Religionsgründer & Co

Werbung
Werbung
Werbung

Vier neue Bücher: Adolf Holl gründet eine Religion, Huub Oosterhuis dichtet in religiöser Sprache, Rom spricht interreligiös, Günter Rombold erinnert sich.

Wer je Adolf Holl interviewt hat, der weiß, dass er Antworten wie: "… da rede ich jetzt wirklich von den letzten 20.000 Jahren, vielleicht sogar von der letzten Million Jahren …" zu gewärtigen hat. Normalsterblichen würde man obigen Satz als kaum erträgliche Arroganz auslegen, bei Holl ist man geneigt, dies beinahe für bare Münze zu nehmen. Denn kaum ein anderer Beobachter der Religion - und als solcher will der verketzerte Priester ja gelten - versucht so eindringlich den Blick aufs Ganze der Spiritualität. Dazu kommt das unnachahmliche Talent, die große Komplexität der Religionsfragen in leicht fassliche, kurze Sätze zu pressen.

Hier ausgebreiteter Befund gilt erst recht fürs jüngste Opus des streitbaren Ex-Priesters und unverbesserlichen Religions-Optimisten: Nicht mehr und nicht weniger als "Wie gründe ich eine Religion" verspricht der bald 79-Jährige, aber auch der weniger geübte Holl-Leser ahnt, dass dieser Titel nicht eine Anleitung im strengen Wortsinn bietet, sondern allerlei Buntes zum Thema. Seit seinem Bestseller "Mystik für Anfänger" (1977) hat er das Thema vielfältig variiert, nicht zuletzt 1998 mit der Anmaßung "Falls ich Papst werden sollte". Ging es da aber doch eher um katholische Zustände, so weiten sich diesmal die Holl'schen Suaden aufs Gesamt der Religion. Wie immer lakonisch, skurril, ganzheitlich - und mit tiefem Hintergrund.

Holl belässt es bei seinen Religionssachen dennoch bei Augenmaß - und Augenzwinkern, wenn er dem Leser vorrechnet: "Um das gesamte Angebot durchzuprobieren, sagen wir eine Religion im Monat, müsste ich mindestens 800 Jahre alt werden." Keine Sorge, das Büchlein ist nur 138 Seiten lang. Es zahlt sich aus, sie zu lesen.

Neues Oosterhuis-Liederbuch

Ein unermüdlicher Makler der Sache der Religion ist auch der niederländische Schriftsteller Huub Oosterhuis. Der heute 75-Jährige revolutionierte in seinem Heimatland die religiöse Sprache: Das Sprechen von Gott in der Art und Weise der biblischen Dichter und als gesungene Rede war seit den späten 50er Jahren stilbildend für den liturgischen Gesang in der katholischen Kirche wie in den protestantischen Kirchen der Niederlande. Auch im deutschen Sprachraum machte Oosterhuis Furore - nicht zuletzt durch die Übersetzungen seiner Lieder und Texte von Peter Pawlowsky Anfang der 70er Jahre; einige Oosterhuis-Lieder (z. B. "Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr" oder "Wer leben will wie Gott auf dieser Erde") haben auch Eingang ins katholische Gesangbuch "Gotteslob" gefunden.

Mit dem Erlahmen des nachkonziliaren Schwungs in der katholischen Kirche scheint es hierzulande still zu werden um Oosterhuis' Bemühen, eine zeitgemäße (gesungene) Sprache für den Gottesdienst zu entwickeln. Umso erfreulicher ist es, dass Kees Kok, einer der engsten Mitarbeiter von Oosterhuis in Amsterdam, unter dem Titel "Du Atem meiner Lieder" eine Sammlung mit 100 Oosterhuis-Liedern neu herausgebracht hat. Zum Teil sind es Gesänge mit den "alten" Übersetzungen von Pawlowsky, zum Teil neue Übertragungen früher publizierter Lieder, zum Teil deutsche Ersterscheinungen. Hier zeigt sich aufs Neue, welchen Sprachschatz Oosterhuis bereithält. Und weil viele der Gesänge nur mit mehrstimmigem Chor und Instrumentalbegleitung ihre Wirkung entfalten können, finden sich - dem Internet sei Dank! - auch Angaben, wie Interessierte zu den mehrstimmigen und instrumentierten Fassungen kommen.

Brisante römische Dokumente

"Der Dialog muss weitergehen": So programmatisch ist schon der Titel eines Kompendiums vatikanischer Dokumente zum interreligiösen Dialog, die der österreichische Theologe und Religionswissenschafter Ernst Fürlinger herausgegeben hat. Gleich vier Dokumente des II. Vatikanums (1962-65) beschäftigen sich mit dem interreligiösen Dialog - nicht nur die eigentliche Erklärung zu den nichtchristlichen Religionen "Nostra Aetate". In Zeiten, in denen Errungenschaften des Konzils infrage stehen, tut eine - editorisch gut betreute und eingeleitete Zusammenstellung der Texte not, dazu auch wesentliche Aussagen der Päpste - allen voran Johannes Paul II. zum Dialog mit dem Judentum oder dem Islam sowie Dokumente der Glaubenskongregation.

Mehr als ein Kunstprofessor

Er zählt - neben Otto Mauer - zu den Pionieren fürs Verhältnis zwischen Kirche und moderner Kunst: Günter Rombold, 84, hat im Büchlein "Im Spannungsfeld zwischen Kunst und Kirche" einige seiner Lebenserinnerungen aufgeschrieben. Wie der junge Mann Priester der Diözese Linz wird, sich dann mit dem Zueinander von moderner Kunst und Religion auseinandersetzt, unter anderem als Philosophieprofessor an der Theologischen Hochschule Linz (heute: Katholisch-Theologische Privatuniversität), wo er 1984 das über die Grenzen hinaus bekannte "Institut für Kunst" gründet. Dass Rombold hinter allen möglichen Initiativen im Bereich Kunst-Kirche "steckt", wird in der kleinen Biografie ebenfalls offenbar - etwa 1971 bei der Gründung der ökumenischen Zeitschrift Kunst und Kirche.

Wie gründe ich eine Religion

Von Adolf Holl. Residenz Verlag, St. Pölten 2009. 138 S., geb., e 17,90

Du Atem meiner Lieder 100 Lieder und Gesänge

Von Huub Oosterhuis, Hg. Cornelis Kok. Herder, Freiburg 2009

222 S., geb., e 17,50

Der Dialog muss weitergehen Ausgewählte vatikanische Dokumente zum interreligiösen Dialog

Hg. Ernst Fürlinger, Herder. Freiburg 2009. 592 S., geb., e 32,90

Im Spannungsfeld zwischen Kunst und Kirche Ein außergewöhnliches Leben

Von Günter Rombold. Wagner Verlag,

Linz 2008. 98 S., kt., e 12,-

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung