Vor kurzem starb die berühmte katholische Schriftstellerin Ida Friederike Görres im Alter von 69 Jahren. Sie war eine Schwester des Gründers der Paneuropa-Bewegung, des Grafen Nikolaus Richard Coudenhove-Kalergi, und somit eine halbe Japanerin und eine halbe Österreicherin. Sie gehörte zu denen, die progressiv waren, als es diesen Begriff in der Kirche noch nicht gab. Als die Progressiven aufkamen, nannten diese sie eine Konservative. Der Aufbruch des 2. Vatikanischen Konzils wiegte ihre Hoffnungen auf die Erneuerung, die Verwirrung, die darauf folgte, bekümmerte sie tief, konnte jedoch ihre gläubige Hoffnung nicht zerstören. Sie war eine Frau, die ihre Kirche ebenso leidenschaftlich wie gläubig liebte, trotz aller Ärgernisse und Verwirrungen. Wir veröffentlichen im folgenden eine ihrer letzten Aufsätze.
Im Jahre 1828 verweigerte der Erzbischof von Freibürg einer Reihe von Alumnen die Priesterweihe, weil sie einer Petition an die badische Kammer zwecks Abschaffung des Zölibats durch Landesgesetz eine Zustimmungsadresse geschickt hatten. Daraufhin leisteten die Seminaristen Abbitte, mit der Entschuldigung: „Es seien ihnen seitJahren theoretische Bedenken gegen das Zölibatsgesetz beigebracht worden.“ Nämlich von ihren Lehrern. Drei Professoren der theologischen Fakultät bekämpften öffentlich Zölibat und Orden; von einem urteilte der große Möhler, ihr Kollege in Tübingen: „Wer seine Vorlesungen hört, kann nur mit einer grenzenlosen Verachtung des Christentums erfüllt werden.“ Nichts Neues also unter der Sonne!