Seit mehr als 50 Jahren bestimmt Kaiser Haile Selassie I. den Kurs der äthiopischen Außenpolitik. Heute, mit 76, übt der Negus zwar keine direkte Kontrolle über sein Außenministerium mehr aus, aber seine Entscheidungen sind noch immer der wichtigste Faktor für die Beziehungen des Landes zur übrigen Welt. Dem persönlichen Prestige des Herrschers verdankt Äthiopien seine bedeutende Position im politischen Geschehen Afrikas — ein ungewöhnlicher Bang für ein in vielen Wesenszügen noch mittelalterliches Reich. Als Sitz der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) und der Wirtschaftskommission für Afrika wurde die Hauptstadt Addis Abeba zum diplomatischen Zentrum des Kontinents — das Resultat der vorausschauenden politischen Klugheit des Kaisers, innerhalb seiner Grenzen eine internationale Plattform zu bieten, und seiner Bereitschaft zum finanziellen Engagement für die gemeinsame Sache.