Walking: Der Pandemie ent-gehen?
Körperliche Aktivität trainiert auch das Gehirn. Warum uns das Gehen gerade in Zeiten von Omikron so guttut.
Körperliche Aktivität trainiert auch das Gehirn. Warum uns das Gehen gerade in Zeiten von Omikron so guttut.
Zweitausendeinhundertsiebzehn Kilometer bin ich 2021 laut meiner Schrittzähler-App gegangen. Im Durchschnitt gehe ich also 6,1 Kilometer pro Tag. Damit liege ich zwar über dem Durchschnitt des im Sitzen arbeitenden Menschen der modernen Gesellschaft (drei Kilometer pro Tag), aber weit unter dem Schnitt des Menschen um 1900. Dieser legte pro Tag nämlich rund 17 Kilometer zurück. Wir gehen also immer weniger, und das ist ein Problem. Wer in seinem Schrittzähler durch die Lockdown-Phasen scrollt und Vergleiche zieht, wird vielleicht merken: Die Pandemie macht uns noch unbeweglicher. Auch in meinen Aufzeichnungen gibt es einen Einbruch: Ich ziehe mich ins Homeoffice zurück, sitze stundenlang vor dem Laptop, neben mir das Kind: Home-Schooling stand wochenlang auf dem Programm. Der Supermarkt und das Wirtshaus lieferten vor die Haustür. Neue Gehroutinen wollten erst entwickelt werden.
Erkrankungen wie Adipositas, aber auch Depressionen und Angststörungen haben in der Pandemie einen Anstieg erfahren. Unsere neue kontaktarme Lebensweise treibt die Stresshormone in die Höhe. Kann uns Gehen dabei helfen, die Krise besser zu bewältigen? Ja, sagt der Neurowissenschafter Shane O’Mara: Gehen hat positive Effekte auf Gehirn, Körper und soziales Verhalten. Es stärkt die Resilienz und fördert die Kreativität. Der Autor belegt das mit zahlreichen Beispielen und Studien. Dem Durchschnittswert von 1900, also 17 Kilometer täglich, nähert sich der bewusste Vielspazierer Shane O’Mara täglich an. Er ist ein Fan von Pedometern auf dem Smartphone („mein Ansporn und mein schlechtes Gewissen“) und hat nun ein starkes Plädoyer verfasst: Im Buch „Das Glück des Gehens“ erzählt er nicht nur von der gesundheitsfördernden Wirkung alltäglicher Bewegung. Die große Stärke des Sachbuchs ist die Erklärung, warum das so ist – und der vielseitige Blick über den Tellerrand in Richtung Literatur, Philosophie und Architektur.
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