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Zerschlagene Hoffnungen

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Uber ein Insulin-Dosiersystem für Diabetiker ist bereits viel geschrieben worden. „Innovative Entwicklungen bei Biosensoren und den Möglichkeiten, Medikamente zu verabreichen, könnten eines Tages Insulin-Injektionen überflüssig machen”, heißt es beispielsweise im renommierten Wissenschaftsmagazin „Spektrum der Wissenschaften”. „Die Technologie für einen externen Glucose-Sensor, der sich wie eine Armbanduhr tragen ließe, ist weit gediehen.”

Diabetes läßt sich derzeit nur teilweise durch Insulinspritzen in den Griff bekommen. Insulin wird beim gesunden Menschen in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas, Langer-hanssche Inseln) je nach Bedarf erzeugt. Es nimmt den Traubenzucker (Glucose) aus dem Blut auf. Bei Diabetikern wird meist unzureichend Insulin produziert, da die Langerhans-schen Inselzellen zerstört sind.

Die Zahl der zuckerkranken Menschen ist relativ hoch. Laut Mikro-zensus-Erhebung (Juni 1995) sind in Österreich über 117.000 Menschen (1,6 Prozent) davon betroffen. Deshalb wird weltweit, teilweise seit bereits 30 Jahren, mit großem Druck an der Entwicklung einer künstlichen Pankreas-Prothese geforscht. Die Hoffnung der Diabetiker auf baldige Linderung ihrer Krankheit ist dementsprechend hoch.

„Leider ist das aber ein sehr mühsamer Weg”, bedauert Gerald Urban, Ieiter des Institutes für Mikrosy-stemtechnik der Universität Freiburg und Vorstand des Ludwig Boltzmann Institutes für Biomedizinische Mi-krotechnik der Technischen Universität Wien . Urban beschäftigt sich seit zehn Jahren mit der Entwicklung eines Meßsystems für den Blutzucker. Ein entsprechender Sensor ist fertig und wurde bereits getestet. „Es ist aber keine sichere Methode und derzeit für den Langzeiteinsatz ungeeignet”, beurteilt Urban die Entwicklung. Die Sensoren würden rasch ihre Sensitivität verlieren, auch die Abstoßungsreaktion des Körpers wäre ein großes Problem. „Ich glaube, die rein technische Prothese ist eine Sackgasse”, ist Urban überzeugt. Auch die Versuche mit einem technischen Herzen betrachtet der Wissenschafter als gescheitert. „Wenn ein künstliches Organ ein Jahr durchhält, ist das viel.” Deshalb will Urban einen neuen Weg beschreiten: „Die Verbindung von Biologie und Technik, also ein semi-biologisches System, verspricht sicherlich mehr Erfolg. Ich denke da etwa an Zellen aus der Bauchspeicheldrüse, die man in einem Mikrosystem wachsen lassen könnte.”

Auch in diese Richtung wird bereits geforscht. So könnte etwa ein fingerlanger Schlauch aus körperverträglichem Polyurethan, der in ein großes Blutgefäß eingepflanzt wird, in Zukunft als Ersatz für die Bauchspeicheldrüse herhalten. Die Wände des Schlauches sind von mikroskopischen Hohlkammern durchsetzt, die mit Insulin-produzierenden Zellen gefüllt werden, etwa mit Zellen von Schweinen. Trennwände sollen dafür sorgen, daß die fremden Zellen nicht das Immunsystem des Menschen stören. Je nach Zuckerkonzentration des Blutes erfolgt die Insulinproduktion der Schweinezellen.

Ideal wären natürlich menschliche Pankreaszellen. Der Bedarf an solchem Gewebe übersteigt aber bei weitem die Verfügbarkeit. Deshalb müßten menschliche Zellen im Labor vermehrt werden, was noch auf Schwierigkeiten stößt. „Bis ein implantierbares Systeme tatsächlich einsatzfähig ist, ist es sicherlich noch ein langer Weg”, schätzt Urban.

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