Viktor Frankl: Das Vermächtnis des Höhenpsychologen
Viktor Frankls Sinnlehre ging von Wien aus um die Welt. Zum 110. Geburtstag des Psychiaters und Philosophen wird in seiner Heimatstadt das weltweit erste Frankl-Museum eröffnet. Ein Rundgang.
Viktor Frankls Sinnlehre ging von Wien aus um die Welt. Zum 110. Geburtstag des Psychiaters und Philosophen wird in seiner Heimatstadt das weltweit erste Frankl-Museum eröffnet. Ein Rundgang.
Es sind eher kleine Zimmer, die im neuen Viktor Frankl Museum zu begehen sind - unmittelbar neben jener Wohnung in der Wiener Mariannengasse, in der Frankl selbst über 50 Jahre gelebt und gearbeitet hat. Neben der spürbaren biographischen Aura ist die atmosphärische Wirkung des Museums davon abhängig, wie sehr die Besucher bereit sein werden, sich auf das Gezeigte einzulassen. Denn hier wird man auf engem Raum mit einer Tiefe existenzieller Themen konfrontiert, aufgefädelt am Leben und Werk des Wiener Psychiaters, der mit 29 Ehrendoktoraten der weltweit wohl meist geehrte Vertreter seiner Zunft sein dürfte.
"Mit unserem Blick auf den Menschen sind wir heute oft stark auf Äußerlichkeiten fixiert", sagt die Logopädagogin Elisabeth Gruber, Vorstandsmitglied des Viktor Frankl Zentrums Wien, auf dessen Initiative das Museum entstanden ist. "In den Ausstellungsräumen aber wollen wir gerade die geistige Dimension, auf die sich Frankl stets bezogen hat, greifbar machen." Es ist die Sphäre der höheren Werte und des Lebenssinns, das Reich der "Höhenpsychologie", das Frankl im Werk seiner berühmten Vorgänger Sigmund Freud und Alfred Adler stets vermisst hat. Im Blick auf das Reich der unbewussten Triebe, auf die dunklen Seiten von Luststreben und Machtgewinn sah der passionierte Bergsteiger nur die einseitige Perspektive des Frosches, der aus seinem Sumpf nicht mehr als Schlamm und Schmierreste sieht. Dass man den Menschen vielmehr von den Gipfeln des Daseins aus zu betrachten habe, ist das Credo der von ihm begründeten Logotherapie und Existenzanalyse.
Erlebnispädagogik en miniature
Frankl hatte Kontakt zu vielen bedeutenden Denkern seiner Zeit, darunter auch Abraham Maslow, den US-amerikanischen Psychologen der "Gipfelerfahrung":" Kurz vor seinem Tod 1970 hat Maslow seine Bedürfnispyramide noch um eine oberste Dimension der 'Transzendenz' erweitert, was wohl auch dem fruchtbaren Austausch mit Frankl geschuldet war", meint Gruber und deutet auf ein Foto im Vortragssaal des Zentrums. Es zeigt Frankl und Maslow am Fußboden ausgebreitet, in reger Unterhaltung. Ausgerechnet mit einem Gipfel-Theoretiker kann man immer nur am Boden sitzen, habe es in der Familie Frankl geheißen.
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