufgelegt, darüber eine Schicht gewalzter Schotter. Der Protest gegen die „Stadtstraße“ war nur die Spitze zunehmenden Widerstands gegen Bauprojekte. In Wiener Neustadt kämpfen Bürgerinnen und Bürger seit Jahren juristisch gegen eine neue Trasse der B17, die sogenannte „Ostumfahrung“. Für die Straße sollen eine Brücke über die geschützte Au an der Warmen Fischa gebaut und rund 20 Hektar Ackerboden zubetoniert werden. In Wien-Ottakring, am Donaufeld und in Oberlaa protestieren Bürgerinitiativen gegen Bauprojekte auf Flächen von Gemüsegärtnereien und Landwirtschaften. Bei St. Valentin (NÖ) wollten sie die Rodung von 9000 Quadratmeter Wald für einen Firmenparkplatz verhindern. Und in vielen alpinen Gemeinden regt sich Widerstand gegen „Chalet-Dörfer“ mit Luxus-Ferienwohnungen.
Langwieriger Humusaufbau
Teils möchten sie eine Zunahme des motorisierten Verkehrs im Wohngebiet oder den Verlust ihres Naherholungsraumes verhindern. Immer häufiger geht es jedoch um gesamtgesellschaftliche Auswirkungen: Klimakrise, Biodiversitätsverlust und Bodenversiegelung. Seit mindestens zehn Jahren weisen Raumplanerinnen und Naturschützer darauf hin, dass in Österreich zu viel Fläche verbaut wird. Obwohl die Raumordnungsgesetze der Bundesländer Ziele zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden beinhalten, werden in Österreich durchschnittlich 11,5 Hektar pro Tag neu „in Anspruch genommen“. Das Umweltbundesamt definiert dies als den Verlust biologisch produktiven Bodens durch Verbauung zwecks Siedlung und Verkehr, für intensive Erholungsnutzungen, Deponien, Abbauflächen, Kraftwerksanlagen „und ähnliche Intensivnutzungen“. Die heimische Nachhaltigkeitsstrategie und das Regierungsprogramm von 2020 geben als Zielwert 2,5 Hektar pro Tag an. Im EU-Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa haben die Mitgliedsländer bis 2050 einen Netto-Neuverbrauch von Null vereinbart. Warum ist das so wichtig?
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