Es ist ein etwas merkwürdiges Jubiläum, auf das die historischen Kalender für den Juni 1972 aufmerksam machen: Auf Betreiben Bismarcks wurden die sogenannten Jesuitengesetze für das Deutsche Reich beschlossen und erhielten durch Verkündigung am 4. Juli 1872 Rechtskraft. Das Gesetz besagte, daß der Jesuitenorden und die ihm verwandten Redemptoristen, Lazari-sten, die Priester vom heiligen Geist und die Gesellschaft vom heiligsten Herzen Jesu für das ganze Reichsgebiet verboten, ihre Niederlassungen aufgelöst und Widersprüche gegen dieses Gesetz unter Strafverfolgung gestellt würden.
Vor einigen Jahren erregten die Begegnungen des Patriarchen Athenagoras von Konstantinopel mit Papst Paul VI. die Öffentlichkeit. Sie erfuhr, daß jener „ökumenische Patriarch“, der den Titel der „Allheiligkeit“ führt, nominell das Oberhaupt der gesamten Ostkirche, der christlichen Orthodoxie des Ostens ist. So wie der Papst das Oberhaupt des römischen Katholizismus ist, sei der Patriarch von Konstantinopel der Primas der „Großen Kirche“ des Ostens, allerdings mit der Einschränkung, daß es sich um eine Art Ehrenvorsitz handle, während die geistliche Amtsgewalt sich in Wirklichkeit nur auf die Orthodoxen der heutigen Türkei, faktisch auf die Gemeinden von Konstantinopel erstrecke. Und doch ist die historische Bedeutung des Patriarchats von Konstantinopel nur mit dem von Rom zu vergleichen — daher auch die Symbolkraft der Begegnung von Paul und Athenagoras. West-Rom und Ost-Rom.
Die zwanziger Jahre liegen ein Menschenalter hinter uns. Da man sich heute gern auf sie beruft, mag es nützlich sein, die Frage nach der christlichen Literatur zuerst auf sie anzuwenden. Damals gab es auf diesem merkwürdigen und immer wieder beliebten Felde eine kräftige und breite Mannschaft. Wenn man heute von christlicher Literatur redet, gibt es fast niemand — oder wenn man jemanden nennt, zum Beispiel Bernanos, Gertrud von Le Fort, T. S. Eliot, Ina Seidel, so vergißt man meistens, daß man Autoren nennt, die schon in jenen zwanziger Jahren da waren, die aus ihnen kommen und zu ihnen