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Wintersportland mit Tradition

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Vor genau sechzig Jahren wurde von der Verwaltung der k. k. österreichischen Staatsbahnen und der österreichischen Südbahn ein Büchlein mit dem Titel „Wintersport in Österreich“ herausgegeben. Sein Umfang beträgt rund 50 Seiten mit einem Programm der Wintersportfeste in der Wintersaison 1906/07 und einem Fahrplan der Zugsverbindungen zu den WSntersportplätzen.

Obwohl dieses Büchlein sämtliche Winter- sportplätze des damaligen Österreichs vom Bodensee bis zu den Sudeten umfaßt, ist nahezu ein Drittel des Umfanges und der Bilder allein Tirol gewidmet. Die Wintersaison blickt somit hierzulande auf eine jahrzehntealte Tradition zurück, und die heutigen Wintersportarten, Skilauf, Rodeln, Bobfahren, Bislaufen, Eisschießen und Schlittenfahren, wurden schon um die Jahrhundertwende betrieben. Wie heute waren auch damals der Wintersport und die Wintersportveranstaltungen Antrieb für den Winterreiseverkehr, wenn es in dem besagten Büchlein heißt: „Seitdem für die Bekanntmachung der sportlichen Veranstaltung in den Alpen Sorge getragen wird, beteiligen sich an den ursprünglich rein volkstümlichen Festen auch Städter in stets wachsender Zahl, und Schaulustige kommen aus eilen Ländern herbei, um sich an dem interessanten Getriebe und an der winterlichen Schönheit zu erfreuen.“

Seither hat sich zwar viel geändert. Zwei Weltkriege sind über das Land hinweggegangen, haben es zerstückelt, zahllose Menschenleben wie Sachwerte zerstört, und von Tirol sind zwei Drittel seines Bodens unter fremde Herrschaft geraten. Der Mensch hat sich die Technik aber auch für friedliche Zwecke zunutzegemacht. Durch die modernen Verkehrsmittel sind die Entfernungen zusammengeschrumpft, und die Berge werden heute mit mechanischen Aufstiegshilfen bewältigt. Sie kommen besonders dem Wintererholungsverkehr zustatten und gehören heutzutage zu den Voraussetzungen für einen modernen Wintersportort ebenso wie Fließwasser und Zentralheizung in den Unterkünften.

Derzeit verfügt Tirol über 145 Wintersportorte mit 195.000 Betten in einwandfrei heizbaren Betrieben. Davon sind rund 86.000 Betten in guten Privatquartieren. Zwei Drittel dieser Betten sind in Zimmern mit warmem und kaltem Fließwasser.

Im Jahre 1947 bestanden in Tirol wohl fünf Seilbahnen, deren Bau in die Zeit zwischen 1926 und 1937 fiel, die übrigen zahlreichen heute vorhandenen Seilförderanlagen wurden samt und sonders in den letzten 20 Jahren geschaffen. Tirol ist nunmehr in der Lage, seinen Gästen im Winter 504 mechanische Aufstiegshilfen zu bieten, und zwar 27 Seilschwebebahnen, 2 Standseilbahnen, 98 Sesselbahnen und 377 Schlepplifte. Diese Anlagen vermögen zusammen über 150.000 Personen pro Stunde zü befördern. Im Bedarfsfall kann diese Leistung um weitere 25.000 bis 40.000 Personen erhöht werden.

Um den Scharen von Skisportlern, die diese Lifte und Bergbahnen benützen, sichere Abfahrtsmöglichkeiten zu bieten, werden die bestehenden Pisten ständig verbessert und entschärft.

Und was noch zu einem Wintersportland gehört, sind Skischulen. In Tirol bestehen derzeit 109 Skischulen mit 1025 staatlich geprüften Ski- bzw. Hilfsskilehrern und 850 zusätzlichen Hilfskräften.

Tirol ist ein Wintersportland mit Tradition; daß es als solches aber auch in unserer Zeit höchst aktiv ist, dafür spricht die Zahl von rund 200 Wintersportveranstaltungen während der kommenden Saison. Seit den Olympischen Winterspielen 1964 in Innsbruck, für die zahlreiche modernst eingerichtete Sportanlagen geschaffen wurden, sind alle Voraussetzungen für die Durchführung erstrangiger internationaler Wintersportbewerbe vorhanden. Dies war bestimmend für die Vergebung der Winter Universiade 1968 an die Olympiastadt Innsbruck, wo sich vom 21. bis 28. Jänner 1968 die akademische Wintersportjugend der Welt in den verschiedenen Disziplinen des

Skilaufs, des Eiskunstlaufs und in Eishockeyturnieren messen wird.

1 ür ein Fremdenverkehrsland sind gute Straßen lebensnotwendig. Auf diesen Gebieten wurden in Tirol in den letzten Jahren beachtliche Leistungen vollbracht. Es wurden nicht nur zahlreiche Sanierungen von bestehenden Straßenzügen vorgenommen, was auch die Straßen in die Seitentäler betrifft, sondern auch neue Straßen geschaffen. Aus der letzten Vergangenheit sei die Fertigstellung der Felberntauernstraße erwähnt. Die Brennerautobahn sieht für 1968 der Vollendung entgegen, nachdem über das Teilstück Innsbruck nach Schönberg bereits seit vier Jahren der Verkehr rollt An der Inntalautoba'hn wird mit Hochdruck gearbeitet, und es ist beabsichtigt, den Abschnitt Wiesing—Innsbruck, das sind zirka 40 Kilometer (die Hälfte der Strecke Kufstein—Innsbruck), 1970 dem Verkehr zu übergeben. Mit der Fertigstellung der gesamten Inntalautobahn wird bis 1972 gerechnet.

Wer sich in Tirol einem risikolosen Sport widmen möchte, versucht es mit dem „Skiwandern“, das in einigen Tiroler Orten bereits systematisch organisiert wird. Ein anderer bequemer und gleichzeitig geselliger Sport — das Eisschießen — wird ebenfalls in ganz Tirol betrieben.

Eine besondere Attraktion bilden die Hallenschwimmbäder, von denen es bereits 18 öffentliche und hoteleigene gibt.

Aber auch bequeme Gäste und Familien mit Kindern kommen nicht zu kurz. Überall in der Umgebung von Fremdenverkehrsorten werden Spazierwege vom Schnee geräumt, es bietet sich Gelegenheit zu Schlittenausflügen, und Fahrten zur Wildfütterung werden während des ganzen Winters regelmäßig durchgeführt. Fast jede Skischule erteilt auch Kinderskikurse, einzelne Orte besitzen sogar sogenannte Skikindergärten und Pensionen, die mit Vorliebe Familien mit Kindern zu günstigen Preisen aufnehmėn.

Ein zweiter Urlaub im Jahr wird von den Ärzten den in den Städten lebenden gehetzten Menschen unseres technisierten Zeitalters zur Erhaltung der Gesundheit empfohlen. Die warme Gastlichkeit, welche gut geführte Tiroler Hotels, Gasthöfe und Pensionen ausstrahlen, und die Freundlichkeit der Bevölkerung schaffen in Verbindung mit der prächtigen Gebirgslandschaft in reiner gesunder Winterluft jene unbeschwerte, entspannende Atmosphäre, die der Erholungsuchende braucht, um frische Kräfte und neue Spannkraft für die zweite Hälfte des neuen Arbeitsjahres zu finden.

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