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Mozarts Singspiel "Die Entführung aus dem Serail" am Landestheater Salzburg als letzte Inszenierung des scheidenden Intendanten Peter Dolder: Kein Glücksfall. Dem Regiekonzept des Intendanten, im Programmheft-Interview vorgestellt, könnte man folgen. Das Problem liegt in der Umsetzung. Die "Entführung" ist ein Singspiel Mozarts, ist nicht "Hänsel und Gretel" und auch nicht "Die lustige Witwe". Das heißt: Die beiden von Dolder hinzuerfundenen und -geschriebenen Figuren einer Schauspielerin und eines Schauspielers, genannt Erzähler, im modernen Partydress, summen wie lästige Mücken vor einem Sommergewitter im Serail Bassa Selims umher. Das ist nur manchmal lustig, nie hilfreich, am wenigsten dort, wo die Musik rüde unterbrochen wird. Dieser Einwand hat nichts mit der Sucht nach Purismus zu tun, sondern gilt der Logik des Fortgangs des Handlung und der Musik.

Dass das Premierenpublikum diese letzte Inszenierung überaus freundlich akklamiert hat, verwundert. Allerdings sollte man auch sehen, dass diese Intendanz trotz des von außen, von der Politik, verordneten Sparkurses mit den beispielhaften Inszenierungen und Aufführungen von Opern Benjamin Brittens und den meist großartigen Uraufführungen des Tanztheaters von Peter Breuer und Michael Alexander Sauter als Vorzeigestücke über die Runden gekommen ist.

Unnötige Einmischungen

Akzeptiert man nun diese "Entführung" mit zwei sich ständig in die Handlung einmischenden Personen (Elisabeth Nelhiebel und Torsten Hermentin), dann steht außer Zweifel, dass Anja Nina Bahrmann als Blondchen die souveräne und strahlende Erscheinung dieser Aufführung war; denn die Sonne lassen Bernd-Dieter Müller und Annette Zepperitz (Bühne und Kostüme) kaum einmal in ihren Kunstlicht-Tempel scheinen.

Bemüht um diese "Entführungs"-Idee Dolders waren Mark Milhofers Belmonte, Franz Suppers Pedrillo und Andreas Peer in der Sprechrolle des Bassa Selim, des aufgeklärten Türken, nicht des zum Islam konvertierten Spaniers, wie im Libretto vorgesehen. Die Martern-Arie der Konstanze von Hege Gustava TjDonn schob dann die Befürchtungen nach deren erster Arie beiseite, es könnte sich in dieser Partie ein Fiasko anbahnen. Dass man den Osmin mit dem sonst immer untadelig singenden Bass Krzysztof Borysiewicz falsch besetzt hat, musste man schon vor der ersten Probe wissen. Mit Umsicht und Rücksicht dirigierte Johannes Wildner das Ensemble und das Mozarteum Orchester.

In Summe: Der Zusammenprall zweier Weltanschauungen, von christlichen Europäern und Muslimen, von Machismo und Emanzipation, von beständiger Liebe und beständig lauerndem Abenteuer, läuft dann auf die Großzügigkeit oder Einsicht des Bassa Selim hinaus. Der, den er in seiner Gewalt hatte - den Sohn seines Todfeindes, der fliehen wollte mit seiner Verlobten Konstanze, um deren Liebe und Zuneigung der Bassa geworben hatte und die auch streckenweise erwidert worden war - konnte der verstehen, dass er nach Hause reisen durfte nach dem Grundsatz: Verzeihen, nicht Rache? Oder galt es umgekehrt: "Verzeihen als Rache"? Könnte ja schließlich sein, dass die Verbindung dieser großen Liebe wieder auseinanderging.

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