Dugina - © Foto: APA / AFP / Investigative Committee of Russia / Handout

Dugina-Anschlag: Der Krieg hat Moskau erreicht

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Wer hinter dem Mord-Anschlag an Darya Dugina steckt, ist völlig unklar. Das offizielle Moskau beschuldigt die Ukraine. Die Ukraine weist jede Schuld von sich.

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Wer hinter dem Mord-Anschlag an Darya Dugina steckt, ist völlig unklar. Das offizielle Moskau beschuldigt die Ukraine. Die Ukraine weist jede Schuld von sich.

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Der Krieg in der Ukraine, den sie so oft mit so flammenden Worten befeuert hatte, hat sie eingeholt: In der Nacht auf Sonntag starb Darya Dugina vermutlich bei der Explosion einer Bombe, die an ihrem Auto angebracht worden war. Darya Dugina war die Tochter von Alexander Dugin, jenem rechtsextremen Ideologen, von dem sich der Kreml in den vergangenen Jahren zunehmend inspirieren hat lassen. Ideologisch waren Tochter und Vater auf einer Linie: Antiwestlich, jeglicher gesellschaftlicher Modernisierung abgeneigt, xenophob, imperialistisch, expansionistisch mit dem Ziel der Wiedererrichtung eines russischen Reiches.

Und im Zentrum all dessen: Moskau. Darya Dugina war gerade durch den Ort Bol‘shiye Vyazemy gefahren, als ihr Wagen in die Luft flog. Ein nobler Vorort Moskaus ist das. Einer, in dem die Elite des Landes residiert. Die Dugins sind Teil dieser Elite: „Dies ist kein Krieg mit der Ukraine, es ist ein Krieg mit dem gesamten Westen“, hatte Dugina einmal öffentlich gesagt. Schon dass sie das Wort „Krieg“ benutzte und nicht festgenommen wurde, verrät ihre Stellung. Ihr Vater wiederum hatte öffentlich solche Sager parat: „Ich denke, wir sollten (die Ukrainer, Anm.) töten, töten, töten, anders kann man nicht reden.“ Wer hinter der Tat steckt, ist völlig unklar. Das offizielle Moskau beschuldigt die Ukraine. Die Ukraine weist jede Schuld von sich. Und der im ukrainischen Exil lebende russische Politiker Ilya Ponomarev sagte in einem TV-Auftritt, er habe die Autorisierung seitens einer russischen Untergrundorganisation mit dem Namen „Nationale Republikanische Armee“, in deren Namen die Verantwortung für den Anschlag zu übernehmen. Es handle sich nicht um die erste Aktion dieser Gruppe und auch nicht um die letzte, so Ponomarev.

Was oder wer auch immer hinter dem Anschlag auf Dugina steht: Die Tat markiert einen Höhepunkt in einer Serie an Ereignissen, aus der man schließen könnte, dem Kreml entgleite zunehmend die Initiative. Da wurde die Krim binnen weniger Tage vom Hinterland zum Kriegsschauplatz: Mit einem Mal war jedenfalls Schluss mit Ballermann auf Sandstränden, über die hinweg bereits zuvor Raketen auf die Ukraine abgefeuert worden waren. Nun wurde aber die Krim zum Ziel.

An der Front bewegt sich seit Wochen nichts. Während die ukrainische Artillerie aber nach und nach Russlands Nachschub-Infrastruktur zerlegt: Brücken, Eisenbahnlinien, Depots. Zugleich sind in allen besetzten Gebieten anscheinend in zunehmendem Maße ukrainische Partisanen aktiv, die gezielte Attentate verüben, Hinterhalte legen und Verkehrswege unterbrechen. Russland scheint diese Realität nach und nach auch zu erkennen: Zuletzt verfrachtete die russische Luftwaffe Jets von der Krim auf sicheres Gebiet.

Zugleich aber bereitet Russlands Propaganda in diesen Tagen das vor, was längst stattfindet: den Krieg. Durch die russische Propagandabrille betrachtet, gibt es bisher ja nur eine „Militäraktion“. Mit äußerster Spannung wurde daher der ukrainische Unabhängigkeitstag am 24. August erwartet. Was das Kreml-Regime gerade jetzt aber keinesfalls benötigt, sind Autobombenanschläge auf Regime-Günstlinge. Und vor allem nicht in komfortablen Nobel-Ghettos Moskaus.

Ponomarev sagte in seinem Medienstatement jedenfalls: Mit dem Attentat auf Darya Dugina werde eine neue Seite im Widerstand gegen den „Putinismus“ aufgeschlagen.

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