Der Chefkommentator der Nation

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Keiner erklärt den Österreichern die Welt so wie er. Und wenn es ein journalistisches Pendant zum informellen Ehrentitel eines "Elder Statesman" gäbe: Keiner verdiente diese Bezeichnung mehr als er.

Am 19. Februar hat er, Hugo Portisch, den 75. Geburtstag gefeiert.

Portisch-Bücher wie "So sah ich China", eine brillante Reportage aus dem ganz und gar unbekannten Reich Mao Tse Tungs, wurden Ende der sechziger Jahre auch von einem angehenden Teenager verschlungen. Damals hatte Portisch seine Karriere als Printjournalist schon weitgehend hinter sich gebracht: Außenpolitiker bei der Wiener Tageszeitung, Leiter des Österreichischen Informationsdienstes in New York. 1955 holte ihn Hans Dichand als seinen Stellvertreter zum Kurier, 1958-67 war Portisch dort Dichands Nachfolger - und Konkurrent. Das Rundfunkvolksbegehren 1964 gehörte seinen größten - politischen - Erfolgen, 1967 holte ihn Gerd Bacher als Chefkommentator in die heimische Fernsehanstalt.

Portischs Live-Kommentare, die er jahrelang - vor der Weltkarte der Zeit im Bild sitzend - abgab, waren stilbildend. Sein Charisma ermöglichte es, trockene Weltpolitik spannend auf die Bildschirme zu bringen.

Ähnliches gelang ihm - nach Print und Live-Fernsehen - auch in seiner dritten Karriere als Dokumentarfilmer: Wie die Politik, so machte Hugo Portisch die Zeitgeschichte fernsehtauglich - Jahre bevor Deutschlands diesbezüglicher Shooting Star Guido Knopp Ähnliches vollbrachte.

Dass die Portisch-Serien Österreich I und Österreich II von manchem Historiker kritisiert wurden, weil in ihnen das Geschichtsbild der Ersten und der Zweiten Republik nur übers filmische Bild transportiert wurde (wovon es keine Bilder gab, davon konnte nicht erzählt werden ...), lag wohl mehr am Medium als am Gestalter.

Portischs Nachweis, dass Geschichte und Politik, wenn sie nicht fad präsentiert werden, zum Quotenrenner und Bestseller werden können, besticht heute noch. Einige wollten den Kommentator der Nation gar zum Bundespräsidenten kandidieren. Folgerichtig - so vermuten wir - schien Portisch die Aussicht auf eine Tätigkeit voller Repräsentationspflichten nicht spannend genug. Otto Friedrich

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