Was uns Neil Postmans „Wir amüsieren uns zu Tode“ über die Vernichtung der Diskussionskultur sagt
Auch 40 Jahre nach Neil Postmans „Wir amüsieren uns zu Tode“ bleiben seine Diagnosen zum Niedergang des öffentlichen Diskurses brisant. Eine Relektüre in Wahlzeiten.
Auch 40 Jahre nach Neil Postmans „Wir amüsieren uns zu Tode“ bleiben seine Diagnosen zum Niedergang des öffentlichen Diskurses brisant. Eine Relektüre in Wahlzeiten.
„Egal ob über Politik, Wirtschaft, Religion oder Erziehung diskutiert wird: Es zählt nicht der Inhalt, sondern nur die Show. Es ist kaum mehr möglich, über die Medien zu seriösen Informationen zu gelangen.“ Was Neil Postman, 2003 verstorbener Altvorderer der Medien- und Kulturkritik, vor 25 Jahren im FURCHE-Interview zuspitzte – zu finden unter „Die Show zählt, nicht die Inhalte“ (17.12.1998) auf furche.at –, ist heute noch aktuell. Postmans Kultbuch „Wir amüsieren uns zu Tode“, in dem er dies ausbreitete, ist 1985 erschienen. Auch wenn er sich da auf das Fernsehen fokussierte – World Wide Web gab es als Massenmedium noch nicht –, haben seine prophetischen Diagnosen nichts an Brisanz verloren.
Insbesondere in Wahlzeiten lohnt die Relektüre des Buchs: „Die ‚Tagesnachrichten‘ sind ein Produkt unserer technischen Phantasie; sie sind im wahrsten Sinn des Wortes ein Medienereignis. Wir beschäftigen uns mit Bruchstücken von Ereignissen aus aller Welt, weil wir über eine Vielzahl von Medien verfügen, die sich ihrer Form nach zum Austausch bruchstückhafter Botschaften eignen.“ Das schreibt einer, der noch keine Ahnung hat, wie man mit Social Media Wahrheitsbruchstücke verteilen und den Weltenlauf verändern kann.
Vernichtung der Diskussionskultur
Es ist beklemmend, wie Postman gegen die Vernichtung der Diskussionskultur zu Felde zieht, die er vor allem auf die Umgestaltung von Information zu Infotainment durchs Fernsehen bezieht. Aber wer aktuelle Debatten im Blick hat (die eigentlich Nichtdebatten sind, weil die Gesprächspartner keinerlei Rüstzeug für ein inhaltliches Fundament der Auseinandersetzung haben), stellt frappiert fest, dass sich die Lage in keiner Weise verbessert hat. Postman rekurriert vor allem auf Aldous Huxleys Dystopie „Schöne neue Welt“, bei der die Menschheit schleichend unterwandert wird und en passant in die Unterdrückung gleitet. Was die Digitalisierung heute in diese Richtung „erreicht“ hat, hat Postman längst erahnt.
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