Was bringt das Bakkalaureat?

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Das dreigliedrige Studiensystem zwingt die Studienrichtungen zu Reformen, die derzeit zwar diskutiert, aber nicht konsequent genug durchgeführt werden.

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Das dreigliedrige Studiensystem zwingt die Studienrichtungen zu Reformen, die derzeit zwar diskutiert, aber nicht konsequent genug durchgeführt werden.

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An Österreichs Universitäten zeigt sich Ratlosigkeit und Untergangsstimmung oder zumindest Unsicherheit. Die akademische Tradition ist in Gefahr, die universitäre Ausbildung wird verwässert. Dabei wurde den Universitäten lediglich die Ermächtigung erteilt, in ihren Studien entweder das bisherige Magister/Diplomingenieur-Doktor-Ausbildungssystem beizubehalten oder auf das international vorherrschende dreigliedrige System mit Bakkalaureat, Master und Doktor umzusteigen. Natürlich kommt die Einführung plötzlich, und die Universitäten fühlen sich durch die Politik bevormundet. Zu Recht? Eher Nein, weil sich diese Änderung des Universitätsstudiengesetzes seit längerem angekündigt hat und genügend Zeit gegeben war, sich mit der Materie auseinander zu setzen.

Damit bin ich bei meinen Argumenten für Bakkalaureat und Master: * verbesserte Konformität unserer Studienabschlüsse im internationalen Vergleich; * erhöhte Unterstützung der Mobilität der Studierenden und damit verbunden eine größere Internationalisierung der Studien; * ein anerkannter Abschluß nach kürzerer Zeit; * tiefergehende, weitreichendere Befassung mit Zielen und Inhalten der Studien; * Wahrnehmung, daß Universitäten Unternehmen sind, die marktwirtschaftlichen Gesetzen unterliegen.

Gegenargumente finde ich kaum: * die Einführung kommt sehr spät; * die Stellung des Bakkalaureates in den Berufsfeldern ist unklar; * Diplomstudien mit weniger als zehn Semestern sind schwieriger zu strukturieren.

Meine eindeutig positive Haltung deckt sich mit dem Bekenntnis der Universität für Bodenkultur zur grundsätzlichen Einführung des dreigliedrigen Studiensystems. Kritisiert wird jedoch, daß die Zielsetzungen nur ungenügend erkennbar sind. Es fehlt eine entschlossene "strategische" Aussage.

Der Zeitpunkt der Einführung des Bakkalaureates hätte bereits mit der Neufassung des Universitätstudiengesetzes im Jahr 1997 erfolgen sollen. An den Argumenten pro und wider hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert. Die Stellung des Bakkalaureats im öffentlichen Dienst gehört durch eine begleitende Gesetzgebung raschest geklärt. Um die Akzeptanz des Bakkalaureats in den anderen Berufsfeldern mache ich mir weniger Sorgen, weil ein gutes Angebot automatisch entsprechende Nachfrage hervorruft. Das ist natürlich für Studienkommissionen eine Herausforderung zur optimalen Gestaltung der Studienpläne unter vollkommen neuen Voraussetzungen. Die einfache Rechnung, die Summe der Qualifikationsprofile von Bakkalaureats- und Masterausbildung beschreibt den derzeitigen Diplomingenieur, kann es so nicht geben. Sowohl Bakkalaureat als auch Master sind eigenständige Abschlüsse mit eigenen Qualifikation. Das Ausbildungsziel wird genauer als jetzt und in noch intensiverer Zusammenarbeit zwischen Universität und Berufspraxis zu erarbeiten sein. Darauf ist Rücksicht zu nehmen, daß sich früher oder später auch im Fachhochschulbereich das Bakkalaureat etablieren wird. Die universitäre Ausbildung muß sich daher prägnant von der Fachhochschul-linie unterscheiden und Interdisziplinarität gegenüber enger Fachausbildung betonen. Aufbauende Masterstudien werden noch größere Flexibilität für individuelle Spezialisierung bringen, wobei restriktive Zugangsbestimmungen für ein spezielles Masterstudium prinzipiell zu vermeiden sind.

Das Bakkalaureat bietet den Studierenden, die aus irgendeinem Grund nicht längere Zeit studieren können oder wollen, einen geordneten Abschluß, mit der Möglichkeit, später den Masterabschluß anschließen zu können. Verunsicherten, die an der Akkzeptanz des Bakkalaureats am Arbeitsmarkt zweifeln, steht mit der Summe von Bakkalaureat und Master noch immer die derzeitige Magister-, Diplomingenieurausbildung zur Verfügung.

Der Autor ist Studiendekan an der Universität für Bodenkultur in Wien.

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