Wie weit darf der Schutz der Wildnis gehen?
Die Natur schützen wollen viele – doch das Wie ist umstritten. Manche fordern die großflächige Wiederkehr der Wildnis samt Schutz der Wölfe, andere vertreten das Gegenteil: Weltrettung durch sorgsames Bewirtschaften. Landwirtin Elisabeth Ertl und Biologe Kurt Kotrschal im Schlagabtausch.
Die Natur schützen wollen viele – doch das Wie ist umstritten. Manche fordern die großflächige Wiederkehr der Wildnis samt Schutz der Wölfe, andere vertreten das Gegenteil: Weltrettung durch sorgsames Bewirtschaften. Landwirtin Elisabeth Ertl und Biologe Kurt Kotrschal im Schlagabtausch.
Anfang der 1980er Jahre schrieb Elisabeth Ertl an der Uni Salzburg eine wissenschaftliche Arbeit über ökologische Probleme auf vernachlässigten Almen. Schon damals erwachte bei ihr der Wunsch, „Verantwortung für ein Stück Kulturlandschaft zu übernehmen“, wie sie zur FURCHE sagt. Das sollte sich erst 2009 erfüllen. Gemeinsam mit ihrem Ehemann hält sie heute eine kleine Herde Shropshire-Schafe auf einer Fläche von rund vier Hektar steilen Wiesen und Streuobstflächen in der Oststeiermark.
Das Interesse für Naturschutz teilt Elisabeth Ertl jedenfalls mit Kurt Kotrschal: Der Biologe und Verhaltensforscher war langjähriger Leiter der Konrad Lorenz-Forschungsstelle in Grünau im Almtal (OÖ) und ist Mitbegründer des Wolfforschungszentrums in Ernstbrunn (NÖ). Zugleich hat der Professor an der Universität Wien – seit 2018 im Ruhestand – zahlreiche Bücher zur Mensch-Tier-Beziehung veröffentlicht, in denen er Wissenschaft einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln versteht. Vor Kurzem trat Österreichs bekanntester Wolfsforscher mit einem Appell an die Öffentlichkeit, in dem er auf aktuelle Studien zur ökologischen Bedeutung der Wölfe verweist und die „irrationale Politik der Wiederausrottung“ kritisiert: Die Abschusspolitik der Bundesländer sei „völlig verfehlt“ und werde „von den Landesjagdverbänden mitgetragen bzw. sogar gefordert“. Kotrschal engagiert sich dafür, die herkömmliche Jagd mittels bundeseinheitlichen Jagdgesetzes in Richtung Ökosystemmanagement zu reformieren (zum Volksbegehren siehe bundesjagdgesetz.at).
Die umstrittene Wiederkehr des Wolfes war auch ein Thema in der hier folgenden Debatte, die sich um eine große Frage dreht: Ist der Natur- und Artenschutz zu einseitig auf Schutzgebiete ausgerichtet? Als die FURCHE einen Text von Elisabeth Ertl zugeschickt bekam, in dem sie beim Naturschutz die Vernachlässigung der Landwirtschaft kritisierte, baten wir Kurt Kotrschal um seine Einschätzung. Er antwortete punktgenau auf die eingebrachten Argumente. Nach wechselseitigem Gegenlesen ist ein lebhafter Schlagabtausch entstanden, den wir hier zusammengefasst präsentieren.
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