Ordensmann, Priester, Lehrer und Humanist

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Er war über Jahrzehnte eine der prägenden, geistig prägnantesten Gestalten der "Schotten": als Ordensmann, Priester, Lehrer, Schuldirektor, Abt. Im Herbst hätten wir ihm (nicht zuletzt auch als ehemaligem Aufsichtsratsvorsitzenden der FUR-CHE) zum 80. Geburtstag gratuliert - nun ist Abt Heinrich Ferenczy am 13. April an den Folgen eines Sturzes verstorben.

Vielleicht kann man sagen, dass er gemeinsam mit seinem kurz vor Ostern verstorbenen, neun Jahre jüngeren ehemaligen Mitbruder P. Bonifaz Tittel (1947-2018) für die beiden europäischen Lungenflügel stand, von denen Johannes Paul II. sprach: da der in der ostkirchlichen Spiritualität tief vewurzelte, mit seinem Glaubenszeugnis viele beeindruckende Tittel, dort der intellektuelle, scharfsinnige "westliche" Theologe Ferenczy. Wobei er keineswegs nur Theologe war: nicht weniger als vier Gegenstände unterrichtete er am Schottengymnasium - neben Religion noch Deutsch, Geschichte und Philosophie, gleichsam also das Fach "humanistische Bildung". Als Fortführung seines Verständnisses von Bildung und Erziehung verstand er auch die Gründung eines Schotten-Jugendzentrums, des sogenannten "Kellers", den er 1967 mit ein paar (ehemaligen) Schülern, darunter Wolfgang Schüssel, buchstäblich freischaufelte. Als Abt des Schottenstifts (1988-2006) positionierte er das Haus als "Kloster in der Stadt": mit dem Anspruch, ein geistig-spirituelles Kraftzentrum inmitten einer pulsierenden Großstadt darzustellen - im Unterschied zu den Benediktinerklöstern in ländlichen Regionen, die als "Stadt auf dem Berg" die sie umgebende Landschaft dominieren (dass auch das Schottenstift, ursprünglich außerhalb der Stadtmauern gelegen, auf einem "Berg" liegt, merkt man indes, wenn man die Freyung Richtung Tiefer Graben hinuntergeht ). So verlegte er beispielsweise das monastische Chorgebet aus einer Kapelle in die öffentlich zugängliche Stiftskirche, um auch Außenstehenden, Passanten eine Teilhabe zu ermöglichen. Ungeachtet dessen wechselte er als Abt 2008 ins Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal, dem er bereits seit 1996 als Administrator vorstand. Auch dort hinterließ er bleibende Spuren, etwa durch eine große Europaausstellung anlässlich der 200-jährigen Wiederbesiedelung des Stiftes im Jahr 2009.

So hat der Wiener mit ungarischen Wurzeln (geb. als Pál Bela Ferenczy) in Kärnten eine zweite, späte Heimat sich erworben. Dort wird er nun auch seine letzte Ruhe finden.

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