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Der verhinderte Wohltäter

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Die Auseinandersetzungen um die Dotation des Kulturbudgets haben erwiesen, daß die Mittel, welche den Gebietskörperschaften zur Finanzierung von Erziehungseinrichtungen und für die Förderung der Wissenschaften zur Verfügung stehen, absolut unzureichend sind. Und sie werden unzureichend bleiben, wenn man weiterhin davon ausgeht, daß der öffentlichen Hand alles aufgelastet werden ¿soll, was mit der finahziellen Förderung yöh Kunst und Wissenschaft’ zu tün hat.

Die schöne und versammlungswirksame Formel soviel Staat als notwendig”, hat sich in der Praxis als billige Phrase erwiesen, wenn es um Finanzierungsfragen geht. Wie „freiheitlich” man sich auch gebärden mag, wenn es um Fragen des Geldes geht, ist man überall gerne bereit, „soviel Staat wie möglich” zu fordern. Der Staat und die anderen Gebietskörperschaften sollen alles zahlen: Schulen und Forschung.

Während auf der einen Seite dem Staat so gut wie jedes Recht auf Intervention in wirtschaftlichen Fragen abgesprochen wird, läßt man sich in Fragen der Finanzierung „Staatsinterventionen” gerne gefallen.

Man will nicht Maecenas sein, und wer es sein will, darf es auch nur in einem sehr begrenzten Umfang sein.

Anderseits gibt es in Österreich viel an aufreizendem „Mäzenatentum”, freilich vorsorglich nur auf Kosten des Fiskus.

• Die großzügige Auslegung der Bestimmungen des Abgabenrechtes macht es möglich, daß Unternehmungen frohgemut Aufwendungen als „betriebsnotwendig” deklarieren dürfen, die eindeutig zu den Kosten des Privathaushaltes zu rechnen sind: Aufwendungen für Pkw., die fast ausschließlich privat genutzt werden, Repräsentationsaufwendungen, die Ankäufe von „Büromöbeln” und ähnliches. Die „Sammlerleidenschaft” bei Gasthausrechnungen ist übrigens „amtsbekannt”, ohne daß nachhaltig durchgegriffen werden könnte, besteht doch weithin für die Prüfer eine Art Beweisnotstand.

• Die Bestimmungen hinsichtlich der Umsatzsteuerrückvergütungen und der Ausfuhrvergütungen (die echte Exportprämien sein sollen) waren sc „streng” eingehalten worden, daß der Staat um hunderte Millionen betrogen werden konnte.

• Die Auslegung der Bestimmungen über die Bewertung sfrei- h e i t läßt an Großzügigkeit keine Wünsche offen. Wie immer man die Verordnung auslegt, für viele Unternehmungen hat sie den Charaktei eines Geschenkofferts.

Angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre steht heute die Frage, ob Betriebe bestimmter Größenordnung und volkswirtschaftlicher Gewichtigkeit im öffentlichen Eigentum sein sollen oder nicht, keineswegs mehr zur Debatte. Worum aber die Debatte jetzt geht, ist die Frage, ob es der Gemeinwirtschaft weiterhin gestattet sein soll, im bisherigen Umfang Volksvermögen zu verschleudern. Wenn irgendwo ein kleiner Beamter einen Hundert-Schilling-Schein als Trinkgeld nimmt, wird er beruflich und gesellschaftlich erledigt. Ist er ein „Bürgerlicher”, ist das Anlaß, daß ihn die Verteidiger der Gemeinwirtschaft als Argument im Wahlkampf benützen. Warum ist man in Fragen der gemeinwirtschaftlichen Korruption und der Vergeudung von Volksvermögen nicht gleich rigoros? Was sich im Bereich der verstaatlichten Industrie an „Mäzenatentum” bisher getan hat, wäre Grund dafür, einen eigenen

Sondergerichtshof zu beschäftigen. Tatsächlich geschieht aber nichts. Im Gegenteil: Man prüft nicht einmal, ob die im Rahmen der Aktion „Österreich hilft der Schweiz” in das Ausland transferierten Gelder nicht wieder ins Inland zurückfließen und der Finanzierung „verarmter” Manager dienenI

Die Bereitschaft, für Kunst und Wissenschaft Opfer zu bringen, ist in Österreich kaum als außerordentlich hoch zu bezeichnen. Wenn irgendwo einige hunderttausend Schilling für Forschungszwecke gewidmet werden wird dieser Tatbestand mit einem großen publizistischen Aufwand herausgestellt. Das Spenden selbst wird übrigens steuerlich kaum gefördert. Wohl gibt es eine Bestimmung, welche das Spenden für wissenschaftliche Zwecke begünstigt:

Der § 4 (4) 6 des Einkommensteuergesetzes sagt u. a., daß steuermindernde Betriebsausgaben auch dann anzunehmen sind, wenn es sich um „ die Hälfte der Zuwendungen an wissenschaftliche Hochschulen und Fakultäten .,. an die Akademie der bildenden Künste und an die Österreichische Akademie der Wissenschaften zur Durchführung von Forschungsund Lehraufgaben” handelt. Soweit die Hälfte der Zuwendungen zusammen 28 Prozent des Gewinnes übersteigt, sind die Ausgaben für wissenschaftliche Zwecke nicht mehr absetzbar.

Nach den bisherigen Erfahrungen zeigt es sich, daß neben den im obenzitierten Gesetz als förderungswürdig bezeichneten Institutionen auch andere Einrichtungen einer Förderung bedürften, etwa die berufsbildenden Mittelschulen. Für Wien muß übrigens darauf hingewiesen werden, daß die Sektion Handel der Wiener Wirtschaftskammer unter großen Opfern eine Reihe von Lehranstalten unterhält. Welche fiskalische Bedeutung das konfessionelle Schulwesen hat, ist allen bekannt, nur nicht den „Antiklerikalen” in der österreichischen Politik.

Wenn nun das Mäzenatentum gefördert werden soll, bedeutet das nicht allein eine Unterstützung und Entlastung der Gebietskörperschaften, sondern auch einen Entzug von Abgaben. Aus diesem Grund muß dem Staat das Recht zugestanden werden, nicht allein beim Geber die gemachten Aufwendungen zu prüfen, sondern auch beim Nehmer festzustellen, wie die Zuwendungen verwendet werden. Geschieht das nicht, würden an allen Ecken „Institute” entstehen, deren einzige Aufgabe dann die Erhaltung von Apparaten wäre.

Eine Disziplinierung des Mäzenatentums bedeutet also: Aufstellung eines Katalogs von förderungswürdigen Einrichtungen und Zwecken, der über die Bestimmungen des § 4 (4) 6 des EstGes. hinausgeht, ebenso aber auch die Festlegung, daß die Verwendung der gegebenen Mittel von Fachprüfern — wenn auch großzügig — kontrolliert wird. Dadurch würden einerseits zusätzliche Attraktionen zur Widmung von Mittel für kulturelle Zwecke geschaffen und auf der anderen Seite eine zügellose Ausgabe vorweg unterbunden werden, da es sich bei den Spenden indirekt auch um Mittel der Gebietskörperschaften handelt, deren Verwendung zu überwachen ein durchaus zulässiges Begehren ist. B.

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