Antike, einfach neu performt

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Die Wiener Performance-Künstlerin Mara Mattuschka interpretiert Platons "Phaidros" neu. Und wagt eine Hommage ans queere Wien.

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Die Wiener Performance-Künstlerin Mara Mattuschka interpretiert Platons "Phaidros" neu. Und wagt eine Hommage ans queere Wien.

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Phaidros gehört zu den bekanntesten Texten der klassischen Antike. Das Gespräch in Dialogform zwischen dem Philosophen Sokrates und seinem - dem Werk namensgebenden - Freund Phaidros stammt von Platon und handelt von der Verhältnisbestimmung zwischen Rhetorik und Philosophie - und ist durch die ganze europäische Geistesgeschichte ein wirkmächtiger Text.

In ihrer filmischen Paraphrase "Phaidros" nimmt sich die österreichische Performance-Künstlerin Mara Mattuschka des Stoffes an und übersetzt ihn auf ihre Weise in die Gegenwart. Dass Mattuschka seit jeher als Künstlerin genreübergreifend tätig ist, führt sie auch in "Phaidros", dem Film, vor, der seinerseits keinem Genre zuzuordnen ist. Elemente des Filmessays mit extensiver Auseinandersetzung über Kunst und Wirklichkeit, eine Handlung, die im kulturellen Underground von Wien und seiner Theaterszene angesiedelt ist, und dann noch, damit es auch spannend bleibt, ein Kriminalfall, zu dem sich die Geschichte einer Phaidros-Aufführung in Wien auswächst.

Der junge Schauspieler Emil (Julian Sharp) probt mit dem berühmten Werner Maria Strauß (Alexander E. Fennon) den Phaidros-Dialog für eine Theateraufführung. Emil erhofft sich an der Seite des Altvorderen den Durchbruch auf der Bühne, doch dem alternden Star liegt nichts daran, seinem jungen Kollegen etwas zu schenken. Im Gegenteil legt er ihm Steine in den Weg und verzerrt seinen Bühnen-Sokrates, sodass Emil mehr als zu kämpfen hat.

Eine Auseinandersetzung um Kunst und um Macht stellt der Plot dar. Und Emil muss sich nicht nur gegen den vermeintlichen Theatergott Werner Maria behaupten, sondern auch seine Identität finden -zwischen den Avancen seines italienischen Kostümbildners Maurizio Rossi (Nicola Filippelli) und der Liebe zur schönen Lorelei (May Teodosio).

Wie mit einer artifiziellen Folie

Dies alles verortet Mattuschka im queeren Wien, sodass der ganze Film wie mit einer artifiziellen Folie der einschlägigen Bars und Clubs, angefangen beim legendären Kaiserbründl, überzogen scheint. Dass der Ur-Phaidros eine homoerotische Sichtweise nahelegt, liegt ja in den antiken Protagonisten begründet, aber die sanfte Travestie, die Multikünstlerin Mara Mattuschka über ihre Interpretation legt, bleibt dennoch außergewöhnlich.

Sie wolle dem queeren Wien ein Denkmal setzen, hat Mattuschka in einem Interview zum Film sinngemäß gemeint. Das ist ihr ebenso gelungen wie eine vielschichtige Auseinandersetzung mit Kunst und Künstlern, mit hehren Musen und den Niederungen menschlicher Abgründe und Gemeinheiten.

Das Setting, in dem die Filmemacherin ihren "Phaidros" spielen lässt, hat die heimische Szene längst überzeugt: Bei der diesjährigen Diagonale in Graz wurde "Phaidros" für das Beste Szenenbild (Paul Horn, Moritz M. Polansky) und das Beste Kostümbild (Peter Paradies) ausgezeichnet. Ein Kunstfilm, gewiss. Aber einer, in den man sich fallen lassen kann -auch ob der Tanz-Performances, die darin zu finden sind.

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