Und ich hörte eine Stimme aus der Nacht, die war groß wie der Atmen der Welt und rief:„Wer will die Krone des Heilands tragen?” Und meine Liebe sprach: „Herr, ich will sie tragen.” Und ich trug die Krone in meinen Händen, und mein Blut floß an dem schwarzen Dorn niederüber meine Finger. Aber die Stimme rief zum andren Male:„Du mußt die Krone auf dem Haupt tragen!” Und meine Liebe antwortete: „Ja, ich will sie tragen.” Und ich hob die Krone auf meine Stirn, da brach ein Lichl an ihr auf, das war weiß wie das Wasser in den Bergen. Und die Stimme rief: „Siehe, der
Ostern ist das Siegesfest des ewigen Lebens — damit ist sein unsagbar geheimnisvoller Charakter bezeichnet. Mit dem Geheimnis des Osterfestes verglichen, erscheint das Weihnachtsgeheimnis noch fast offenkundig: die Gottesmutter und der heilige Josef umgeben das Kindlein in der Krippe, der Stern verkündet es, Hirten und Weise eilen herbei, selbst der Königshof zu Jerusalem wird beunruhigt.Das Geheimnis des Ostermor-gens vollzieht sich ohne menschliche Zeugen - nur den Auferstandenen, nicht den Auferstehenden erblicken die frommen Frauen und die Jünger. Das Geheimnis der Weihnacht ist
Vergessenes Vaterland — Vaterland der Vergessenen, Ehrfürchtig-liebliches Land, dem einst die himmlische StimmeHölderlins Lorbeern gestreut: „O heilig Herz der Völker —“ Des hoh’n Gesanges und der göttlichen Ahnung Ernste und holde Heimat, „du Land der Liebe“: O laß mich knien an deinem erschütternden Grabe!Versunken liegt es — kaum, daß der nackte Hügel Demütig noch sich hebt aus den starrenden Schollen Eisenbesäter Flur — und verwahrlost liegt es:Der schweifenden Winde Atem nur flüstert darüber hin Wie in verwelkten Gesängen,Oder wie in den Wäldern
Diese Aufzeichnungen sind nicht dazu bestimmt, mein per- sbnliches Leben zum Gegenstand literarischen Interesses zu machen. Mein Wunsch war nie darauf gerichtet, im Lichte der Offentlichkeit zu stehen. Ich habe lebenslang die Stille und Zuruckgezogenheit geliebt, und ich glaube, mit dieser Haltung auch den tieferen Anspruch eines der Dichtung ge- widmeten Lebens erfullt zu haben. Denn das Wort „Es bildet ein Talent sich in der Stille" ist immer noch gilltig, und es scheint mir eine gewisse Verwirrung der heutigen Zeit, dafi alles und alle weiterhin der Offentlichkeit preisgegeben sind, dap
Die Diskussion über christliche Dichtung in unserer Zeit leidet etwas unter der nicht ganz klaren Vorstellung dessen, was eigentlich „christliche Dichtung” bedeutet — könnte man sich sonst mit solchen Selbstverständlichkeiten aufhalten, wie der, daß es keinen christlichen Stil und keine christliche Technik des Schreibens gibt? Oder könnte die Behauptung aufrechterhalten wetdenj daß Klinsf Und Christentum zWei Bereiche seien, die sich schlecht vertrügen, da ja schon die Bibel jedes Verhältnis zvim SchÖfifeh entbdhfė? Gibt ei denn etwas auch vom Schönen her Großartigeres als
Wir erwarteten damals wie alljährlich um diese Zeit das großherzogliche Paar in der kleinen Sommerresidenz, die dann sozusagen ihre „Saison“ erlebte. Über den scmst so verschlafenen Schloßpark, zwischen dessen groben Pflastersteinen sich die wilden Grasbüschel ungestüm hervordrängten, jagten die stolzen Hofequipagen und Autos, der Fürstengruß schmetterte durch die verschlafene Stille des Städtchens, die Wache trat unter Gewehr, und im Schweizerhaus rüstete der alte ausgediente Lakai, der dort als Hausmeister waltete, für das sommerliche Tanzfest.Man sagte, das Schweizerhaus sei
Wenn ich in diesen frühen winterlichen Tagen der Aufforderung nachkomme, über Oberstdorf zu schreiben, so steigt ein warmes Gefühl der Freude in mir auf, weil ich in dieses schöne Tal verschlagen wurde. Denn ich habe es mir nicht etwa als Wohnsitz ausgesucht, sondern es hat sich — wie fast alle wirklich guten Dinge des Lebens — eben so gefügt. Ich betrat dieses Tal nur zu vorübergehendem Aufenthalt, um Besserung zu suchen für ein lang eingewurzeltes Leiden der Atmungsorgane, von dem mir die Aerzte sagten, daß man es wohl beschränken, aber nicht wirklich heilen könne. Nun,
Es liegt eine sehr einsame, keiner anderen vergleichbare Stimmung über dem heutigen Tag ausgegossen. Fremdartig und geheimnisvoll unterbricht seine Stille die rastlose Geschäftigkeit unserer überlauten Zeil. Heute entspannen sich die gehetzten Gesichter der Menschen und stimmen sich auf die sanfte Trauer der Natur, die den herbstlichen Himmel verschleiert und die letzte Pracht der Gärten an die vielen tausend Kränze verschenkt, welche die Friedhöfe schmücken.„Es blüht und flimmert heut auf jedem Grabe; Ein Tag im Jahre steht den Toten frei.”Ein Tag nur, ein einziger Tag! Und doch
Wir alk kennen jenes wundersame Gemälde Meister Aitdorfers, auf dem sich das Geheimnis der Christnacht inmitten einer Ruine begibt. Während der herzzerreißenden Weihnachtsfeste der Kriegszeit schien es uns manchmal, als ob der alte Meister, dessen Augen doch schon seit Jahrhunderten geschlossen sind, eigens für unsere Zeit gemalt habe, in der Vorschau dessen, daß die Völker des Abendlandes den Heiland wirklich einmal in Ruinen erwarten müßten: Ruinen ihrer Dörfer und Städte, Ruinen ihrer Höfe und Häuser, Ruinen sogar ihrer Kirchen und Dome. Aber bald gelangten wir zu der tieferen
Wenn ich &n die zahllosen Reden und Auf sätze denke, die jährlich zum Christfest gesprochen und gedruckt werden, so möchte ich am liebsten h nur ganz einfach das Weih- nachtsevangeWm vorlesen, denn im Grunde kommt es doch nur auf dieses an - ja, es kommt euent’ich nur au den Satz an: „ und Maria iebar ihren ersten Sohn und wickelte Ihn in Wedeln und legte Ihn in eine Krippe, denn es var für sie kein Platz in der Herberge ..Die Krippe mit dem Kind und seiner Mutter, das ist das Urevangelium: „Und das Wort ward Fleisch“ — Gott stieg zur Menschheit nieder. Alles andere, der
Die Frage nach dem Wesen christlicher Dichtung ist oft gestellt worden und hat die verschiedensten Lösungen gefunden. Man hat die Antwort von der Wahl eines christlichen Stoffes her gesucht oder in der Herausarbeitung christlichen Glaubens- und Geistesgutes. Allein diese Bestimmungen, wenn sie auch manchmal zutreffen mögen, sind teils zu äußerlich, teils zu rational — es bleibt von ihnen aus ein allzu enger Raum übrig. Auch die bekannte Antwort: „Es gibt keine christliche Dichtung, es gibt nur den christlichen Dichter“, befriedigt nicht ganz. Wohl ist es richtig, und dies will jener
In diesen Tagen ieiert die Münchener Zeiischriit „Hochland“ das 50jährige Jubiläum ihres Bestandes. Ihr Gründer und erster Herausgeber Carl Muth, der 1944 starb, gehörte zu den markantesten Gestalten des deutschen Geisteslebens seiner Zeit. Zu seinem 70. Geburtstag im Jahre 1933 schrieb ihm die bekannte Dichterin nachstehenden Briet:Wenn auch ich mich in diesen Tagen anschicke, Ihren siebzigsten Geburlstag, hochverehrter Herr Professor, festlich zu begehen, so ist es mir ein innerliches Bedürfnis, über meine ganz persönlichen Beziehungen zu dem großen Werk Ihres Lebens
Sollten wir ein Motto über das Gesamtwerk des Diditers Graham Greene setzen, so würden wir das Wort des heiligen Johannes wählen: „Gott ist größer als unser Herz.“ Denn dieses Werk ist eine unaufhörliche und oft geradezu atemraubende Auseinandersetzung mit eben jenem Wort — atemraubend schon deshalb, weil natürlich auch eine beständige Auseinandersetzung mit der Kleinheit, Enge und Furchtsamkeit unseres eigenen Herzens. Daß diese Auseinandersetzung nicht im theologischen oder moraltheologischen Raum stattfindet, sondern ausschließlich im dichterischen, macht das Werk Graham
Ostern ist das Siegesfest des ewigen Lebens — damit ist 6ein unsagbar geheimnisvoller Charakter bezeichnet. Mit dem Geheimnis des Osterfestes verglichen, erscheint das Weihnachtsgeheimnis noch fast offenkundig: die Gottesmutter und der heilige Josef umgeben das Kindlein in der Krippe, der Stern verkündet es, Hirten und Weise eilen herbei, selbst der Königshof zu Jerusalem .wird beunruhigt. Das Geheimnis des Ostermorgens vollzieht sich ohne menschliche Zeugen — nur den Auferstandenen, nicht den Auferstehenden erblicken die frommen Frauen und die Jünger. Das Geheimnis der Weihnacht ist
Im Züricher Schauspielhaus fand die Uiauiführung von Georges Bernanos' »Dialogues des Carmelites“ unter dem deutschen Titel „Die begnadete Angst“ statt. Die „Züricher Neuesten Nachrichten* vom 8. Juni bemerken dazu: „Viele haben nur eine ganz vage Kenntnis von der Tatsache, daß der Stoff von Bernanos' Bühnenwerk dem Buch „Die Letzte am Schafott“ von Gertrud von Le Fort entnommen ist. Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, das gegenseitige Verhältnis der beiden Dichtungen abzuklären.“Die Notwendigkeit dieser Abklärang ist durch die höchst mißverständlichen
Die Schriftstellerin Getrude le Fort erzählt über wechselnde Wohnsitze, den Kriegsgeist ihres Vaters und über eine bedeutungsvolle Geschichte ihrer Ahnen.
F r i e d 1 a n d. Roman von Jaroslav Durych, Verlag Herold, Wien. 608 Seiten, S 54.-Immer wieder reizt es den Geist des Dich-ters, in das Geheimnis einzudringen, das die Gestalt des großen Friedländers umwittert. Schiller und Ricarda Huch — um nur die vornehmsten Namen zu nennen — haben mit Inbrunst und Glanz um diese Gestalt gerungen, ohne sie auszuschöpfen. Heute tritt •ie uns, neu gesehen, in der Diditung Jaroslav D u r y c h i entgegen. Und doch wird man dieser Dichtung nicht gerecht, wenn man m ihr nur die Deutung der Walleastein-Gestalt sucht. Der Titel .Friedland* trägt
Geh doch hinüber — es ist ja so nah, ,Geh doch hinaus — du bist ja last da:Alle Türen sind aulgesprengt,Alle Räume sind weit entschränkt.Brauchst nicht erst sterben, um dort zu sein, Brauchst nicht erst scheiden, bist ja allein, Brauchst nicht erst brechen mit Wunsch und Welt: Alles Vergängliche ist zerschellt.Die du geliebt hast, stieß man ins Grab,Leer ist die Hand und zerbrochen der Stab,Offene Fenster im wüsten Gemach —Nichts steht mehr als das himmlische Dach.Geh doch hinüber, geh sanft und still.Laß doch fallen, was fallen will,Laß doch verwehen, was da verweht:Nur der
Wir sind von einem edlen Stamm genommen, Der Schuld vermählt,Wir sind auf dunklen Wegen hergekommen Wund und gequält.Wir hielten einst ein Vaterland umfangen — Gott riß uns los —Wir sind durch Feuer und durch Blut geganger. Verfolgt und bloß.Des Abgrunds Engel'hat uns überflogen — Wer bannt sein Heer? Wir sind am Rand der Hölle hingezogen Uns graust nicht mehr.Durch jede Schmach sind wir hindurchgebrochen Bis ins Gericht:Wir hörten Worte, die ihr nie gesprochen — Oh, redet nicht!Uns winkt hier niemals Heimat mehr, wie andern, Uns hält kein Band,Gott riß uns los, wir müssen
Wenn man an die theologische Würdigung eines Kunstwerkes herangeht, so versteht sich von selbst, daß hier weniger das Kunstwerk als solches in den Blickpunkt gestellt wird als vielmehr die der dichterischen Gestaltung zugrunde liegende Ideenwelt. Das unerhört Große dieses Romans liegt wohl in der bisher unerreichten Darstellung der Dämonie des übersteigerten Nationalismus. Hier soll indes ausdrücklich nur die religiöse Problematik betrachtet werden.Durch das Lebenswerk der Le Fort zieht sich das Ringen mit der Welt der Mystik. Alle wirklich begnadeten Menschen haben die Gefahr des